München – Die WM-Geschichte zwischen Deutschland und Argentinien ist lang – und Olaf Thon ist ein Teil davon.
Sowohl im Finale 1986 in Mexiko als auch beim letzten deutschen WM-Titel 1990 stand der gebürtige Gelsenkirchener im Kader der Nationalelf.
Thon war Teil des Teams, das Maradonas Argentinier in Rom dank eines Elfmetertores von Andreas Brehme mit 1:0 besiegte und die begehrteste Trophäe im Weltfußball nach Deutschland holte.
24 Jahre später kommt es am Sonntag (ab 20.30 Uhr im LIVE-TICKER) zur Neuauflage des Endspiels von 1990 – und Thon ist guter Dinge, dass am Ende wieder die Deutschen jubeln.
Im Interview mit spricht er über Parallelen zu früher, das Erfolgsrezept im Finale und die Rolle von Joachim Löw.
Herr Thon, am Sonntag trifft Deutschland zum dritten Mal in einem Endspiel einer Fußball-WM auf Argentinien. In beiden vorangegangenen Duellen waren Sie dabei. Welche Erinnerungen haben Sie an diese Spiele?
An erster Stelle ist da einmal Diego Maradona. Ich habe selbst das Vergnügen gehabt gegen Maradona zu spielen, das sind sehr schöne Erinnerungen. 1986 in Mexiko haben wir das Finale ja leider verloren, aber 1990 ist uns dann die Revanche gelungen. Auch wenn das Foul an Rudi Völler vor Andi Brehmes Elfmeter etwas knifflig war, hatte Argentinien keine Chance. Wir haben das Spiel verdient gewonnen. Im Finale hätte ich mir aber trotzdem lieber die Holländer gewünscht. Eigentlich ist es aber egal wer der Gegner ist, weil ich glaube, dass wir klarer Favorit sind und am Ende auch gewinnen werden. (DATENCENTER: Der Spielplan der WM 2014).
Sehen sie Parallelen zwischen dem aktuellen Team der Argentinier und dem von damals?
Ja, ich glaube, das könnte man schon so sagen. Lionel Messi geht immer vorneweg und die anderen trotten so ein bisschen hinterher. Wenn Messi nicht ins Spiel kommt, ist Argentinien nur die Hälfte wert. So war es damals bei Maradona auch, wobei er noch die besseren Helfer hatte. Di Maria war im Halbfinale nicht dabei, kann vielleicht im Finale spielen, wird aber nicht in Topform sein. Er ist noch der beste Mann neben Messi. Aber unterm Strich ist dies eine Mannschaft, die aus der Kompaktheit heraus operiert und dann auf einen Geniestreich von Messi wartet. Ich habe überhaupt keine Angst vor Argentinien.
Lionel Messi selbst kommt in der K.o.-Runde noch nicht wirklich zur Geltung. Woran könnte das liegen?
Das liegt daran, dass die Argentinier eine sehr defensive Spielweise an den Tag legen. Ich glaube, wenn Messi in der deutschen Mannschaft spielen würde, würde er wesentlich besser zur Geltung kommen. Dennoch ist mit einem Mann seiner Klasse immer zu rechnen. WM-Tippspiel: Mitmachen und 100.000 Euro gewinnen!
Wie bereits angesprochen überzeugen die Argentinier bei diesem Turnier vor allem in der Defensive. Wie ist die „Albiceleste“ zu knacken?
Ich glaube, dass wir im Spielaufbau Räume bekommen und dann auch die entsprechenden Lücken finden werden, gerade in Person von Hummels und Lahm. Die Argentinier operieren mit zwei Viererketten und haben vorne drin Messi und Higuain, die beide nicht die laufstärksten sind und die Defensive daher nicht konsequent anlaufen. Natürlich muss man dann durch die zwei Viererketten erst einmal durchkommen, aber unser tolles Mittelfeld wird das sicherlich schaffen und Chancen herausspielen. Wir haben so viele Möglichkeiten und sind super drauf. Also rechne ich mit einem klaren 3:0-Sieg und will bis Sonntag an nichts anderes denken.
Auf Seiten des DFB-Teams ist Toni Kroos einer der auffälligsten Spieler der WM. Wie wichtig ist er für das deutsche Spiel?
Kroos bringt die jugendliche Frische ins Mittelfeld und ist der ideale Partner für Schweinsteiger, der sich in der Offensive zurückhält und beinahe wie ein Quarterback agiert. Kroos stand immer so ein bisschen im Schatten von Lahm, Schweinsteiger und Co., doch durch seinen möglichen Wechsel zu Real Madrid steht er jetzt mehr im Fokus. Er funktioniert vor allem so gut, weil die anderen für ihn spielen und ihm zuarbeiten, sodass er seine Qualitäten optimal zeigen kann. Vom Passspiel und vom Torschuss hat er wahnsinnige Möglichkeiten. In der Kombination mit Khedira und Schweinsteiger haben wir ein optimales Mittelfeld. Nur Mesut Özil bleibt bisher ein bisschen hinter den Erwartungen. Aber warum soll es nicht gerade er sein, der ein oder zwei Tore im Finale schießt. Wenn einer Tore macht neben Thomas Müller, dann tippe ich auf Özil.
Auch Mats Hummels ragt aus einem starken Team noch heraus. Ist er einer der Hauptgaranten für den Erfolg?
Ja, man kann ihn sicherlich nennen. Leider wird er wegen seiner Kniereizung wohl etwas angeschlagen ins Finale gehen. Eine wichtige Rolle spielt aber auch Jerome Boateng, der einen Spieler auch mal einholen kann, wenn die Viererkette weiter aufgerückt ist. Das ist auch sein großes Plus gegenüber Per Mertesacker, der nicht diese Schnelligkeit besitzt. Benedikt Höwedes kam wie Phoenix aus der Asche und füllt die vakante Position des Linksverteidigers super aus. Insgesamt hat die Viererkette trotz vier Innenverteidigern super funktioniert. Jogi Löw hat da eine sehr mutige und am Ende erfolgreiche Entscheidung getroffen. Von dem her muss man sagen, der Star des Turniers ist eigentlich Jogi Löw.
Wie schätzen sie die Zukunft von Löw als Bundestrainer ein? Könnte er im Falle des Titelgewinns möglicherweise zurücktreten?
Ich hatte vor dem Turnier ein Gefühl, dass er aufhören wird, egal wie die WM ausgeht. Ich muss meine Meinung aber mittlerweile revidieren. Ich wünsche mir auch, dass er weitermacht, weil er eine so fabelhafte Leistung hingelegt hat. Und ich glaube, vielleicht auch mit Thomas Tuchel als neuem Co-Trainer, dass sein Weg noch nicht beendet ist und er Spaß daran hat, das Team noch weiter zu verbessern und die Abläufe zu verfeinern. Der WM-Titel muss noch nicht das Ende sein. Das beste Beispiel ist Spanien, die drei Titel hintereinander gewonnen haben. Von daher wünsche ich mir, dass Jogi Löw weitermacht, egal wie es ausgeht.