Zürich – David Storl bleibt Europas klare Nummer eins.
Der Kugel-Koloss aus Chemnitz hat seinen EM-Titel erfolgreich verteidigt und dem deutschen Team einen goldenen Auftakt in Zürich beschert.
Mit 21,41 m blieb der 24 Jahre alte zweimalige Weltmeister zwar deutlich unter der angestrebten Traummarke von 22 Metern, setzte sich aber dennoch ungefährdet vor dem Spanier Borja Vivas (20,86) und Polens Olympiasieger Tomasz Majewski (20,83) durch.
SHOP: Jetzt Leichtathletik-Artikel kaufen
Storl ärgert sich
„Ich habe mich wirklich geärgert, dass ich meine Linie verloren habe und nicht mehr so angreifen konnte, wie ich wollte. Ich wollte Bestleistung stoßen und die Kulisse nutzen. Aber dann habe ich mich von Kleinigkeiten ablenken lassen und irgendwann den Faden verloren“, sagte Storl bei „Eurosport“.
Der 1,98-m-Hüne ließ sich trotzdem mit der Deutschland-Fahne um die Schultern von den Fans feiern und schrieb jede Menge Autogramme.
„Die 22 Meter habe ich verpasst, aber mit dem Gold bin ich natürlich sehr zufrieden“, sagte er.
Vierter großer Titel für Storl
„David kann sich hier nur selber schlagen, aber das wird er nicht“, hatte Storls Erfolgstrainer Sven Lang vor der EM gesagt, und er behielt recht.
Allerdings war Lang mit der Leistung seines Musterschülers nicht ganz zufrieden und schüttelte auf der Tribüne regelmäßig den Kopf.
Für Storl war es aber nach den WM-Erfolgen 2011 und 2013 sowie dem EM-Gold 2012 bereits der vierte große Titel in seiner immer noch jungen Laufbahn.
22 Meter nicht erreicht
Storl, der sich im Juli in London auf 21,97 m gesteigert hatte, wollte aber in Zürich Größeres erreichen.
„Auf die 22 Meter lege ich mehr Augenmerk als auf den Titel“, hatte er vor der EM gesagt. Als dritter Deutscher wollte er die magische Marke packen.
Bislang ist dies nur Europarekordler Ulf Timmermann (Bestleistung 23, 06/1988) und Olympiasieger Udo Beyer (22,64/1986) jeweils für die DDR gelungen. Beyer hatte zudem als letzter Kugelstoßer vor Storl seinen EM-Titel erfolgreich verteidigt (1978/1982).
Siegesweite im ersten Durchgang
In einem einseitigen Wettkampf sorgte Storl bereits im ersten Durchgang mit der Siegesweite für klare Verhältnisse. Ab dem zweiten Stoß ging Storl für sich auf Weitenjagd – und verkrampfte dabei.
Frustriert lag er nach seinem dritten Versuch auf dem Rücken und wirkte ratlos, hatte nur drei gültige Stöße.
Körperliche Probleme als Bremse
Womöglich musste Storl, der sich in den Vorjahren stets beim Saisonhöhepunkt noch einmal gesteigert hatte, seinen körperlichen Problemen der vergangenen Wochen Tribut zollen.
Beim Meeting in Glasgow Mitte Juli hatte er sich eine Knieverletzung zugezogen, danach musste er mit gebremstem Schaum stoßen.
Auf die effektivere, aber belastendere Umspring-Technik, die laut Lang „60, 70 Zentimeter bringt“, verzichte Storl weitgehend, so auch in Zürich.
Rückenverletzung kurz vor der EM
Zudem hatte er sich kurz vor der EM beim Training in Kienbaum am Rücken verletzt.
„Die vergangene Woche war deswegen echt hart, aber die Ärzte und Physios haben einen super Job gemacht“, sagte Storl.
Lockere Qualifikation
Dass ihm im Stadion Letzigrund niemand ernsthaft gefährlich werden würde, hatte Storl schon in der Qualifikation gemerkt, die er locker mit 20,76 m gewann.
„Es sind keine 21 Meter geworden, weil die Quali sehr früh war – ich musste um halb sechs aufstehen“, meinte der Champion: „Aber ich habe mich problemlos mit dem ersten Versuch qualifiziert, das war bei anderen Meisterschaften nicht so.“
Schokolade von Majewski
Nach dem Vorkampf ließ sich Storl mit einem Stückchen Trüffelschokolade von Kontrahent Majewski beschenken („superlecker“).
Außerdem freute er sich über eine Motivations-SMS von Ex-Europameister Ralf Bartels und verzog sich danach zum ausgiebigen Mittagsschlaf – die Ruhe in der Kraft ist schließlich Storls große Stärke.
Dritter WM-Titel im Blick
Bei allen Erfolgen gehen Storl die Ziele in den kommenden Jahren nicht aus.
Im kommenden Jahr kann er in Peking zum dritten Mal Weltmeister werden – als einzigem Stoßer ist dies bislang dem Schweizer Werner Günthör (1987, 1991, 1993) gelungen, der am Dienstag als Experte des nationalen Fernsehens im Letzigrund war.
2016 soll in Rio de Janeiro dann der noch fehlende Olympiasieg her. Storls Karriere wäre vollendet – mit dann gerade einmal 26 Jahren.