Rainer Schüttler hatte plötzlich ziemlich Stress. Kurz vor dem Beginn der Mission Klassenerhalt der deutschen Tennis-Frauen beim Billie Jean King Cup in Ismaning musste der Teamkapitän umplanen. Nach Tatjana Maria winkte auch Laura Siegemund kurzfristig wegen Rückenbeschwerden ab. Die Nachnominierung von Nachwuchshoffnung Tessa Brockmann sorgte im Vorfeld des Turniers für ordentlich Wirbel.
Die deutsche Mannschaft geht die Aufgabe nun in deutlich anderer Aufstellung an, als es ihr Teamchef geplant hatte. Schüttler ärgerte sich über das aufwendige Prozedere zur Nachnominierung der erst 19 Jahre alten Brockmann.
Tennis-Wirbel um deutsches Team
„Für mich ist das Prozedere der ITF sehr unverständlich. Wenn man Persos, Pässe, Zeugnisse und Geburtsurkunden einreicht, sie zudem nie für ein anderes Land gespielt hat – das ist ein bisschen komisch und keine Entscheidung für den Sport, wie das gelaufen ist“, sagte der 49-Jährige: „Ich denke, da müsste man bei der ITF ein bisschen was überdenken.“
Weiter erklärte er: „Das Problem ist, dass man einen Pass nachweisen muss, der älter als zwei Jahre ist. Wenn man einen neuen Pass macht, gibt man den alten aber normalerweise ab. In dem Fall war es so, dass der alte Pass nicht mehr da war, um ihn vorzuzeigen. Aber der Personalausweise, Geburtsurkunde, Zeugnisse aus der Schule, Bestätigung vom Amt. Da hat die ITF gesagt, der alte Pass ist nicht da und den Personalausweis akzeptieren wir nicht. Das ist natürlich komisch, wenn das ein offizielles Dokument ist.“
Brockmann bricht mitten im Training auf
Für Brockmann bleibt die Nominierung trotz des aufwendigen Kampfes um die Spielerlaubnis aber ein besonderer Moment.
„Ich habe den Anruf mitten im Training bekommen“, verriet Brockmann auf SPORT1-Nachfrage und erklärte: „Das hat mich natürlich riesig gefreut. Ich habe direkt alles stehen- und liegengelassen. Ich bin nach Hause gefahren, habe meine Sachen gepackt und bin in den nächsten Flieger gestiegen.“
Schüttler fehlen zwei Top-50-Spielerinnen, Favorit bleibt sein Team dennoch. Keiner der Konkurrenten bietet Spielerinnen aus den Top 100 auf. Lys, deutsche Nummer eins zum Jahresende der WTA, kletterte dagegen mit beständigen Leistungen in der Weltrangliste auf Platz 40. Auch Debütantin Ella Seidel hat die Top 100 der Welt geknackt und kann ihr Talent immer mehr in Ergebnisse ummünzen.
Deutschland kämpft mit Lys und Co. gegen den Abstieg
„Es sind beides sehr starke Mannschaften, aber wir sind auch gute Spielerinnen und ich habe das Gefühl, dass wir als Team auf jeden Fall eine gute Chance am Wochenende haben“, sagte Lys.
„Ich freue mich sehr, dass ich im Team dabei bin. Es wäre für mich eine Ehre, wenn ich spielen dürfte, aber ich unterstütze das Team auch so. Wir sind ein sehr cooles Team, wir verstehen uns auf und neben dem Platz sehr gut“, meinte Seidel auf SPORT1-Nachfrage. Die 20-Jährige war im April, als die Nationalmannschaft die Final-Teilnahme in dem einstigen Fed Cup mit Niederlagen gegen die Niederlande und Großbritannien verpasste, wie Lys, nicht dabei.
Damit verpasste der DTB, der 1987 und 1992 zu Zeiten von Steffi Graf zweimal die Trophäe gewinnen konnte, erstmals seit 2022 die Endrunde. Jetzt soll für das Team, das Anna-Lena Friedsam und Jule Niemeier komplettieren, trotz aller Widrigkeiten ein versöhnlicher Jahresabschluss her. Denn im nächsten Jahr wollen Lys und Co. neu angreifen.
Deutschland hofft auf Verbleib in der Spitzengruppe
Zum Abschluss einer langen Tennissaison wirkt sich die starke körperliche Belastung durch die Ausfälle vor dem Billie Jean King Cup auch auf die Auswahl des Deutschen Tennis Bundes (DTB) aus, die am Freitag (ab 15.00 Uhr) zunächst auf die Türkei trifft.
Am Sonntag (ab 13.00 Uhr) könnte dann gegen Belgien die Entscheidung fallen. Das Ziel ist klar: Der insgesamt 100. Sieg im Wettbewerb und der Verbleib in der Spitzengruppe, der nur dem Sieger der Dreiergruppe gelingt.
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Mit Sport-Informations-Dienst (SID)