Wer ist ein echter Führungsspieler – und wer nicht? Ist in der heutigen Zeit eigentlich noch Platz für sogenannte Leader?

Diese Fragen wurden am Sonntag im STAHLWERK Doppelpass auf SPORT1 heiß diskutiert. Mit in der Runde zwei Ex-Fußballer und eine Ex-Fußballerin, die durchaus als Führungsspieler galten: Stefan Effenberg, Steffen Freund und Inka Grings.

„Das Alter ist dabei egal, wenn du vorangehst und die Leistung bringst. Bestes Beispiel ist doch Jude Bellingham beim BVB“, sagte der heutige SPORT1-Experte Effenberg: „Er hat die Rückendeckung von Marco Rose und den Verantwortlichen, da hast du ja auch nichts Kritisches gehört nach Bellinghams Äußerung zuletzt (als er Mitspieler Nico Schulz beim Europacup-Aus gegen die Glasgow Rangers auf dem Platz beschimpft hatte, Anm. d. Red.). Dortmund kann froh sein, so einen Typen zu haben, den vieles ankotzt, wenn es nicht so läuft. Man sollte sogar überlegen, ihm im Sommer die Kapitänsbinde zu geben. Nach solchen Typen suchen wir doch in der Bundesliga.“

Während sich bei Bellinghams Leaderqualitäten wohl viele Fußball-Fans und Experten einig sind, auch wenn dessen Hitzköpfigkeit in der BVB-Kabine durchaus für Unstimmigkeiten sorgt, scheiden sich bei Max Kruse allerdings die Geister. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)

Effenberg wird deutlich: „Kruse ist kein Führungsspieler“

„Max Kruse ist für mich kein Führungsspieler. Wenn er das wäre, wäre er bei Union geblieben, er hätte sich mit dem Verein identifiziert wie ein Kimmich und Müller und in diesem Jahr eine große Geschichte geschrieben mit der Qualifikation für den Europapokal, er hätte vielleicht sogar den DFB-Pokal gewonnen. Doch er hat sich für die andere Seite entschieden. Den Verein kannst du nicht während der Saison verlassen, wenn du mit dem Verein Großes vorhast“, erklärte Effenberg.

Kruse war im Winter von Union Berlin zum VfL Wolfsburg gewechselt. Er gab schnell zu, dass es vor allem um den finanziellen Rahmen des Angebots ging. (Kolumne: Warum man Kruse verstehen muss)

Freund sieht das nicht ganz so: „Max Kruse ist schon Individualist und denkt erst mal an sich. Er bringt seine Leistung, und in die Rolle des Führungsspielers wächst du dann rein. Jemand, der anschiebt und Reibungsfläche schafft, der dann aber in der Kabine die rechte Hand des Trainers ist – bestes Beispiel war für mich damals Matthias Sammer.“

Der Europameister von 1996 sieht in der Debatte ein „Generationenproblem“ – und bringt die modernen „Laptop-Trainer“ ins Spiel.

„Viele Trainer heutzutage kommen aus der Theorie. Und wenn dann mal ein Spieler kommt und dazwischenhaut oder einen falschen Satz sagt, dann sitzt du beim nächsten Mal auf der Bank – und dieser Trend ist falsch. Spieler können sich nur entwickeln, wenn ein Trainer auch so etwas mal zulässt“, sagte Freund. Er glaubt, dass auch den Bayern derzeit in der Defensive ein echter Führungsspieler abgeht, nachdem Mats Hummels und Jérôme Boateng nicht mehr in München spielen.

Nach dem Spiel gegen Leverkusen und einem Unentschieden, nimmt Steffen Freund die Bayern scharf in die Kritik. Dabei betont er, dass dem Rekordmeister die Führungsspieler fehlen würden.

Nach dem Spiel gegen Leverkusen und einem Unentschieden, nimmt Steffen Freund die Bayern scharf in die Kritik. Dabei betont er, dass dem Rekordmeister die Führungsspieler fehlen würden.

Ist Boateng bei der Hertha ein Führungsspieler?

Mit Kevin-Prince Boateng spielt der Bruder von Jérôme mittlerweile bei Hertha BSC. Auch er wurde als Beispiel rund um die Führungsspieler-Debatte herangezogen.

„Ich wollte als Führungsspieler immer gewinnen, und war sicherlich auch mal unangenehm. Aber ich wollte meine Mitspielerinnen mitreißen, ihnen genau das einpflanzen“, blickte Grings im STAHLWERK Doppelpass auf SPORT1 zurück und kam dann auf das Beispiel Boateng zu sprechen: „Ich glaube never, dass Boateng bei Hertha noch der Führungsspieler ist, nur weil er einen Namen hat. Vielleicht kennen ihn manche auch gar nicht mehr als solchen. Er ist nicht mehr der Leader, den sie sich von ihm wünschen.“

Boateng absolvierte in dieser Saison 13 Bundesliga-Partien für die Hertha – fast nur Kurzeinsätze.

Effenberg gab der zweimaligen Europameisterin und heutigen Trainerin recht: „Grundvoraussetzung ist immer, dass du deine Leistung und Fitness bringst. Und das ist bei Kevin-Prince Boateng bei der Hertha aber gar nicht gegeben. Führungsspieler zeigen sich nicht bei einem 5:0-Sieg, sondern wenn es drauf ankommt.“

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