Sebastian Vettel hatte seine stärkste Szene, als es buchstäblich nur noch um Schadensbegrenzung ging.
Sein Red Bull trudelte in der 33. Runde beim Ungarn-GP auf der Start-und-Ziel-Gerade über die Strecke und drohte, mit voller Wucht in die Begrenzungsmauer zu schießen. Doch der Weltmeister fing sein Auto grandios ab, es kam nur zu einer leichten Berührung.
Dass sein Bolide aber überhaupt erst ins Schleudern kam, war sein Fehler. Beim Versuch, sich den Attacken seines Verfolgers Lewis Hamilton zu entziehen, ging er im Kurvenausgang zu früh aufs Gas und verlor die Kontrolle über seinen Dienstwagen.
Auch wenn er einen heftigeren Einschlag verhinderte, ruinierte er mit seiner Aktion seine Reifen und die für ihn zurechtgelegte Strategie, wie Teamchef Christian Horner anschließend feststellte. Und damit letztendlich auch die Chance aufs Podium.
Vettel nahm diesen Fehler zwar auf seine Kappe, führte aber auch ungünstige Umstände für seinen enttäuschenden siebten Platz an.
Erstens sei die erste Safety-Car-Phase für ihn und die anderen drei Führenden zu einem unglücklichen Zeitpunkt gekommen, und zweitens habe er beim Restart nicht genügend Leistung gehabt, um zumindest seine Position halten zu können.
Einen süffisanten Seitenhieb auf sein Team, das das klasse hinbekommen habe, gab es von Vettel gleich noch dazu.
Ein Blick auf das Endergebnis zeigt aber, dass auch andere Fahrer mit widrigen Umständen zu kämpfen hatten und dennoch vor ihm landeten.
Allen voran Fernando Alonso. Der Spanier wurde ebenfalls von der ersten Safety-Car-Phase benachteiligt, hielt aber bis auf den Angriff von Daniel Ricciardo allen Attacken stand – und das auf völlig heruntergefahrenen Reifen.
Fehlerlos und nervenstark spulte der Spanier die 70 Runden auf dem Hungaroring ab.
Doch nicht nur Alonso, der bei vielen Experten schon länger als besserer Fahrer gilt, stellt Vettel derzeit in den Schatten. Auch der junge Teamkollege Ricciardo macht einen besseren Job als der viermalige Weltmeister.
Der strahlende Sieger des Ungarn-GP hat den RB10 einfach besser im Griff als der Deutsche. Auch ihm sei zur Mitte des Rennens Leistung verloren gegangen, berichtete Ricciardo später. Aber ein paar Knopfdrücke hätten ausgereicht, um das Problem zu lösen.
Mit seinem furiosen Manöver gegen Hamilton entkräftete der Australier ein weiteres Argument von Vettel, dem der Hungaroring zu wenige Überholmöglichkeiten bietet.
Ricciardo wartete geduldig auf seine Chance, um den Mercedes-Fahrer dann riskant, aber gekonnt zu überholen.
Der Mann aus Down Under hat zur Halbzeit der Saison in allen wichtigen Kategorien die Nase vor seinem deutschen Teamkollegen: mehr Siege, mehr Podiumsplatzierungen, mehr Punkte, die besseren Qualifying-Ergebnisse. In der Gesamtwertung liegt Ricciardo auf Rang drei, Vettel ist Sechster.
In der Formel 1, in der seit jeher auch das Auto ein entscheidender Faktor ist, sagen Zahlen allein längst nicht alles über die Qualität eines Fahrers aus.
Der Grand Prix von Ungarn hat aber gezeigt, dass Vettel nicht nur statistisch gesehen einige andere Piloten an sich vorbeiziehen lassen musste.