Am 3. November 2018 startete vor 1.430 Zuschauern bei einer 0:2-Niederlage in Balingen eine Ära, die am Freitagabend gegen den FC St. Pauli fünf Jahre später ihren vorläufigen Höhepunkt erleben wird.

Die SV Elversberg stand damals im grauen Tabellen-Mittelfeld der Regionalliga Südwest und installierte Horst Steffen als Nachfolger von Roland Seitz.

Trainer Steffen hat den Klub peu à peu nach oben geführt

Was seitdem passiert ist? Der Begriff Fußball-Märchen oder Erfolgsstory drückt diese Entwicklung fast nur unzureichend aus. Steffen hat den Klub peu à peu nach oben geführt: Im Sommer 2022 feierte der Klub erst die Meisterschaft in der vierten Liga – und rund zwölf Monate später dann sogar in der dritten Liga. Inzwischen mischt das Team die zweite Liga auf und belegt nach elf Spieltagen den siebten Rang.

Die 1907 gegründete Sportvereinigung 07 Elversberg e.V. erlebt gerade eine unglaubliche Zeit. Die Anerkennung in Fußball-Deutschland wächst und wächst, der Blick führt immer häufiger in das 12.797 Einwohner kleine und 15 Kilometer von Saarbrücken entfernte „Fußball-Dorf“. Der frühere Profi-Fußballer Steffen, der für Gladbach, Uerdingen und Duisburg 207mal in der Bundesliga auflief, ist einer der Architekten dieses Erfolgs.

Der 54-Jährige sagte bei SPORT1: „Ich hatte schon im letzten Jahr das Gefühl, dass unsere Drittliga-Saison registriert wurde. Die Resonanz bei uns im Stadion oder von Menschen, die ich im Alltag treffe, ist groß. Deutschlandweit herrscht das Gefühl vor: ‚Oh, was machen die denn da in Elversberg? Jetzt sind die auch noch in der zweiten Liga gut drauf‘.“ Der spektakuläre 4:3-Sieg in der ersten Pokalrunde gegen Bayer Leverkusen tat sein Übriges…

Eine herbe Pleite sorgt für die Wende

Gegen Spitzenreiter Pauli jedenfalls wird die Ursapharm-Arena an der Kaiserlinde – die Stück für Stück auf die erforderliche Kapazität von 15.000 ausgebaut wird – restlos ausverkauft sein. Der Klub wird zum zweiten Mal nach dem Duell gegen Hamburger SV 10.150 Zuschauer begrüßen.

Spätestens seit diesem 2:1-Erfolg sind die Elversberg auch über die eigenen Stadtgrenzen hinaus bekannter geworden. Danach sah es zwei Wochen zuvor aber noch gar nicht aus.

Im Heimspiel gegen Fortuna Düsseldorf kam der freche Aufsteiger, der zuvor trotz guter Leistungen nur einen Punkt aus drei Partien holte, erstmals so richtig unter die Räder, verlor sang- und klanglos mit 0:5. Steffen fand eine Erklärung dafür: „Das war kein gemeinschaftliches Spiel meiner Mannschaft. Wir haben individuell und nicht kollektiv attackiert. Die Erkenntnis war, dass wir zusammenrücken mussten. Dann kam das Spiel in Osnabrück. Es stand auf des Messer Schneide, aber dieses 1:0 war wichtig. Und mit jedem weiteren Erfolgserlebnis ist die Spielanlage besser geworden.“

Feil hat den Weg von der Regionalliga in die zweite Liga mitgemacht

Manuel Feil zählt seit Jahren zum Gerüst in Elversberg. Der 29 Jahre alte kam im Sommer 2018 von der zweiten Mannschaft des 1. FC Nürnberg ins Saarland. 1.825 Tage später hatte er seinen Traum verwirklicht, den gesamten Werdegang vom Viert- zum Zweitligaprofi mitgemacht. „Diese Entwicklung war so nicht zu erwarten“, erklärte der Rechtsaußen, der weiterhin als Stammspieler agiert, bei SPORT1.

Es sei zwar von Anfang an klar gewesen, dass der Klub in die dritte Liga aufsteigen solle und dieser Schritt gepackt werden könne.

„Aber was in den vergangenen beiden Jahren auf die Beine gestellt wurde und wie sich der Verein entwickelt hat, war in keiner Weise so erwartet worden. Diese Geschwindigkeit ist beeindruckend“, schwärmte Feil.

Konstanz bringt Elversberg nach oben

Als Ursache nannte er zwei Gründe. Erstens: „Jeder in der Mannschaft hat die gleiche Spielidee, deshalb hat sich in den letzten Monaten und Jahren ein unglaublicher Spirit entwickelt. Da hat viel zusammengepasst.“ Und zweitens: „Konstanz!“ Der Kader wurde Jahr für Jahr nur punktuell verändert und der Trainer ist seit fünf Jahren im Amt. Nicht vergessen werden darf der Sportdirektor, der 2017 zunächst als Nachwuchs-Scout in Elversberg anheuerte: Nils-Ole Book. Er ist ein weiteres Gesicht dieses Vereins.

Seiner klugen Einkaufspolitik ist dieser kometenhafte Aufstieg ebenfalls zu verdanken. Eine große Stärke ist das Angeln von Talenten.

Vergangenes Jahr kam Nick Woltemade auf Leihbasis von Werder Bremen. Der Angreifer war mit 17 Toren und zehn Vorlagen ein Grundstein für den Aufstieg. „Nick ist ein toller Junge, der uns bei seiner Körpergröße mit seinen Dribblings überrascht hat. Er war gar nicht der Stoßstürmer, sondern eher der Zocker drumherum“, erklärte Steffen.

Bayern-Leihgabe Wanner überzeugt in Elversberg

Diesen Sommer bekam er mit Paul Wanner vom FC Bayern München erneut einen hochbegabten Kicker zum Entwickeln. Der 17-Jährige stand in sechs Partien auf dem Feld, eine Niederlage gab es noch nicht.

Wanner steuerte beim Sieg in Osnabrück die Vorlage bei und traf zuletzt gegen Eintracht Braunschweig. Die aktuell herausragende Form von der Sportvereinigung, die herausragende 17 von 21 Punkten in sieben Partien sammelte, ist auch mit ihm verknüpft.

Steffen sagte über Wanner: „Paul ist ein großes Talent. Er soll sich weiterentwickeln, die Herrenwelt kennenlernen und Durchsetzungsvermögen bekommen. Paul hat besondere Offensivtalente. Er macht Dinge, die überraschend und kaum trainierbar sind. Dementsprechend lebt Paul von seinen guten Momenten. Er ist aber auch fleißig und lernwillig.“

Feil freut sich besonders auf die Arena auf Schalke

Diese Mischung sorgt dafür, dass die Gegner Bahlingen, Koblenz, Verl oder Essen innerhalb kürzester Zeit gegen Hamburg, St. Pauli – und bald schon FC Schalke 04 und Hertha BSC eingetauscht wurden. Für Elversberg stehen hochspannende Wochen auf dem Programm – und die Reise in die ganz großen Stadien der Nation.

Feil jedenfalls freut sich auf diese Aufgaben: „Für uns ist aufgrund der schnellen Entwicklung jedes Spiel ein Highlight. Aber wenn ich Spiel nennen müsste, dass sich etwas von den anderen Partien abhebt, dann ist es das auf Schalke: Ein Traditionsverein mit einem geilen Stadion und geilen Fans.“ Es ist ein Traum, der am 10. November in Erfüllung gehen wird. Vielleicht stellen die mutigen Elversberger dann auch dem nächsten Topklub ein Beinchen.