Nico Rosberg dachte kurz nach. Kämpfte sichtlich mit seinen Emotionen. Zögerte. Ruderte innerlich zurück.
Schließlich wollte der Mercedes-Pilot kein weiteres Öl ins Feuer gießen. Oder aber er durfte nicht.
Denn was Rosberg nach dem Crash mit seinem Teamkollegen Lewis Hamilton beim Großen Preis von Belgien nach der teaminternen Krisensitzung zum Besten gab, hörte sich sehr nach offizieller Sprachregelung an.
„Wie die Stewards entschieden haben, war es ein normaler Rennunfall. Das ist der beste Weg, um es zu beschreiben“, sagte Rosberg und ging nur kurz auf die Kollision ein: „Ich war schneller zu dem Zeitpunkt. Also habe ich es außen versucht, weil es eine Möglichkeit gab und die Innenseite zu war. Ich habe kein Risiko gesehen, also warum soll ich es nicht versuchen?“, so Rosberg.
Hamilton: Rosberg gibt Absicht zu
Sein Teamkollege hingegen war wie gewohnt wesentlich gesprächiger. Lewis Hamilton goss nicht nur weiteres Öl ins Feuer – seine Aussagen bargen reichlich Sprengstoff.
In Führung liegend kommen sich die Mercedes-Piloten Nico Rosberg und Lewis Hamilton beim GP von Belgien in die Quere. Debütant Andre Lotterer hilft auch Süßes nichts. Die Bilder.
„Nico hat grundsätzlich zugegeben, es mit Absicht getan zu haben. Er hat gesagt, dass er den Unfall hätte vermeiden können. Er hat gesagt, er hat es getan, um etwas zu beweisen. Ich weiß nicht, was er beweisen wollte. Er ist da gerade reingekommen und hat gesagt, es sei alles meine Schuld“, sagte Hamilton.
Und gab dem seit Saisonbeginn schwelenden Streit zwischen den früheren Freunden so eine ganz neue Note.
Rosberg hatte bei einem Überholversuch in der zweiten Runde des zwölften Saisonrennens den hinteren Reifen Hamiltons aufgeschlitzt und das Rennen des Briten so zerstört. Rosberg selbst fuhr sich dabei den halben Frontflügel ab, landete am Ende aber noch auf dem zweiten Platz. Und baute so seine Führung in der WM-Wertung auf 29 Punkte aus.
Pfiffe vom Publikum
Doch schon auf dem Podium war ihm das Lachen gehörig vergangen. Kein Wunder: Während das Publikum ihn mit gellenden Pfiffen bedachte, hagelte es im TV Kritik von den Mercedes-Verantwortlichen.
Aufsichtsratschef Niki Lauda sieht in Rosberg ganz klar den Schuldigen, für Motorsportchef Toto Wolff war Rosbergs Manöver „total inakzeptabel“ und „Harakiri“.
Wenig später versuchte Wolff zwar, die Wogen zu glätten und ruderte zumindest ein wenig zurück. Doch dafür war es bereits zu spät.
Eingebremst
Denn man hörte es zwischen den Zeilen, und man sah es deutlich an seiner Mimik: Rosberg war mächtig angefressen. Und hätte nur zu gerne seinen eigenen Standpunkt klargemacht.
Stattdessen flüchtete er sich weiter in allgemeine Aussagen und gab ganz den Teamplayer. „Das hat uns eine Menge Punkte gekostet. Wir müssen schauen, wie es weitergeht. Unsere Stärke ist, dass wir eine gute Führung haben“, erklärte Rosberg. Schließlich seien er und sein Teamkollege dafür da, um Doppelsiege einzufahren.
Das Problem: Er und sein Teamkollege sind in Spa nicht zum ersten Mal aneinandergeraten. Diesmal trat aber das ein, was Mercedes immer befürchtet hat und mit aller Macht vermeiden wollte: Die beiden Titelkandidaten schossen sich gegenseitig ab.
Der erneute Streit bei den Silberpfeilen beweist neben allem Ärger über verlorene Punkte aber vor allem eines: Das Standing Rosbergs innerhalb des Teams.
„Funny Meeting“
Nach den Vorkommnissen beim vorletzten Rennen in Ungarn hatte sich das Team bereits zusammengesetzt. Hamilton sprach am Wochenende in Spa grinsend von einem „funny Meeting“, Wolff erklärte, manchmal werde es lustig, wenn die Emotionen hochkochen.
Offenbar hatte sich Rosberg nochmals lautstark beschwert, dass Hamilton ihn in Ungarn nicht vorbeigelassen hatte. Aber anscheinend sah der Rest der Mercedes-Mannschaft das nicht ganz so eng. Und sprach anschließend von einem verbalen Missverständnis.
Narrenfreiheit für Hamilton
Man habe Hamilton natürlich nicht einbremsen wollen. Sondern mit dem Funkspruch „Lass Nico bitte in dieser Runde vorbei“ eigentlich verdeutlichen wollen, dass Hamilton keine Gegenwehr leisten soll, sollte Rosberg in Schlagdistanz kommen.
Der Brite ignorierte die Anweisung konsequent. Und hat offenbar Narrenfreiheit. Kollisionen wurden bislang vor allem deshalb vermieden, weil Rosberg gegen den stets hart am Limit fahrenden Hamilton zumeist zurücksteckte.
Keine Kritik an Hamilton
Kritik an dem Briten? Gab es zumindest offiziell keine.
Dafür bekam Rosberg für die zu diesem Zeitpunkt zweifellos unnötige Aktion die volle Breitseite ab. Und das auch noch öffentlich.
Fortsetzung folgt. Spätestens in Monza.