Benjamin Kirsten wird geliebt in Dresden.

Kein Wunder, denn der 27 Jahre alte Torwart von Dynamo hat das Vereinswappen ganz fest in seinem Herzen verankert.

Auch nach dem bitteren Abstieg in die Dritte Liga überlegte der Keeper, dessen Vater Ulf der erfolgreichste Bundesliga-Torschütze seiner Generation war, nicht lange und hielt den Sachsen die Treue.

Vor dem Pokal-Duell gegen Schalke 04 spricht Benjamin Kirsten im SPORT1-Interview über Dynamo, S04 und ein „Wahnsinnsspiel“.

SPORT1: Herr Kirsten, Dynamo ist mit zehn Punkten aus vier Spielen erfolgreich in die Saison gestartet. Die Stimmung dürfte blendend sein?

Benjamin Kirsten: Natürlich ist der Saisonstart absolut positiv verlaufen. Es gibt zwar immer Dinge zu verbessern, aber dennoch hätte vor der neuen Runde keiner an diese Ausbeute geglaubt. Wir können hochzufrieden sein.

SPORT1: Was läuft jetzt schon besser in Dresden als in der vergangenen Saison?

Kirsten: Nach dem bitteren Abstieg fand ein Umbruch statt, es sind mit mir nur sechs Spieler geblieben, alle anderen kamen neu dazu. Ich denke, dass der Teamgeist zum jetzigen Zeitpunkt hervorragend ist. Dadurch traten wir in den ersten Spielen als Mannschaft geschlossen auf und konnten diese ersten Erfolge verbuchen. Das ist der Schlüssel zum Erfolg.

SPORT1: Sie spielen seit 2008 in Dresden, standen früher schon bei vielen Spielen im Fanblock von Dynamo. War es daher eine Herzenssache, dem Verein nach dem Abstieg treu zu bleiben?

Kirsten: Nach dem Abstieg war es für jeden Spieler eine unheimlich schwere Zeit. Wir haben eine völlig neue Situation vorgefunden. Alles, wofür wir in den Jahren davor gekämpft hatten, war dahin. Es hat einige Zeit gebraucht, bis die Wunden wieder verheilt waren. Die ersten Gespräche mit dem Verein waren sehr gut und hatten mich positiv gestimmt. Deshalb hatte ich mich dazu entschlossen, das Projekt weiter mitzugehen.

SPORT1: Andere Vereine waren wirklich kein Thema?

Kirsten: Nein. Ich habe mich nicht mit anderen Vereinen beschäftigt, weil ich nach dem Abstieg nichts an mich rangelassen habe. Die Schmach in die Dritte Liga zu müssen, war zu groß. Jetzt schaue ich nach vorne und will als Führungsspieler vorweg gehen.

SPORT1: Am Montag kommt es gegen Schalke zu einem Highlight im Pokal. Wie groß ist die Vorfreude?

Kirsten: Die ist riesig. Das war schon ein Hammerlos. Es ist ein wahnsinnig starker Gegner und hinzu kommt noch, dass wir nach einem Jahr Abstinenz wieder im Pokal ran dürfen. Nichts gegen Schalke, aber da hätte auch ein anderer Gegner kommen können und die Euphorie wäre groß gewesen. Aber Schalke ist natürlich unheimlich attraktiv und ich glaube, dass wir alle dieses Spiel genießen werden – egal, ob auf den Rängen oder auf dem Platz. Wir wollen einfach wieder Pokal-Luft schnuppern und das können wir jetzt.

SPORT1: 2011 gab es für Dynamo ein unvergessliches Pokal-Erlebnis, als man Bayer Leverkusen nach Verlängerung aus dem Wettbewerb rauswarf. Kribbelt es da noch im Nachhinein?

Kirsten: Ja. Ich saß damals zwar verletzt auf der Tribüne, aber es war ein Wahnsinnsspiel. Wir lagen 0:3 zurück, bekamen durch einen Anschlusstreffer etwas Rückenwind und haben dann das 2:3 und 3:3 gemacht. In der Verlängerung konnten wir 28 Minuten dem Druck von Leverkusen standhalten und haben dann einen Konter gesetzt und durch einen herrlichen Lupfer von Alexander Schnetzler das Spiel gewonnen. Es war eines der denkwürdigsten Spiele in Dresden. Es war einfach nur geil.

SPORT1: Sie hätten gewiss nichts gegen eine Wiederholung am Montag, oder?

Kirsten: Sicher nicht. (lacht) Auf dem Papier ist es natürlich eine klare Sache. Eigentlich. Ich denke aber, dass der DFB-Pokal gerade deshalb so attraktiv und interessant ist, weil der Kleine den Großen immer wieder schlagen kann. Das war in den letzten Jahren immer wieder der Fall. Schalke mit all seiner Qualität im Kader ist der Favorit, aber als Fußballer willst du immer ein Spiel gewinnen. Egal, ob da Schalke kommt oder Preußen Münster.

SPORT1: Wo könnte Schalke verwundbar sein?

Kirsten: Es ist das erste Pflichtspiel für Schalke und da könnte unsere Chance liegen. Sie werden aber genauso konzentriert an die Sache rangehen wie wir. Wir haben ein Heimspiel, und bei uns ist es natürlich etwas Besonderes, vor dieser Kulisse zu spielen. Das ist kein Gerede, es ist so. Die Stimmung wird wahnsinnig sein, und die Fans werden uns nach vorne peitschen. Auf unsere Fans können wir immer zählen. Wir müssen einfach auf die kleine Chance hoffen, die wir haben. Ich freue mich unheimlich auf das Spiel.

SPORT1: Vor welchem Schalker haben Sie am meisten Respekt?

Kirsten: Da gibt es so viele gute Spieler, die auf einem international hohen Level spielen, da könnte man fünf, sechs Jungs nennen, die sehr stark sind. Man darf nicht vergessen, dass die Weltmeister zurück sind. Es gibt sicher ein besonderes Flair und es kribbelt bei jedem von uns, wenn diese top Spieler bei uns auflaufen. Es wäre nicht gerecht, jemanden hervorzuheben, weil der ganze Verein von der Tradition her ein mächtiges Gewicht in der Liga hat.

SPORT1: Kann Schalke in der neuen Saison ein Wörtchen um den Titel mitreden?

Kirsten: Ich glaube schon, dass Schalke die Qualität dazu hat. Die letzten Jahre spielte der Klub auf einem konstant guten Niveau und man gehört zweifelsohne zu den Teams, die das große Ding unter sich ausmachen werden.

SPORT1: Glauben Sie, dass die einjährige Pokalsperre manchen Fan zum Nachdenken gebracht hat?

Kirsten: Ich hoffe es sehr. Diese Sperre tat weh. Viele Spieler hätten im letzten Jahr gerne die Erfahrung gemacht auch mit dem Hintergrund, dass wir zwei Jahre zuvor Leverkusen besiegen konnten. Die Strafe haben wir als Verein akzeptiert und blicken nun in eine positivere Zukunft. Damit können wir am Montag beginnen.