Hockenheim – Weltmeister, WM-Spitzenreiter, ein überragendes Mercedes-Team ? doch Deutschland nimmt die Formel 1 nicht mehr an.

Während Fußball-Weltmeister Lukas Podolski begeistert von der Strecke postet, haben viele weitere Fans ihr Wochenende offensichtlich anders verplant. „Ich weiß nicht, woran es liegt. Die Tribünen waren nicht so voll wie in den vergangenen Jahren“, meinte Weltmeister Sebastian Vettel (SERVICE: WM-Stand Fahrer).

Dessen Heimat Heppenheim liegt keine 50 km entfernt. „Eigentlich könnte es ja nicht besser sein: Ein deutscher Hersteller steht an der Spitze, und wir haben deutsche Fahrer, die Rennen gewinnen können. Und die Sonne scheint“, sagt er.

Doch in den Trainingssessions (DATENCENTER: Das Trainingsergebnis) am Freitag und dem Qualifying (Bericht) am Samstag () blieben die Tribünen bemerkenswert leer.

Bis zu 120.000

Auch beim Rennen (BERICHT: Rosberg krönt seine Traumwoche) blieben viele Schalensitze unbesetzt. „Beim Rennen war die Stimmung gut, aber es waren insgesamt einfach zu wenig Zuschauer da“, sagte der Mercedes-Aufsichtsratvorsitzende Niki Lauda im Gespräch mit SPORT1. „In diesem Punkt bleibt viel zu tun – an allen Ecken und Enden.“

Nach den Hunderttausenden, die die vergangenen beiden Rennen in Österreich und England abfeierten, stechen die leeren Ränge in der Kurpfalz hervor.

Beim Freien Training hatte es fast den Anschein, als könne man die wenigen zahlenden Fans persönlich mit Handschlag begrüßen. In den großen Jahren von Rekordweltmeister Michael Schumacher waren bis zu 120.000 Zuschauer an die Strecke geströmt ().

Auf der Suche nach Gründen für die Misere fallen immer wieder dieselben Stichwörter: Der fehlende Sound der neuen Turbo-Ära, die hohen Eintrittspreise von bis zu 500 Euro pro Ticket, das Ende des Booms der Schumacher-Jahre.

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Kaum neue Anhänger

Formel 1 im Fußballweltmeisterland Deutschland ist im Jahr 2014 kein Highlight mehr, viele langjährige Fans winken inzwischen ab, neue Anhänger erschließt die in den neuen Medien wenig präsente Königsklasse kaum.

Hatten die Verantwortlichen um Geschäftsführer Georg Seiler zu Beginn der Woche noch gehofft, nach den rund 45.000 im Vorverkauf abgesetzten Tickets auf insgesamt 55.000 Zuschauer zu kommen, dürfte realistisch betrachtet selbst die 50.000er-Marke nur knapp geknackt werden.

Lukas Podolski an der Rennstrecke:

https://twitter.com/Podolski10/statuses/490803742854631424

„Wenn am Renntag noch ein paar Zuschauer mehr kommen, dann gibt es mit Ach und Krach eine schwarze Null“, sagte Seiler im Gespräch mit „motorsport-total.com“.

Dabei hatte man alles versucht, war sogar auf den WM-Zug aufgesprungen und hatte für jedes Tor des DFB-Teams 11 Euro Nachlass auf die Eintrittskarten versprochen.

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Übermacht Fußball

Nach dem historischen 7:1 im Halbfinale gegen Brasilien „liefen bei uns die Telefone heiß“, schildert Seiler. Andererseits beklagte er, dass der übermächtige Fußball die Berichterstattung in den Medien so dominiert habe, dass kaum Werbung für die Formel 1 stattfand.

Ausgerechnet in dieser Situation muss der Hockenheimring auch noch darum kämpfen, die vertraglich vereinbarten Rennen 2016 und 2018 überhaupt ausrichten zu können.

Der Streit mit dem Nürburgring, der einen exklusiven Fünfjahresvertrag mit F1-Boss Bernie Ecclestone anstrebt, kommt zur Unzeit. Natürlich haben auch die Teams längst registriert, dass ihre Leistungen auf immer weniger Interesse stoßen.

Wolff fordert offene Diskussion

„Es ist wichtig, dass wir eine offene Diskussion führen. Wir müssen genau ergründen, warum die Tribünen in Silverstone schon am Freitagmorgen voll sind, in Hockenheim aber nicht. Das ist eine andere Welt“, sagt Toto Wolff.

„Bernie Ecclestone und viele andere werden bestimmt hohen Aufwand betreiben, um herauszufinden, was man tun kann“, meint der Mercedes-Motorsportchef, erklärt aber auch: „Am Nürburgring war es im vergangenen Jahr ähnlich…“

Ob der Zuschauerschwund ein deutsches Phänomen sei, wollte der Österreicher nicht beurteilen. Auch, wenn die Zahlen eine klare Sprache sprechen.