Für Martin Meichelbeck war es ein „traumatisches Erlebnis“.

Der Manager der SpVgg Greuther Fürth hatte bis vergangene Woche eigentlich nur ein Ereignis im Kopf: das Derby am Montagabend gegen den 1. FC Nürnberg (ab 19.45 LIVE im TV auf SPORT1, im LIVE-TICKER und auf SPORT1.fm).

Das erste „Kleeblatt“-Heimspiel der Saison, für die Fürther eins von zwei Spielen des Jahres und zudem das älteste Derby Deutschlands.

Doch vor vier Tagen, in der Nacht zum Donnerstag, verunglückte Fürths Stürmer Ilir Azemi bei einem Autounfall und plötzlich war alles anders. An eine normale Vorbereitung war nicht mehr zu denken. Das Spiel gegen den Club rückte in den Hintergrund.

„Paradoxer Widerspruch“

„Es ist ein ganz paradoxer Widerspruch, in dem wir uns da bewegen“, sagte Meichelbeck im Gespräch mit SPORT1: „Auf der einen Seite geht es um die Gesundheit eines ganz lieben Menschen und auf der anderen Seite muss man seinem Beruf nachgehen.“

Und der sei „nun mal im Fußball beheimatet.“

Dies sei aber auch gut, „weil wir da viel Energie bekommen, ich spüre bei den Spielern schon, dass sie sich auf Montag freuen und auch für Ilir spielen wollen, weil er in ihren Herzen drin ist.“

Man wolle „versuchen, Ilir im Geiste mitzunehmen“, so Fürths Coach Frank Kramer.

„Wir werden vor dem Spiel in der Kabine für Ilir beten, weil er ein gläubiger Mensch ist“, sagte Torhüter Wolfgang Hesl zu SPORT1.

Schwerer Spagat

Für Meichelbeck ist es dennoch schwer, den Spagat hinzubekommen. „Es bewegt mich sehr. Dennoch muss man das Derby im Kopf haben. Es gehört natürlich auch zu einer Bewältigungs-Strategie dazu, dass man lernt, diese Dinge für sich einzuordnen.“

Daran könne „jeder Einzelne für sich wachsen, weil so etwas auch viel Stärke geben kann, um zu lernen damit umzugehen.“

Durch die besonderen Umstände sei „die Situation eine andere, aber wir freuen uns auf das Derby, wenn es auch eine gedämpfte Freude ist. Wir werden aber gut vorbereitet sein.“

Gedanken bei Azemi und seiner Familie

Hesl meinte etwas traurig: „Nach dem Unfall von Ilir ist natürlich alles andere in den Hintergrund gerückt. In solchen Momenten merkt man, dass man häufig über Banalitäten spricht und sich über diese im Zweifel auch noch aufregt. Unsere Gedanken sind bei Ilir und seiner Familie.“

Dennoch versucht auch der 28-Jährige, den Fokus auf das Derby zu richten, so schwer das auch fällt. „Ich glaube der Druck liegt eher beim 1. FC Nürnberg“, so Hesl und begründet dies auch: „Der Club gilt als Topfavorit auf den Aufstieg.“

Ein Derby sei „nie ein normales Spiel“, weiß der Keeper und ergänzte: „Wir werden alles versuchen, um erfolgreich zu sein. Gemeinsam mit den Fans beider Vereine können wir am Montag Werbung für den Fußball machen.“

Anteilnahme von Schäfer

Azemis Unfall war auch bei den Nürnbergern ein Thema. Club-Keeper Raphael Schäfer meinte bei SPORT1: „Ich wünsche ihm alles Gute, dass er ganz schnell wieder gesund wird.“

Der 35-Jährige fügte noch hinzu: „Hoffentlich wird der Junge keine Folgeschäden davon tragen.“

Trotz der bedrückenden Situation beim Gegner weiß Schäfer um die Wichtigkeit der Partie im Ronhof: „Wenn man hier in der Region so lange ist wie Pino (Mannschaftskollege Javier Pinola, Anm. d. Red.) oder ich, dann weiß man, was dieses Duell den Leuten bedeutet.“

Es sei „ein besonderes Spiel mit einer großen Rivalität, die über Jahrzehnte sportlich aufgebaut wurde.“

Und es sei „schön, dies immer wieder neu zu beleben. Jeder freut sich auf das Spiel.“

Kribbeln kurz vor dem Anpfiff

Das Kribbeln hat bei Schäfer allerdings keine zu lange Vorlaufzeit: „Das beginnt einen Tag vorher und dann muss es am Montagabend voll da sein.“

Schäfer macht sich nicht verrückt, sagt aber auch: „Es ist noch viel zu früh in der Saison, aber jeder kann sehr viel aus einem Derbysieg rausziehen, das werden wir versuchen, das werden die Fürther versuchen.“

Für Schäfer könne der Umbruch beim Club „eine große Chance sein“, jeder könne „frei und unbeschwert für den 1. FC Nürnberg spielen.“

Und weiter: „Ich will alles dafür tun, „dass wir mit dem Aufstieg hinter diesen Abstieg einen Haken machen kann.“

Reinhard Franke, Jahrgang 1972, gelernter Verlags- und Musikkaufmann. Nach acht Jahren als Musikredakteur beim Axel Springer Verlag in München anschließend von 2008 bis 2014 Freier Mitarbeiter in der...