Drei Vereine im Kampf gegen den Abstieg, drei Hoffnungsträger alter Schule: Es mag Zufall sein, aber gewisse Parallelen in der Herangehensweise von Hannover 96, Werder Bremen und Darmstadt 98 lassen sich nicht leugnen.

Die drei Klubs setzen auf drei Angreifer, die im modernen Fußball schon fast als vom Aussterben bedrohte Spezies gelten. Auf Mittelstürmer, die auch in den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts in jede Mannschaft gepasst hätten.

SPORT1 hat die drei prägenden Stürmer des vergangenen Bundesligaspieltages besucht.

Almeidas linke Klebe noch immer phänomenal

Da wäre Hugo Almeida, der früher bei Werder Bremen den Schnauzbart und donnernde Schüsse seiner linken Klebe wieder salonfähig machte und am Samstag beim 1:2 gegen Darmstadt bewies, dass er auch mit 31 Jahren, Vollbart und Sumoringer-Zöpfchen noch ziemlich viel Bums im linken Fuß hat.

Da wäre Claudio Pizarro, dessen Ballstreichfähigkeiten und Torinstinkt schon im alten Jahrtausend bewundert wurden und dessen Schlitzohrigkeit schon damals aus der Zeit gefallen schien. Am Sonntag brachte Pizarro Werder Bremen, wo er seit dem Sommer schon zum dritten Mal tätig ist, beim 3:1 auf Schalke mit seinem Tor auf die Siegerstraße. Schon diskutieren sie in Bremen, seinen im Sommer auslaufenden Vertrag zu verlängern.

Der Legionär mit den meisten Einsätzen in der Bundesliga als auch der erfolgreichste ausländische Torschütze ist Pizarro schon lange, 37 Jahre alt obendrein. Aber ein ewiger Schlawiner (Selbsteinschätzung) altert halt später als andere. Pizarros ältester Sohn heißt übrigens auch Claudio und wurde 1999 geboren. Vielleicht spielt der Papa ja so lange weiter, bis er den Staffelstab an den Filius übergeben kann?

Sandro Wagner so treffsicher wie nie

Und dann wäre dann noch Sandro Wagner, der zwar erst 28 Jahre alt ist, aber gefühlt schon seit einer Dekade zum Inventar der vielbesungenen letzten Typen der Bundesliga gehört. Bei Darmstadt spielt Wagner, Typ bullige Kampfsau, gerade die erfolgreichste Saison seiner Karriere. Bislang hatte er in der Bundesliga nie mehr als fünf Tore in einer Saison geschafft. Nun steht er nach seinem Doppelpack gegen Hannover bei sechs.

Seine bisherige Rekordmarke hatte Wagner übrigens in der Saison 2010/11 bei Werder Bremen aufgestellt. Und so schließt sich der Kreis: Die drei meist eingesetzten Bremer Stürmer jener Saison hießen: Claudio Pizarro, Sandro Wagner – und, zumindest bis zur Winterpause: Hugo Almeida. Gemeinsam erzielten die drei damals 23 Tore, allein Almeida traf in der Hinrunde neunmal.

Ihr Trainer damals: Thomas Schaaf, der Almeida vor einigen Wochen aus der dagestanischen Diaspora bei Machatschkala nach Hannover und damit zurück in die Bundesliga holte. 

Almeida lobt Schaaf

“Ich brauche ihn. Wenn ich nicht mit ihm hätte arbeiten wollen, wäre ich nicht gekommen. Manchmal sage ich, Thomas hat mich geschaffen. Als ich nach Bremen kam, war ich das erste Mal weit weg von meiner Heimat. Ich hatte eine andere Einstellung zum Fußball”, sagte Almeida im Gespräch mit SPORT1 über Schaaf.

Schaaf und Almeida, ähnlich schlitzohrig wie Pizarro und vielleicht eine noch größere Kampfsau als Wagner, haben sich die schwierigste Aufgabe ausgesucht. Trotz des frühen fulminanten Treffers des Portugiesen verlor Hannover die Partie gegen den Aufsteiger und den alten Kameraden Wagner und stürzte auf Platz 18 ab.

“Momentan sind die Leistungen nicht so gut. Wir sind Letzter. Das ist nicht gut. Jeder hat Druck, jeder will das Ruder herumreißen. Aber wenn du das versuchst und das andere Team trifft, wird der Druck noch größer. Das ist etwas, was man nicht erleben möchte. Man spielt Fußball eigentlich, um ihn zu genießen. Es ist natürlich nicht einfach”, sagte Almeida.

Darmstadt will einfach nicht abstürzen

Da hat es Wagner derzeit wesentlich leichter. Darmstadt hat auch am 18. Spieltag verweigert, den praktisch seit Saisonbeginn prognostizierten Absturz einzuleiten, steht auf Rang 12 und hat mit 21 Punkten drei mehr als Bremen auf dem Relegationsplatz. 

Dass Wagner am Samstag doppelt knipsen konnte, hat er auch einem kleinen Schwindel zu verdanken. Wagner war angeschlagen in die Partie gegangen, hatte dies seinem Coach Dirk Schuster allerdings verheimlicht. “Aber ich habe natürlich zum Trainer gesagt, er könne auf mich bauen und ich sei da”, erklärte er.

Ein Satz, der auch von Ober-Schlawiner Pizarro stammen könnte.