Von Carsten Arndt
München – Im Mai war die Welt für Lewis Hamilton noch in Ordnung.
Vier der ersten fünf Saisonrennen gewonnen. Vier Siege in Folge. Platz eins in der Fahrerwertung. Mercedes-Aufsichtsratschef Niki Lauda erklärte den Briten kurzerhand für „unschlagbar“.
Drei Monate später hat sich das Blatt gewendet. Hamilton hat die WM-Führung an Teamkollege Nico Rosberg eingebüßt, Lauda sieht mittlerweile im Deutschen „einen absoluten Spitzenfahrer“.
Vor dem Großen Preis von Ungarn in Budapest (1. Freies Training, Fr. ab 10 Uhr LIVE im TV auf SPORT1 und im LIVE-TICKER) ist der Brite vom Jäger zum Gejagten geworden – und gerät immer mehr unter Zugzwang.
Kritik trotz Aufholjagd
Selbst nach seinem Husarenritt in Hockenheim am vergangenen Wochenende, als Hamilton nur so durchs Feld pflügte und von Startplatz 20 noch auf Rang drei vorfuhr, waren aus dem Team einige kritische Stimmen zu hören.
Besonders die Aktion als er sich in der Haarnadelkurve sehr aggressiv neben seinen ehemaligen Teamkollegen Jenson Button bremste und anschließend leicht mit ihm kollidierte, sorgte für Kopfschütteln am Kommandostand.
„Bei Lewis ist immer Glory und Drama. Die Aktion mit Jenson hätte richtig ins Auge gehen können. Da kann er glücklich sein, dass er mit einem kleinen Schaden bis zum Ende gekommen ist“, sagte Motorsportchef Toto Wolff: „Ohne das Problem wäre das Auto aber deutlich schneller gewesen. Da hat er richtig Abtrieb verloren.“
Wolff trotz Sturz an der Strecke
Zu riskant war möglicherweise auch Wolff selbst unterwegs, als er am Mittwoch bei einem Teamausflug mit dem Fahrrad stürzte und sich mehrere Knochenbrüche zuzog (News). Im Gegensatz zu Hamiltons vermeintlichem Fauxpas wird sich das aber wohl nicht auf das Rennen auswirken.
Während Wolff von den Mercedes-Kollegen kurzerhand den Spitznamen „Totonator“ verpasst bekam und am Freitag wie gewohnt am Kommandostand stehen soll, sehen sich die Kritiker, die Hamilton seit Jahren vorwerfen zu impulsiv zu agieren, jetzt wieder bestätigt. (DATENCENTER: WM-Stand Fahrer).
Gerüchte um Vettel
Passend dazu flammen nun die Gerüchte über einen Wechsel von Sebastian Vettel zu Mercedes wieder auf. Angeblich soll der Weltmeister Hamilton ab 2016 im Silberpfeil-Cockpit ersetzen (BERICHT: Mercedes buhlt offenbar um Vettel).
Wolff reagierte ausweichend auf die Spekulationen. „Das Umfeld ist zu kompetitiv, um unsere Pläne in der Öffentlichkeit breittreten zu wollen“, sagte der 42-Jährige. (Hier gibt es Tickets für die Formel 1)
Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko bestätigte dagegen der „Sport-Bild“ eine Anfrage aus dem Mercedes-Lager. „Natürlich machen die Attacke“, so der Österreicher.
Plant Mercedes zweigleisig?
Sollte es dieses Angebot tatsächlich geben, würde Mercedes offenbar zweigleisig planen um für den Fall, dass Hamilton dem Traditionsteam von sich aus den Rücken kehren sollte, gerüstet zu sein. Denn Motorsportchef Wolff erklärte erst vor wenigen Tagen, bereits mit dem Ex-Weltmeister über einen neuen Vertrag zu verhandeln.
Dabei soll es, wie bei Rosberg zuvor, um einen mehrjährigen Vertrag gehen. „Lewis gehört fest zum Team. Wenn ich mir etwas wünschen kann, dann soll das auch lange so sein“, sagte Wolff.
Doch allein die Tatsache, dass dieses angebliche Angebot für Vettel nicht ausdrücklich von Seiten des Teams dementiert wurde, dürfte Hamilton wenig begeistern. (SHOP: Jetzt Motorsport-Artikel kaufen)
Dominanz in Budapest
Gut für ihn, dass nun das Rennen in Budapest ansteht. Denn dort fühlt sich der 29-Jährige offensichtlich wohl und hat eine einzigartige Bilanz vorzuweisen. (
Der Brite hat im Qualifying noch nie ein Stallduell verloren, in seinen sieben Rennen stand er vier Mal als Sieger auf dem Podest. Gemeinsam mit Michael Schumacher ist er Rekordsieger auf dem Hungaroring.
„Es ist eine Strecke, die mir sehr viel Spaß macht. Man kann dort wirklich angreifen, was einem angriffslustigen Fahrer wie mir natürlich entgegen kommt“, erklärt Hamilton, der in den vergangenen beiden Jahren jeweils ganz oben auf dem Podest stand.
Hamilton: „Kann noch härter arbeiten“
Und so geht er auch an diesem Wochenende topmotiviert ins Rennen.
„Ich tue alles Mögliche, um im Titelkampf wieder auf Nicos Level zu gelangen: Ich kann mich nicht noch mehr fokussieren oder härter arbeiten als ich es jetzt schon tue“, kündigt er an.
Mit einem Sieg-Hattrick in Budapest dürfte sich seine Position sicherlich verbessern. Im Kampf um die WM. Im Mercedes-Team. Und im vermeintlichen Fernduell mit Sebastian Vettel.