Vom DBB-Team berichtet Carsten Arndt

Bamberg – Eigentlich muss Emir Mutapcic niemandem mehr etwas beweisen.

120 Länderspiele, Olympia-Bronze 1984 und WM-Bronze 1986 als Spieler, drei Meisterschaften und zwei Pokalsiege als verantwortlicher Trainer bei ALBA Berlin: Die Liste der Erfolge des bosnischen Coaches ist lang.

Dennoch hat er sich einer Aufgabe angenommen, die schwerer fast nicht sein könnte. In nur vier Wochen soll er ein Team formen, das die für Deutschland so wichtige EM-Qualifikation erfolgreich bestreitet (DATENCENTER: Der Spielplan der EM-Qualifikation).

„Ich habe damals auch die U 20 übernommen, als es sonst keiner wollte“, sagte Mutapcic und fügte hinzu: „Ich fühle mich dem deutschen Basketball verbunden.“

Feinschliff beim Supercup

Diese Verbundenheit ist dem 54-Jährigen deutlich anzumerken. Mit großem Elan, aber auch der nötigen Demut geht er seine Aufgabe an. Derzeit weilt „Muki“ mit seinem Team beim Supercup in Bamberg.

Nach dem Sieg zum Auftakt gegen Lettland am Freitag (Bericht) verlor das DBB-Team am Samstag seine zweite Partie mit 84:91 gegen Israel (Bericht). „Wir waren einfach in der Offensive zu ungeduldig und haben dadurch viele Fastbreak-Punkte bekommen. So kann man kein Spiel gewinnen“, analysierte Mutapcic im Anschluss.

Das Vorbereitungsturnier ist der letzte große Härtetest vor dem Quali-Auftakt gegen Polen am 10. August.

Aus dem Schatten von Pesic

Für Mutapcic ist die EM-Qualifikation auch die Chance, etwas aus dem großen Schatten von Svetislav Pesic zu treten. Denn trotz seiner Erfolge, die er auch als Head Coach erreicht hat, ist „Muki“ für viele der Inbegriff des Assistenztrainers.

In der Anfangszeit bei Bosna Sarajevo, sieben Jahre lang bei ALBA Berlin, 2012 beim DBB-Team und auch jetzt wieder beim FC Bayern – stets war er nur der Zuarbeiter an Pesic‘ Seite.

Mutapcic: „Mache mir meine eigenen Gedanken“

Seinen Schatten wird der ehemalige jugoslawische Nationalspieler auch in Bamberg nicht los. „Ich stehe in ständigem Kontakt mit ihm. Wir reden über Bayern, aber auch über die Nationalmannschaft“, sagte Mutapcic am Samstag.

Gleichzeitig stellte er aber unmissverständlich klar, dass dies alleine seine Mission ist: „Wir brauchen ein Konzept und für dieses Konzept bin ich als Trainer verantwortlich. Ich bin der Trainer und ich entscheide wie wir spielen. Sicherlich ist einiges so wie bei Bayern, aber auf keinen Fall alles. Wir haben hier ein anderes Team, ich mache mir meine eigenen Gedanken.“

Gutes Verhältnis mit den Spielern

Bei den Spielern scheint seine Art gut anzukommen. Auch, weil er nicht über ihre Köpfe hinweg entscheidet.

„Ich bin ein Coach, der seine Spieler gerne in die Verantwortung nimmt“, erklärt Mutapcic.

Anders als sein Mentor und Förderer Pesic, der seine Spieler auch gerne mal lautstark zusammenfaltet, setzt er mehr auf positive Motivation. Immer wieder versucht er das Team vom Spielfeldrand zu puschen.

Spieler blühen auf

„Muki hat eine tolle Autorität als Trainer uns Spielern gegenüber. Er ist sehr positiv, auch wenn er bei groben Fehlern natürlich auch mal laut werden kann“, sagte Youngster Maximilian Kleber nach der Partie gegen Russland im Gespräch mit SPORT1.

SHOP: Jetzt Basketball-Artikel kaufen

Spieler wie die Bamberger Maik Zirbes und Karsten Tadda, die eine schwierige Saison hinter sich haben, oder auch Artland-Center Andreas Seiferth spüren das Vertrauen des Trainers und blühen förmlich auf.

Defensive ist wichtig

Tadda, einer der Matchwinner in der ersten Partie des Supercup gegen Lettland, bekam am Freitagabend ein Sonderlob vom Coach: „Karsten war heute sehr stark. Er hat auf beiden Seiten Akzente gesetzt. Er spielt starke Defense und leistet sich kaum Ballverluste. Er kann sogar gegen zwei oder drei Mann effektiv verteidigen.“

Mutapcic, der in seiner aktiven Karriere selbst als Weltklasse-Verteidiger galt, legt hohen Wert auf die Verteidigung. In diesem Punkt ist er sich mit seinem „Chef“ Pesic einig.

„Für uns ist die Defensive sehr, sehr wichtig, auch die individuelle. Wir müssen in der Verteidigung immer Vollgas geben, nur dann haben wir eine Chance zu gewinnen“, sagte der 53-Jährige.

Keine Angst vor großen Namen

Um seinen Stil in der jungen Truppe (Durchschnittsalter 24,2 Jahre ) durchzusetzen, schreckt er auch nicht davor zurück, prominente Namen wie Tim Ohlbrecht, der bereits drei Mal für die Houston Rockets in der NBA zum Einsatz kam, aus seinem Kader zu streichen.

Stattdessen setzt er auf eher unbekannte Gesichter wie Akeem Vargas und den jungen Maodo Lo. Allesamt Spieler, die ihre Stärken in der Defensive haben und noch Entwicklungspotenzial besitzen.

Fraglich ist nur, ob Mutapcic diese mögliche Entwicklung an der Seitenlinie weiter mitgehen darf. Der Bosnier besitzt bei den Bayern noch einen Vertrag bis 2015. Unabhängig vom Abschneiden in der EM-Qualifikation soll der 53-Jährige danach definitiv wieder als Assistent zum FC Bayern zurückkehren.

Mutapcic: „EM ist mein Ziel“

Das letzte Wort dürfte in dieser Angelegenheit aber noch nicht gesprochen sein, Mutapcic hat Blut geleckt.

„Ich habe nur noch einen Monat Vertrag, aber die EM ist schon ein Ziel von mir“, gab er auf SPORT1-Nachfrage zu: „Ich war schon zweimal mit Bosnien bei der EM und es war jedesmal etwas ganz Besonderes.“

Doch zuvor muss erst einmal die Qualifiaktion perfekt gemacht werden. Ein Sieg im letzten Vorbereitungsspiel zum Abschluss des Supercup gegen Russland am Sonntag wäre sicherlich ein guter Anfang.