Von Denis de Haas

München – Sie feierten schon auf der Fanmeile, als Xavier Naidoo noch den Vorsänger machte. Nun tanzten die Weltmeister Philipp Lahm, Lukas Podolski, Per Mertesacker, Bastian Schweinsteiger und Miroslav Klose zu einem Lied von Helene Fischer.

Zwischen den WM-Songs „Dieser Weg“ und „Atemlos“ liegen acht Jahre, ein verlorenes Endspiel, zwei Halbfinal-Niederlagen und schließlich der Titelgewinn in Brasilien.

Wenn 2016 nach der EM wieder eine Party in Berlin steigen sollte, wird Philipp Lahm nicht mehr auf der Bühne stehen. Der langjährige Kapitän kündigte fünf Tage nach dem Triumph von Rio de Janeiro seinen Rücktritt an.

„Ich bin glücklich und dankbar, dass mein Karriereende in der Nationalmannschaft mit dem Gewinn der Weltmeisterschaft in Brasilien zusammenfällt“, sagte der 30-Jährige.

Grill erinnert an Verdienste

Sein Berater Roman Grill hob zudem Lahms Verdienste für die Nationalmannschaft hervor. „Philipp ist absolut auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Er will auch so gesehen werden, er hat seine Pflicht in der Nationalmannschaft erfüllt“, sagte der Spielerberater im Gespräch mit SPORT1.

Dieser Satz trifft auch auf Lahms langjährige Weggefährten zu. Podolski (29), Schweinsteiger (29), Mertesacker (29) und Klose (36) – sie alle haben immer wieder neue Anläufe genommen, um Titel zu gewinnen und belohnten sich schließlich in Brasilien.

Die Spieler aus dem verbliebenen Quartett hätten also gute Gründe, ihre vollendete Karriere im DFB-Team zu beenden. Lahms Rücktritt könnte einen Domino-Effekt auslösen.

Selbst Bastian Schweinsteiger, der als heißer Anwärter auf den Kapitänsposten gilt (BERICHT: Nachfolger für den dreifachen Lahm), besitzt Argumente für einen Abschied aus der Nationalmannschaft.

Verschleiß bei Schweinsteiger

An ihm hat das Profi-Geschäft deutliche Spuren hinterlassen. Seit einem Jahrzehnt erlebt Schweinsteiger die Vierfach-Belastung aus Bundesliga, DFB-Pokal, Champions League und Länderspielen. Der Verschleiß macht sich beim defensiven Mittelfeldspieler bemerkbar.

In der vergangenen Saison verpasste er aufgrund vier verschiedenen Verletzungen insgesamt 28 Pflichtspiele bei den Bayern. Und nach jeder Blessur brauchte Schweinsteiger seine Zeit, um sich wieder ranzukämpfen.

„Werde dich vermissen“

Kurz nach Lahms Rücktritterklärung klang es bei Schweinsteiger allerdings noch so, als stünden in seinem Karriereplan weitere Länderspiele.

„Werde dich bei der Nationalmannschaft vermissen, mein Freund!“, twitterte der 29-Jährige.

Bei den anderen könnten sportliche Gründe zu einem Rücktritt führen. Lukas Podolski ist der zwar der jüngste Verbliebene aus der 2006er-Mannschaft. Doch nach einer enttäuschenden WM ist es fraglich, wie viele Einsätze der Arsenal-Stürmer seinen 116 Länderspielen noch hinzufügen darf.

In Brasilien glänzte Podolski als Stimmungskanone im Campo Bahia. Doch auf dem Platz hatte er nur eine Nebenrolle. Bundestrainer Joachim Löw gönnte Podolski ganze 53 Minuten Spielzeit, stellte auf links lieber Mesut Özil oder Mario Götze auf und zog als Joker Andre Schürrle vor.

Druck durch Reus, Draxler und Meyer

Und der Konkurrenzkampf wird noch härter: Marco Reus dürfte beim wichtigen EM-Qualifikationsspiel in Polen am 11. Oktober wieder genesen und im Offensivbereich gesetzt sein. Dazu meldet WM-Held Götze Ansprüche auf die Startelf an.

Und auch die Schalker Julian Draxler und Max Meyer könnten den Linksaußen in der internen Reihenfolge überholen.

Podolskis Londoner Teamkollege Per Mertesacker hat ebenfalls seinen Stammplatz verloren. Die Kombination Jerome Boateng und Mats Hummels entpuppte sich in der K.o.-Phase der WM als das bessere Duo. Beide haben gegenüber Mertesacker Vorteile in den Punkten Tempo und Spielaufbau.

Titel und Torrekord

Beim Oldie im DFB-Team erwarten die Fans derweil beinahe täglich eine Rücktrittserklärung: Miroslav Klose hat mit 36 Jahren ja nicht nur seinen ersten Titel mit der Nationalmannschaft gefeiert, sondern auch Ronaldos Torrekord gebrochen.

Doch über seine Zukunft geäußert hat sich Klose noch nicht. Womöglich greift er auch bei der EM-Qualifikation wieder an und bleibt am Ende als Letzter aus der Generation Sommermärchen über.