Bernd Leno hat nach seinem Wechsel zum FC Fulham gegen seinen Ex-Klub FC Arsenal geschossen.
„Als ich gemerkt hatte, dass es nicht nach Leistung oder Qualität geht, war mir klar, dass ich gehen muss“, erklärte der deutsche Nationaltorwart in einem Interview mit der Sport Bild. (DATEN: Die Tabelle der Premier League)
Zudem sprach der 30-Jährige über seine Degradierung vom Stammkeeper zum dritten Torwart, über seinen Ex-Coach Mikel Arteta und die „neuen“ Gunners, das harte Fußball-Geschäft und seine WM-Chancen.
Leno sagte, es liege an ihm, „wieder in den Fokus der Nationalmannschaft zu kommen. Mit Torwarttrainer Andreas Kronenberg war ich immer in Kontakt. Ohne Spielpraxis wäre ich im Kampf um ein WM-Ticket chancenlos gewesen. Und Premier League ist eben Premier League.“ Deshalb sei er auch zu Fulham gewechselt.
„Natürlich ging es bei der Entscheidung in allererster Linie um das Sportliche. Ich finde die Premier League richtig geil, es ist die beste Liga der Welt. Ich hatte Angebote aus dem Ausland und der Bundesliga. Aber die Aufgabe bei Fulham ist richtig spannend, ein toller Klub mit einer riesigen Tradition. Dass es nun privat auch passt und wir nur innerhalb der Stadt umziehen mussten, ist perfekt,“ sagte der ehemalige Spieler vom VfB Stuttgart und Bayer Leverkusen.
DFB-Torwart: „Da war für mich klar: Ich muss hier weg“
Auf Arsenal und insbesondere Arteta ist Leno dagegen gar nicht gut zu sprechen. Der Gunners-Coach machte in der vergangenen Saison aus dem Nichts einen Torwartwechsel und setzte auf den sechs Jahre jüngeren Engländer Aaron Ramsdale.
„Das war natürlich bitter. Wir hatten einen schweren Start in die Saison gegen starke Gegner. Der Trainer wollte sich dann selbst schützen, was irgendwo ja normal ist, und hat die Mannschaft umgekrempelt“, so der langjährige Stammtorwart von Arsenal. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Premier League)
Und konnte sich dann einen kleinen Seitenhieb aber nicht verkneifen: „Ramsdale ist jünger, ein Engländer. Und ja: Die Mannschaft hat dann besser performt. Aber wenn man am Ende auf die Bilanz schaut: Arsenal hatte 48 Gegentore. Die Saison davor mit mir hatten wir 39. Ich glaube daher, dass es zu einfach wäre zu sagen: Es lag am Torwart.“
Als die Londoner in diesem Sommer auch noch Matt Turner aus den USA verpflichteten, „der zur Nummer zwei aufgebaut werden sollte, da sich das gut auf die Vermarktung auswirken würde“ kam für den DFB-Torwart nur noch ein Abgang in Frage. „In der Vorbereitung habe ich gesehen, dass es nicht um Performance geht, sondern nur um Politik. Da war für mich klar: Ich muss hier weg.“
Im Trainingslager in den USA wurde Leno darüber hinaus zu Einzeltraining verdonnert. „Ich konnte nicht nur dumm herumsitzen, ich bin kein Trainingstorwart. Es war offensichtlich: Ich bekomme keinen fairen Zweikampf, im Gegenteil. Deswegen habe ich kein Problem damit, jetzt die Wahrheit zu sagen. Das ist Teil des Geschäfts, das ist okay, und wir haben auch eine gute Lösung für alle gefunden. Aber ich habe genauso das Recht, nun zu benennen, wie es dort ablief“, nahm der 30-Jährige kein Blatt vor den Mund.
Leno erklärt knallhartes Fußball-Geschäft und Arsenals Umbruch
Während Aufsteiger Fulham mit Leno im gesicherten Mittelfeld der Premier League steht, grüßt Arsenal von Tabellenplatz eins, „aber für den Titel wird es nicht reichen“, behauptete Leno. „Die Mannschaft wurde in den vergangenen Jahren komplett umgebaut. Alles andere als Top 4 wäre eine Enttäuschung.“
In den letzten Jahren verließen große Namen wie Pierre-Emerick Aubameyang, Mesut Özil und Alexandre Lacazette die Gunners, und eben jetzt Leno. Das sei seiner Meinung „eine neue Arsenal-Philosophie“.
Der deutsche Nationaltorwart will aber keineswegs „jammern“ und sieht darin vielmehr „ein knallhartes Geschäft“ im Fußball. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Premier League)
„Ein neuer Trainer versucht eben, die Spieler, die Charaktere zu holen, die zu seiner Idee passen. Der Verein hat irgendwann umstrukturiert. Da geht es dann nicht mehr um Loyalität. Das musst du als Spieler akzeptieren. Wenn du nicht mehr gebraucht wirst, nicht mehr reinpasst, dann geht es ruck, zuck. Das musst du schon als Jugendspieler kapieren“, zog Leno ein hartes Fazit.
Und weiter: „Etwas anderes zu glauben, wäre naiv. Ich habe es am eigenen Leib erlebt – irgendwann hieß es eben ‚Auf Wiedersehen‘. Ich habe nichts anderes erwartet, dass man mich streichelt oder mir auf die Schulter klopft. Jeder kämpft für sich allein, ich musste mich selbst über Wasser halten, fit bleiben, für ein neues Abenteuer kämpfen.“
„Arteta hat bei diesen Spielern schnell die Reißleine gezogen“
Abschließend brachte er sogar Verständnis für seinen spanischen Ex-Trainer auf: „Spieler mit großen Namen auf seine Seite und hinter sein Spielsystem zu bekommen, ist sehr schwer. Von daher hat Arteta bei diesen erfahrenen Spielern mit dem einen oder anderen großen Ego schnell die Reißleine gezogen. Die neuen Spieler, die kamen, sind jünger, waren einfacher zu behandeln. Und vermutlich auch billiger. Das mag nicht fair oder korrekt klingen, aber ich verstehe Arteta da sogar“, so Leno.
Bei seiner Rückkehr mit Fulham an seine alte Wirkungsstätte wurde der Deutsche im Emirates Stadium „mit Applaus empfangen. Sie haben mich als Menschen und Sportler immer geschätzt. Das hat mich sehr gefreut“, sagte Leno und schob hinterher: „Zu den Fans hatte ich immer ein super Verhältnis, ich habe den Verein nicht durch die Hintertür verlassen, mich immer korrekt verhalten. Von daher war alles gut.“
Und da er nun auch konstant auf hohem Niveau in der Premier League spielt, kann Leno wieder auf die WM in Katar hoffen, auch wenn die Konkurrenz mit Manuel Neuer, Marc-Andre ter Stegen und Kevin Trapp groß ist. Der Fulham-Keeper nimmt diesen Kampf gerne an.