Als Hasan Salihamidzic als 15-Jähriger zu Verwandten nach Deutschland geschickt wurde, da hatte das einen furchtbaren Hintergrund.
Der Bosnienkrieg war in seiner Heimat im vollen Gange. Und der talentierte Fußballer sollte eine faire Chance bekommen.
“Ich war klar im Kopf, als ich nach Deutschland gekommen bin. Ich wollte Fußball-Profi werden”, erinnerte sich der heute 44-Jährige im STAHLWERK Doppelpass auf SPORT1: “Jeder, der in Deutschland Gas gibt, bekommt eine Chance. Wenn man alles dafür tut, kriegt man in Deutschland eine Chance.”
Salihamidzic tat alles dafür und kämpfte sich von der Jugendabteilung des Hamburger SV bis in den Profikader. In seiner Motivation war er geprägt von dem Erlebten in seiner Heimat.
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Salihamidzic: “Wir hatten eine Waffe unter dem Bett”
“Der Krieg fing an, als ich bei der U16-EM in Zypern war. Dann kam ich zurück nach Bosnien. Da war es schwierig”, schilderte Salihamidzic: “Wir hatten eine Waffe unter dem Bett, und wenn die Linie gefallen wäre, hätte ich die Familie verteidigen müssen. Das hat geprägt, aber ich hatte eine super Erziehung.” (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)
Seine Geburtsstadt Jablanica gehört heute zu Bosnien-Herzegowina. Im Jahr 1992 hatte er die kleine Stadt in Richtung Hamburg verlassen, drei Jahre später endete der Bosnienkrieg. Im selben Jahr debütierte Salihamidzic für den HSV in der Bundesliga.
Seinen Spitznamen “Brazzo” erhielt er in der Hansestadt. Er leitet sich von dem bosnischen Wort “Braco” für Bürschchen ab. Und das Bürschchen machte sich in Hamburg schnell einen Namen. Der Mittelfeldspieler avancierte noch in seinem ersten Profi-Jahr zum Stammspieler und machte sich schließlich zu einer großen Karriere auf.
Salihamidzic gewinnt mit dem FC Bayern alles
Mit dem FC Bayern gewann Salihamidzic die Champions League, den Weltpokal, sechs Deutsche Meisterschaften und viermal den DFB-Pokal. Er erhielt die deutsche Staatsbürgerschaft, vergaß aber nie seine Wurzeln. Viermal wurde das Bürschchen aus Bosnien-Herzegowina in seiner Heimat zum Fußballer des Jahres ernannt. Brazzo absolvierte 43 Länderspiele.
Lionel Messi verlässt den FC Barcelona. Im Stahlwerk Doppelpass nennt Hasan Salihamidzic die Möglichkeiten einen solchen Superstar zu verpflichten.
Nach neun Jahren in München wagte Salihamidzic noch ein Abenteuer bei Juventus Turin. Seine Karriere endete anschließend in Wolfsburg. Fünf Jahre nach dem Karriereende folgte die Rückkehr in die bayerische Landeshauptstadt.
“Als Spieler habe ich mich immer mit dem FC Bayern identifiziert. Da war ich stolz und ich bin stolz jetzt in dieser Position”, sagte der heutige Sportvorstand des deutschen Rekordmeisters.
Effenberg singt Loblied auf Salihamidzic
Auf seiner neuen Position war Salihamidzic nicht immer unumstritten. Mit Stefan Effenberg glaubt ein ehemaliger Weggefährte aus Münchner Spielerzeiten, dass die Kritik nicht berechtigt ist.
“Der Erfolg gibt ihm Recht. Er hat in vier Jahren so viel erreicht wie kein anderer zuvor”, sagte SPORT1-Experte Effenberg im STAHLWERK Doppelpass: “Er hat nicht den engen Draht zu den Boulevardmedien, deswegen wurde ihm das Leben schwergemacht. Jetzt steht er aber hier und stellt sich den Fragen. Das tut er, auch wenn es keine einfache Situation ist. Das ist Hasan, er geht nicht in Deckung und verkriecht sich. Er kommt raus, wenn es an der Zeit ist. Und deswegen ist er auch der richtige Mann beim FC Bayern in seiner Position.”
“Wir sind im Jahr 1998 zusammen zu den Bayern gekommen”, erinnerte sich Effenberg, der von seinem Mitspieler vor allem wegen dessen Wissbegierde begeistert war: “Er hat immer zugehört und wollte lernen. Er war unverzichtbar. Brazzo weiß genau, wo er herkommt. Er hat mir vor der Sendung gesagt, dass er weiterhin ein sehr intensives Verhältnis zu seinen Eltern hat. Das zeichnet ihn aus.”
Auch die Einstellung des heutigen Funktionärs beeindruckte Effenberg. “Er war immer bereit, alles zu geben”, lobte der frühere Kapitän: “Nicht nur am Samstag, sondern in jedem verdammten Training.”
Salihamidzic “für Kritik immer offen”
Auch in seinem Job nach der aktiven Karriere gilt Salihamidzic als fleißig und ehrgeizig. “Ich rede nicht gern über mich selbst. Ich bin für Kritik immer offen”, sagte er.
Unter ihm seien “gute und weniger gute Transfers getätigt” worden, räumte er ein. Er sei zufrieden, wolle aber natürlich mehr. Ansonsten wäre er auch nicht mehr das Bürschchen aus Bosnien-Herzegowina, das vor mittlerweile fast 30 Jahren nach Hamburg kam.
“Uli Hoeneß kann man nicht ersetzen, genauso wenig wie Karl-Heinz Rummenigge. Wir haben die Aufgabe, das weiterzuführen”, umriss er den gemeinsamen Auftrag an ihn und den neuen Vorstandsboss Oliver Kahn an der Säbener Straße: “Wir mussten den Übergang schaffen. Genauso jetzt. Wir müssen weiterentwickeln – gemeinsam mit Julian Nagelsmann.” (SERVICE: Bundesliga-Spielplan zum Ausdrucken)