Von Christoph Lother und Christian Ortlepp
München/Achenkirch – Wenn er so in Erinnerungen schwelgt, kann sich Andre Breitenreiter ein süffisantes Grinsen nicht verkneifen.
“Wir galten als Abstiegskandidat Nummer eins. Wir waren den Konkurrenten gegenüber klar benachteilt – ob in Sachen Infrastruktur oder Wirtschaftlichkeit”, berichtet er im Gespräch mit SPORT1 von seiner Zeit bei der SpVgg Unterhaching.
Dort schaffte der inzwischen 40-Jährige in der Saison 1999/2000 die ganz große Überraschung. Als krasser Außenseiter in die erste Bundesliga-Spielzeit der Vereinsgeschichte gestartet, sammelte der Klub aus der 22.000-Einwohner-Gemeinde südlich von München Punkt um Punkt – und sicherte sich am drittletzten Spieltag tatsächlich den Klassenerhalt.
“Wir hatten ein super Team, eine klare Linie. Alle haben ihr Ego hintenan gestellt und alles für die Gemeinschaft gegeben”, erklärt Breitenreiter.
Bundesliga-Premiere gegen Mainz
Etwas mehr als 14 Jahre ist das mittlerweile her.
Längst steht der einstige Offensivmann nicht mehr auf, sondern neben dem Platz – und dort nun erneut vor einer schier unüberwindbaren Herausforderung. Mit dem Heimspiel gegen den FSV Mainz 05 beginnt für Sensationsaufsteiger SC Paderborn am 24. August die erste Bundesliga-Saison der Vereinsgeschichte.
Man wolle jedenfalls “alles geben, um die Mannschaften, die uns womöglich unterschätzen, zu schlagen”, versichert Breitenreiter. “Wenn wir unseren Plan konsequent verfolgen”, glaubt er, “haben wir gute Chancen.”
SPORT1 stellt das Team aus Ostwestfalen vor.
? Die Zu- und Abgänge
Die Aufstiegsmannschaft ist weitgehend zusammen geblieben, die Leistungsträger konnten gehalten werden. Besonders vorne rüsteten die Verantwortlichen um Sportmanager Michael Born kräftig nach.
Für die allesamt offensiv ausgerichteten Moritz Stoppelkamp (1860 München/700.000 Euro), Elias Kachunga (Borussia Mönchengladbach/300.000 Euro), Stefan Kutschke (VfL Wolfsburg/300.000 Euro) und Marvin Ducksch (Borussia Dortmund/Leihgebühr 100.000 Euro) gab der SCP knapp 1,5 Millionen Euro und damit etwa ein Viertel des letztjährigen Gesamtetats aus.
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Zudem wurden mit den ablösefreien Idir Ouali (Dynamo Dresden) und Lukas Rupp (Gladbach) noch zwei weitere hängende Spitzen verpflichtet. Dem stehen sieben – weitgehend verschmerzbare – Abgänge gegenüber.
? Der Trainer
In seinen insgesamt 144 Bundesliga-Spielen als Profi für Hamburg, Wolfsburg und Unterhaching erzielte Breitenreiter 28 Tore. Seit 2009 besitzt er die Trainer-A-Lizenz, nach einem anfänglichen Engagement als Scout des 1. FC Kaiserslautern betreute er von 2011 bis 2013 den Regionalligisten TSV Havelse.
Seit gut einem Jahr ist der gebürtige Niedersachse mittlerweile Coach in Paderborn. Bislang ist es eine grandiose Erfolgsgeschichte – die auch in der Bundesliga nicht enden soll.
? Der Star
Die ganz großen Namen sucht man in Reihen der Ostwestfalen vergeblich. Zu den bekanntesten Gesichtern dürften der mit insgesamt 15 Toren beste Schütze der abgelaufenen Zweitliga-Saison, Mahir Saglik, der ehemalige Münchner “Löwe” Moritz Stoppelkamp und der Ex-Gladbacher Lukas Rupp gehören.
Auch der frühere Dortmunder und Cottbuser Uwe Hünemeier sowie der vom BVB ausgeliehene Angreifer Ducksch durften schon etwas Bundesliga-Luft schnuppern.
? Die Zielsetzung
Für die Nobodies aus Paderborn geht es einzig und allein darum, die Liga zu halten.
“Unser Ziel ist es, den offensiv ausgerichteten Fußball der Vorsaison auch in der Bundesliga zu spielen und auf diesem Weg eine weitere Sensation mit dem Klassenerhalt zu schaffen”, sagt Breitenreiter.
? Die SPORT1-Prognose
Rein vom Papier her haben die Paderborner kaum eine Chance. Mit Teamgeist und Kampfbereitschaft allein kann man in der Bundesliga nicht überleben, wie Fürth oder Braunschweig zuletzt erleben mussten.
Nur wenn sie spielerisch noch eine Schippe drauflegen und ihr in der Zweiten Liga gefürchtetes Offensivspiel auch im Oberhaus durchbringen, kann das Team den Abstieg verhindern.
Für den Klassenerhalt wird es aber wohl trotzdem nicht reichen.