Dagur Sigurdsson ist neuer Bundestrainer im Handball – womöglich bis zum Ende des Jahrzehnts.
Der 41 Jahre alte Isländer wurde am Dienstag vom Deutschen Handballbund (DHB) in Leipzig offiziell vorgestellt, er erhält einen Vertrag bis Juni 2017 plus Option bis 2020.
Sigurdsson wird in der kommenden Saison noch eine Doppelfunktion ausüben und auch weiterhin Pokalsieger Füchse Berlin trainieren.
Sein erstes großes Turnier wird die WM in Katar 2015 sein, für die Deutschland eine Wildcard erhalten hat.
Heuberger bekommt einen Korb
Die verpasste sportliche Qualifikation für Katar hatte Vorgänger Martin Heuberger den Job gekostet – und entgegen anders lautender Berichte hat Heuberger auch keine Zukunft als Sigurdssons Assistent.
„Heuberger wird es definitiv nicht“, erklärte DHB-Vize Bob Hanning nach der Präsentation, bei der Sigurdsson selber sich noch nicht definitiv festgelegt hatte.
„Ich kenne ihn sehr gut und halte viel von ihm, wir sind auch befreundet“, sagte Sigurdsson: „Aber meine Tendenz geht eher dahin, dass ich frischen Wind haben will.“
Bei SPORT1 ergänzte er, dass er „mehrere Kandidaten im Kopf“ habe: „Ich mache mir erstmal Gedanken. Die ersten Lehrgänge kann ich auch ohne Co-Trainer bestreiten.“
Hanning: „Er ist visionär“
Entscheidend ist für Hanning ohnehin, dass er in Sigurdsson seine Ideallösung für den Job gefunden hat.
„Er ist visionär, er ist deutschsprachig, er ist erfolgreich“, sagte Hanning bei SPORT1: „Außerdem war er schon Nationaltrainer, er kennt die Situation. Er ist Vorbild für die Jungen ? und er schafft es sowohl, die Älteren zu motivieren als auch die Jungen zu integrieren.“
Sigurdsson zeigte sich „unheimlich stolz“ auf seine Berufung: „Ich bedanke mich beim DHB und auch bei der Handball-Bundesliga für das große Vertrauen.“
Doppelbelastung? Sigurdsson hat „keine Bedenken“
Nachdenkliche Töne stimmte er allerdings auch an. „Das ist kein Traumjob. Ich habe nie irgendwelche Fantasien gehabt, den Job überhaupt zu machen“, hielt er fest: „Es ist eine Riesenherausforderung. Ich hätte auch in Berlin bleiben und die Füße hochlegen können. Aber ich habe sofort entschieden, dass ich das machen möchte, und habe den unheimlich großen Willen, hier was zu bewegen.“
Bedenken wegen der Doppelbelastung habe er nicht: „Auf Dauer ist das nicht tragbar, aber ich gebe jetzt ein Jahr lang volle Pulle für den DHB und die Füchse. Dann wird das klappen. Es wartet harte Arbeit.“
Schon einmal hat Sigurdsson neben den Füchsen ein Nationalteam trainiert, von 2009 bis 2010 war er Coach Österreichs.
Grund zu Klagen über die erneute Ämterhäufung sieht er nach eigenen Angaben nicht: „Wenn die Frau nicht jammert, dann sollte keiner jammern.“
Hanning fordert Geschlossenheit
DHB-Präsident Bernhard Bauer sieht aufgrund der Doppelbelastung ebenfalls keine Probleme. „Ich hoffe und erwarte, dass wir trotz der Doppelfunktion erfolgreich sein werden. Ich bin da sehr zuversichtlich“, sagte Bauer.
„Allen Beteiligten ist bewusst, dass die kommenden Monate extrem schwer werden“, ergänzte Hanning, der als Geschäftsführer der Füchse nun in gleich zwei Funktionen Sigurdssons Vorgesetzter ist.
„Der DHB bekommt einen Spitzentrainer“, sagte Hanning: „Wir hätten Dagur gern bei den Füchsen Berlin behalten, lassen ihn aber zum Wohl des deutschen Handballs ziehen.“
Es sei nun „für den Handballsport überlebensnotwendig, dass die von DHB und HBL gemeinsam und einstimmig getroffene Entscheidung für Dagur Sigurdsson von allen und mit Überzeugung getragen wird“.
Schwenker: „Die beste Wahl“
Ligapräsident Uwe Schwenker, der Sigurdsson gemeinsam mit Bauer und Hanning präsentierte, betonte die große gemeinsame Basis des Votums für Sigurdsson.
„Das Präsidium der Handball-Bundesliga steht geschlossen hinter der Entscheidung, Dagur Sigurdsson als neuen Bundestrainer zu verpflichten. Nach Abwägung aller Fakten ist er die beste Wahl“, sagte der frühere Geschäftsführer des THW Kiel.
Sehr wichtig sei der Liga Sigurdssons Wille, „das Amt des Bundestrainers nach einer Übergangszeit schnellstmöglich hauptamtlich ausüben zu wollen“.
Erstes Pflichtspiel im Oktober
Sigurdsson wird am 20. und 21. September bei zwei Tests gegen die Schweiz in Göppingen und Neu-Ulm erstmals an der Seitenlinie stehen.
Ernst wird es am 29. Oktober in Gummersbach, wenn in der EM-Qualifikation gegen Finnland Sigurdssons erstes Pflichtspiel ansteht.
„Wir erwarten, dass wir uns für die EM qualifizieren und eine gute WM spielen“, betonte Hanning bei SPORT1: „Dann hoffe ich, dass er die Mannschaft so aufbaut, dass sie den Erfolg hat, auf den wir alle in Deutschland hoffen – und wir trauen ihm das alle gemeinsam auch zu.“