Darf Lukas Nmecha heute Abend in seinem „Wohnzimmer“ knipsen?

Hansi Flick grinste am Tag vor dem WM-Qualispiel gegen Liechtenstein (WM-Qualifikation: Deutschland – Liechtenstein ab 20.45 Uhr im LIVETICKER) schelmisch, als er auf die Startelf-Optionen im Angriff angesprochen wurde: „Gucken wir mal, was morgen passiert, ob er im heimischen Stadion in Wolfsburg eventuell von Beginn an auflaufen wird. Ich heize die Spekulationen mal an.“

Viel spekuliert werden muss an sich gar nicht. Denn mit Timo Werner (Zerrung) und Karim Adeyemi (Abreise nach Süles Corona-Fall) stehen dem Bundestrainer zwei Stürmer nicht zur Verfügung. „Jetzt kriegen andere Spieler eben die Chance“, sagt Flick, der nach dem Corona-Wirbel im DFB-Lager zudem Monaco-Stürmer Kevin Volland nachnominierte.

Lukas Nmecha ist in Topform

Mit sechs Treffern in 15 Pflichtspielen für den VfL Wolfsburg hat sich Nmecha ins DFB-Team geschossen. Florian Kohfeldt, Nmechas Klubtrainer, schwärmt bei SPORT1. Die Nominierung sei „absolut verdient“.

„Ich finde, durch seine Entwicklung bei der U21 mit der Krönung bei der Europameisterschaft im letzten Jahr ist es ein sehr stetiger Weg bis hierhin gewesen“, meint der Wölfe-Coach. „Jetzt gilt es, diese Konstanz reinzubringen und dann ist er nicht nur jetzt, sondern dauerhaft verdient dabei.“

Nmecha sei „sehr akribisch, sehr klar im Kopf und trotzdem mit einer guten Lockerheit“, findet Kohfeldt. „Seine Aufgabe wird es sein, die gezeigten Qualitäten, die definitiv vorhanden sind, konstant abzurufen. Das ist die wirkliche Qualität und wird ihn dauerhaft dorthin bringen, wo er und wir alle ihn sehen, nämlich im Kreise der Nationalmannschaft.“

Lukas Nmecha ist wegen Coronafällen Startelf-Kandidat
Lukas Nmecha ist wegen Coronafällen Startelf-KandidatLukas Nmecha ist wegen Coronafällen Startelf-Kandidat

Über Umwege fand der 22 Jahre alte Nmecha (wird am 14. Dezember 23) in die wichtigste Fußball-Mannschaft des Landes. Der gläubige Christ, der während der Corona-Pandemie wöchentlich an Online-Gottesdiensten mit anderen Fußballern teilnimmt, wuchs als Sohn einer Deutschen und eines Nigerianers in Hamburg auf.

Die Familie war 2007 – da war Lukas gerade mal neun Jahre alt – mit ihm und dem jüngeren Bruder Felix (kickt auch beim VfL Wolfsburg) nach England ausgewandert, weil es in Deutschland keinen Job für den Papa gab. Das junge Talent kickte mit Freunden im Park und bei einem Amateurverein und wurde durch Zufall von Scouts von Manchester City entdeckt.

Unter Star-Trainer Pep Guardiola, den Nmecha heute noch als wichtigste Bezugsperson im Fußball sieht („Pep ist der beste Trainer der Welt!“), feierte der dribbelstarke Mittelstürmer am 29. April 2018 gegen West Ham United sein Premier-League-Debüt.

Wegen der Mega-Konkurrenz in der City-Offensive wurde er allerdings mehrfach verliehen und musste sich in der englischen 2. Liga bei Preston North End und Middlesbrough beweisen. (DATEN: Spielplan und Ergebnisse der WM-Qualifikation)

Lukas Nmecha: Über Belgien in die Bundesliga

Seinen größten Karriere-Schub bekam Nmecha, dessen Körper mehrere Tattoos mit Bibel-Versen zieren, beim RSC Anderlecht unter Ex-City-Teamkollege Vincent Kompany. In Belgien schoss Nmecha 21 Treffer in 41 Spielen und wechselte im Sommer für rund 8 Millionen Euro nach Wolfsburg.

DFB-Torjäger Thomas Müller (108 Länderspiele/40 Tore) lobt: „Sicherlich ist Lukas jemand, der dem Idealbild des klassischen Mittelstürmers nahekommt. Ich hoffe, dass er seinen Lauf, den er bei Wolfsburg hat, auch bei Nationalmannschaft fortführt.“

Übrigens: Unter anderen Umständen würde Nmecha heute für die englische Mannschaft auflaufen. Der deutsche U21-Held, der im Sommer mit vier Turniertreffern maßgeblich zum EM-Titel beitrug, machte insgesamt 31 Spiele für Englands Junioren-Teams.

Die „Three Lions“ wollten Nmecha haben. Doch Ex-U21-Coach Stefan Kuntz (heute Türkei) überzeugte den Stürmer und dessen Familie in mehreren persönlichen Gesprächen vom DFB.

Sehr zur Freude auch von Müller: „Im Training hier hat er schon ein paar Stürmertore gemacht“, sagt der Bayern-Star abschließend. „Er fühlt sich im Strafraum wohl, ist gierig nach Toren und bringt auch die körperlichen Voraussetzungen mit.“(DATEN: Tabellen der WM-Qualifikation)

Aller Voraussicht nach darf Lukas Nmecha das heute Abend in seinem Heim-Stadion in Wolfsburg unter Beweis stellen.

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