So recht wussten beide Teams am späten Samstagnachmittag nicht, was sie mit dem Ergebnis anfangen sollten. Gleich zwei Führungen schenkten die Kölner her, Borussia Mönchengladbach immerhin eine. Am Ende trennten sich die rheinischen Rivalen im 98. Bundesliga-Derby mit einem spektakulären und wendungsreichen 3:3. Von „gemischten Gefühlen“ sprach Max Finkgräfe und spiegelte damit den Gemütszustand der meisten Protagonisten wider.
Die mitunter wilde Begegnung hatte ohnehin deutliche Spuren hinterlassen. Als die Spieler nachher durch die Katakomben gingen, huschte fast niemandem mehr ein freudiges Lächeln oder andere Anzeichen des Glücks durch das Gesicht, derart kräftezehrend waren die vorherigen 90 Minuten. Fast niemandem, denn wie so oft gab es diese eine Ausnahme, die kaum zu übersehen war: Damion Downs. Der 19 Jahre junge Angreifer der Gäste wurde von allen Seiten beglückwünscht. Ihm wich das breite Grinsen auf dem Rückweg in die Kabine nie von den Lippen.
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Warum? Weil der Youngster ein märchenhaftes Comeback erlebte. Nachdem Gladbachs Joker Robin Hack binnen zwei Minuten aus einem 1:2 ein 3:2 machte, kam Downs ins Spiel und traf in der 79. Minute zum umjubelten Endstand. Halblinks im Strafraum nahm er einen Steckpass von Denis Huseinbasic entgegen und traf dann mit einem platzierten Flachschuss in die rechte Ecke. Es war Downs‘ erstes Profispiel seit Oktober – und sein erstes Bundesliga-Tor überhaupt.
Downs überglücklich: „Keine Worte nötig“
Der Jubel war entsprechend ausgelassen. Downs rannte vor den Gästeblock und brüllte seine ganze Freude heraus. „Keine Worte nötig, einfach nur eine himmlische Erfahrung, mein erstes Tor in einem Derby zu erzielen“, schrieb er später bei Instagram. Während der mit 1,92 Metern großgewachsene Deutsch-Amerikaner in der Hinrunde unter Steffen Baumgart schon dreimal Bundesliga-Luft schnuppern konnte, spielte er unter dem neuen FC-Coach Timo Schultz – bis jetzt – keine Rolle.
„Damion hat es sich absolut verdient“, argumentierte Schultz dessen erste Einwechslung im Kalenderjahr 2024. „Er hat sehr gute Trainingsleistungen gebracht und auch in der U21 zuletzt auf sich aufmerksam gemacht. Das habe ich ihm auch gesagt, und dass er nicht nur dabei ist, um den Kader aufzufüllen, sondern weil er ein Faktor werden kann. Das hat er umgesetzt. Das kann er gerne so weitermachen.“ Downs ist in der Offensive der klassische Typ Vollstrecker. In der Regionalliga West erzielte er für das Kölner Reserveteam bisher sieben Tore bei 17 Einsätzen und bereitete ein weiteres vor. Ab und zu fehlt ihm jedoch noch die nötige Konsequenz.
In vorschnelle Euphorie wollen die Rheinländer bei ihrem neuen Hoffnungsträger deswegen nicht verfallen. „Der Junge bringt sehr viel mit, er muss aber einfach noch klarer werden, robuster werden, mehr im Erwachsenenfußball ankommen. Er ist ein weiterer hochtalentierter Spieler, den wir fördern wollen“, fügte Schultz hinzu. Mit dem Rückenwind seines wichtigen Derby-Tores soll Downs weiterhin behutsam aufgebaut werden.
Kölner Transfersperre eine Chance für Downs?
Denn dass sich Downs bestmöglich entwickelt, ist für die Kölner in diesen Monaten von besonders hoher Bedeutung. Im Dezember hatte der Internationale Sportgerichtshof CAS eine Transfersperre bestätigt, weshalb die Domstädter für zwei Transferperioden keine neuen Spieler registrieren dürfen. Heißt im Umkehrschluss: Der Verein muss mehr denn je auf den eigenen Nachwuchs setzen.
Wie es im Optimalfall laufen kann, hat zuletzt der mittlerweile gesetzte Finkgräfe vorgemacht. Ein junges Talent, das aus der U19 kam und sich mit kurzem Anlauf bei den Profis etablierte. Lange hatte man sich sowas in Köln wieder gewünscht. Der letzte, der das schaffte, war Jan Thielmann. Über vier Jahre ist das nun her. Timo Horn, Jonas Hector oder sogar Lukas Podolski haben in noch fernerer Vergangenheit einen ähnlichen und bekanntlich sehr erfolgreichen Weg eingeschlagen.
Jetzt dürfte unter den Fans des abstiegsbedrohten „Effzeh“ neben Thielmann und Finkgräve auch der Name Downs fest verankert sein. Er schoss an jenem verrückten Samstag zwar nicht das Siegtor, verhinderte aber die drohende Derby-Pleite. In vielerlei Hinsicht kann dieser Punktgewinn noch Gold wert sein: Für die Tabelle, weil Köln den Vorsprung auf die direkten Abstiegsränge vergrößert hat. Für die Stimmung und erst recht für die Köpfe der Spieler.