Zürich – Insgesamt acht Medaillen (4-1-3) sind das schlechteste EM-Ergebnis einer deutschen Mannschaft nach der Wiedervereinigung.

„Wir haben die Pflicht erfüllt, bei der Kür haben sich einige Hoffnungen aber nicht realisieren können“, sagte Clemens Prokop, Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes.

Weniger Medaillen holte das Team der Bundesrepublik zuletzt 1990 mit fünf – damals gab es in Split allerdings für die DDR bei ihrem letzten Auftritt 35-mal Edelmetall.

Auch am letzten Wettkampftag platzten wieder einige deutsche Medaillen-Hoffnungen: Die hoch gewetteten Speerwerfer Andreas Hofmann (Mannheim) und Thomas Röhler (Jena) scheiterten an ihren Nerven und landeten nach indiskutabler Leistung auf den Plätzen neun und zwölf.

Weitspringer Christian Reif kam nicht über schwache 7,95 m und Rang acht hinaus.

Dagegen erfüllte Kugelstoßerin Christina Schwanitz ihre Gold-Mission mit 19,90 m traumwandlerisch sicher. „Es war ein schöner Wettkampf, aber auch sehr anstrengend für den Kopf. Nun ist es ein geiles Gefühl“, sagte Schwanitz.

Mit dem Rennen ihres Lebens stürmte die 30 Jahre alte Antje Möldner-Schmidt in 9:29,43 Minuten zum ersten deutschen EM-Titel über 3000 m Hindernis. „Wahnsinn. Das ist unglaublich“, sagte die Cottbuserin, die 2012 in Helsinki bereits EM-Bronze geholt hatte.

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Die Sprinterinnen aus Großbritannien sichern sich den Titel über 4×100 m. Die Britinnen setzen sich mit dem Landesrekord von 42, 24 Sekunden vor Frankreich (42,45) und Russland (43,22) durch. Die Niederlande um Doppel-Europameister Dafne Schippers scheiden nach einem Wechselfehler aus. Für Gastgeber Schweiz ist das Rennen bereits nach zehn Metern beendet, nachdem Startläuferin Mujinga Kambundji den Stab verliert.

Die Spanierin Ruth Beitia egalisiert die Jahres-Weltbestleistung, verteidigt mit 2,01 m ihren Titel erfolgreich und verweist Hallen-Weltmeisterin Marija Kutschina (1, 99/Russland) auf Platz zwei. Die höhengleiche Ana Simic (Kroatien) muss sich wegen mehr Fehlversuchen mit Bronze begnügen. Marie-Laurence Jungfleisch kommt mit 1,97 Metern auf Platz fünf.

Der frühere Weitsprung-Europameister Christian Reif entäuscht: Der 29-Jährige kommt mit schwachen 7,95 m nur auf den achten Platz. Titelverteidiger Sebastian Bayer war bereits in der Qualifikation gescheitert. Zum ersten Mal seit 2006 bleiben die deutschen Springer damit ohne EM-Medaille. Gold holt sich Olympiasieger Greg Rutherford (Großbritannien) mit 8,29 m vor dem Griechen Louis Tsatoumas (8,15) und dem Franzosen Kafetien Gomis (8,13). Rutherford war mit 8,51 m als Jahresweltbester nach Zürich gereist, Reif hatte 2014 allerdings nur zwei Zentimeter weniger zu Buche stehen.

Starke Vorstellung des deutschen Sprint-Quartetts: Mit Startläufer Julian Reus, Sven Knipphals, Alexander Kosenkow und Schlussläufer Lucas Jakubczyk in 38,09 Sekunden läuft die 4×100-Meter-Staffel zu Silber. Gold gewinnen die Briten in 37,93 Sekunden, Bronze gewinnt Frankreich (38,47 Sekunden). Das DLV-Team, das den deutschen Rekord aus dem Jahr 2012 (38,02) nur knapp verfehlte, lässt Frankreich mit dem viermaligen Europameister Christoph Lemaitre (38,47) klar hinter sich. Der erste deutsche EM-Titel seit 1938 ist bis zur Zielgerade möglich, doch Gemili läuft zu stark für Jakubczyk.

Großbritanniens Laufstar Mo Farah gelingt der Doppelschlag: Nach den 10.000 gewinnt er auch die 5000 m. Der 31 Jahre alte Doppel-Olympiasieger setzt sich in 14:05,82 Minuten vor dem Aserbaidschaner Hayle Ibrahimow (14:08,32) sowie seinem britischen Landsmann Andy Vernon (14:09,48) durch und erreicht einen weiteren Meilenstein in seiner Karriere. Im langsamsten EM-Rennen seit 1946 läuft der deutsche Meister Richard Ringer in 14:10,92 Minuten auf einen starken vierten Platz, Arne Gabius (Tübingen/14:11,84) wird Siebter. Gabius hatte 2012 bei der EM in Helsinki Silber hinter Farah gewonnen.

Die ersten vier Höhen waren kein Problem, bei 1,99 Metern ist aber Schluss für Marie-Laurence Jungfleisch. Vier Konkurrentinnen überspringen diese Höhe und kämpfen jetzt um die Medaillen, mit persönlicher Bestleistung von 1,97 Metern landet die Deutsche auf Platz fünf.

Goldene Zielgerade für Antje Möldner-Schmidt! Die Potsdamerin macht in 9:29,43 Minuten das zweite deutsche Gold des Schlusstags perfekt. Europas Jahresbester Charlotta Fougberg (9:30,16) aus Schweden führt lange, strauchelt dann aber am letzten Hindernis leicht und kommt als Zweite ins Ziel. Bronze holt Diana Martin aus Spanien (9:30,70).

Die 19,90 Meter aus dem zweiten Versuch reichen, Christina Schwanitz holt den EM-Titel! Jewgenija Kolodko aus Russland steigert sich im sechsten Versuch noch auf 19,39 Meter, kommt aber nicht annähernd in die Region der Deutschen. Bronze geht an Anita Marton aus Ungarn (19,04 Meter).

Die deutsche 4×400-m-Staffel der Männer läuft klar an einer Medaille vorbei. Kamghe Gaba, Miguel Rigau, Jonas Plass und Thomas Schneider landen in 3:01,70 Minuten auf dem sechsten Platz. Den Titel holen sich die favorisierten Briten um 400-m-Europameister Martyn Rooney in 2:58,79 Minuten vor Russland (2:59,38) und Polen (2:59,85). Titelverteidiger Belgien wird nur Siebter (3:02,60).

Nach drei von sechs Versuchen hat Christina Schwanitz die Konkurrentinnen bereits deutlich hinter sich gelassen. 19,90 Meter stößt sie im zweiten, führt damit vor der Russin Jewgenija Kolodko (19,09) und der Weißrussin Julia Leantsiuk (18,68).

Wie erwartet keine Medaille für die deutsche Frauen-Staffel über 4×400 m: Esther Cremer, Hürden-Spezialistin Christiane Klopsch, Lena Schmidt und Ruth Spelmeyer laufen in 3:27,69 Minuten auf Platz sechs. Den Titel sichert sich in einem Herzschlagfinale Frankreich in 3:24,27 Minuten hauchdünn vor den Titelverteidigerinnen aus der Ukraine (3:24,32) und Großbritannien (3:24,34).

Das deutsche 1500-m-Trio um den WM-Fünften Homiyu Tesfaye verpasst eine Medaille. Beim Sieg des umstrittenen „Nackt-Jublers“ Mahiedine Mekhissi-Benabbad (Frankreich) in 3:45,60 Minuten kommt der gebürtige Äthiopier Tesfaye (3:46,46) auf Platz fünf, im Schlussspurt fehlt ihm die Kraft. Der deutsche Meister Timo Benitz wird Siebter (3:47,26), Florian Orth landet auf Rang zehn (3:54,35). Mekhissi-Benabbad, der sich am Donnerstagabend auf der Zielgeraden des 3000-m-Hindernis-Finals das Trikot vom Leib gerissen hatte und deshalb als Sieger disqualifiziert worden war, setzt sich nach einem fulminanten Antritt zu Beginn der Schlussrunde souverän vor Titelverteidiger Henrik Ingebrigtsen aus Norwegen (3:46,10) und dem Briten Chris O’Hare (3:46,18) durch. Auch diesmal jubelt und gestikuliert er schon 50 Meter vor dem Ziel provozierend in Richtung Publikum und wird danach ausgepfiffen.