Der ganze Frust, der sich bei den Washington Commanders in den vergangenen Wochen angestaut hat, entlud sich in einer Szene.
Die Gegner der Detroit Lions hatten gerade eine 2-Point-Conversion nach einem Touchdown geschafft und damit auf 22:3 erhöht – und dann rastete Daron Payne aus.
NFL: Commanders stürzen brutal ab
Der Defensive Tackle schlug dem deutschen Star Amon-Ra St. Brown ins Gesicht, wurde von den Schiris vom Feld geschickt (und inzwischen auch für ein Spiel gesperrt). Im folgenden Gerangel der Stars ging Javon Kinlaw zu allem Überfluss noch einen Schiri unsanft an und bekam dafür direkt weitere 15 Yards Strafe für unsportliches Verhalten. Die Nerven beim NFL-Team sind nach der nächsten Klatsche vor den Augen von US-Präsident Donald Trump am Ende. Das machten die Geschehnisse deutlich. Das ist aber nach einem krassen Absturz auch kein Wunder.
Washington ist das erste Team seit über 20 Jahren, das vier Spiele in Folge mit mindestens 21 Punkten Unterschied verliert. Fünf Pleiten gab es zuletzt in Serie. Die Mannschaft kam regelmäßig komplett unter die Räder. 22:44 gegen die Dallas Cowboys, 7:28 gegen die Kansas City Chiefs, 14:38 gegen die Seattle Seahawks und nun das 22:44 gegen die Detroit Lions stehen zu Buche.
Der durchaus gute Saisonstart mit drei Siegen aus den ersten fünf Spielen ist längst vergessen. Die Playoffs sind in dieser Saison nahezu schon unmöglich. „Wir müssen ganz ehrlich und transparent sein“, sagte Spielmacher Marcus Mariota bei NBC Sports: „Ich glaube nicht, dass wir die sind, für die wir uns halten.“
Einige sahen Washington als Super-Bowl-Anwärter
Dabei hatte sich ein solcher Horror nicht angebahnt. Denn eigentlich waren die Commanders eines der heißesten Teams vor Saisonstart und wurden von einigen als Anwärter auf den Super Bowl gesehen.
In der vergangenen Spielzeit hate Washington nach Jahren der Mittelmäßigkeit mit dem damaligen Rookie-Quarterback Jayden Daniels das NFC Championship Game erreicht – die letzte Hürde vor dem Super Bowl. Sie scheiterten am späteren Champion Philadelphia Eagles und schalteten zuvor die Lions aus. Nun gab es die Revanche. Und diese endete ganz anders als vor einigen Monaten.
Doch was ist passiert in Washington?
Verletzungspech epischen Ausmaßes
Das größte Problem ist ein Verletzungspech epischen Ausmaßes. Spielmacher Jayden Daniels war bisher ständig verletzt, hat sich zuletzt den linken Ellbogen ausgekugelt und fällt länger aus. Eine Rückkehr in dieser Saison ist ungewiss. Sein Ersatz Marcus Mariota hat bei weitem nicht mehr das Niveau vergangener Tage.
Mit Terry McLaurin machte zudem der beste Receiver nur vier Spiele bisher. Viele weitere Stars auf wichtigen Positionen fehlen ebenfalls.
Dabei hatte Washington in der Saisonpause zur Attacke geblasen. McLaurin bekam einen Mega-Vertrag und kassiert für 3 Jahre rund 96 Millionen Dollar. Das Geld lohnte sich bisher überhaupt nicht.
Auch in der schwachen Defensive wurde einiges an Geld in die Hand genommen. Doch nun ist sie noch schlechter als zuvor.
Kein Team hat so viele Yards zugelassen (3.946 nach 10 Spielen), 280 zugelassene Punkte sind ebenfalls weit oben im Negativ-Ranking: Nur die ebenfalls völlig desaströse Verteidigung der Cincinnati Bengals ist aktuell schlechter. Gegen keine andere Mannschaft hat der gegnerische Quarterback so viel Spaß wie gegen Washington mit bisher 2.602 Yards durch Pässe.
Das kann die in dieser Saison nur noch durchschnittliche Offensive nicht auffangen. Ein Beleg: Deebo Samuel ist bester Receiver des Teams mit nur 396 Yards. Ligaweit ist er damit auf Rang 51!
Washington-Defensive eine Lachnummer
Den Commanders fehlt zudem frischer Wind durch junge und gute Talente aus dem Draft. Reihenweise floppten die ausgewählten Spieler. Auch der deutsch-amerikanische Offensive Tackle Brandon Coleman, im vergangenen Jahr noch ein Drittrundenpick, hat kaum Einfluss.
Vor dem Spiel gegen die Miami Dolphins stiegen die Stars deshalb wohl kaum mit gutem Gefühl in den Flieger. Gibt es nun große personelle Veränderungen mit Entlassungen?
„Nein, ganz im Gegenteil“, antwortete Head Coach Dan Quinn. „Ich bin froh, dass wir heute Abend gemeinsam aufbrechen. Manchmal, wenn man eine schwierige Phase durchmacht, braucht man einfach alle zusammen. Man spricht darüber, was man besser machen kann und was man tun kann.“
Der Trainer will auf der Reise nach Europa einen neuen Teamgeist wecken, um mit Blick auf den Rest der Saison das Schlimmste noch zu verhindern. Oder ist es dafür schon zu spät?