Der Rückstand? Drei Punkte und 16 Tore. Die verbleibende Zeit? Zwei Spiele. Der Auftrag für Italiens stolze Fußballer klingt nach einer Mission Impossible. Im Fernduell mit Erling Haaland und dessen Norwegern droht der Squadra Azzurra schon heute Abend der K.o. auf dem direkten Weg zur WM 2026.
Wobei: Ein „drohender Knock-out“ ist noch sehr vorsichtig ausgedrückt für die Ausgangslage, in der sich das Team von Trainer Gennaro Gattuso befindet. In Italien glaubt kaum noch jemand daran, dass die Azzurri Platz eins in Gruppe I erobern könnten.
Im Gegenteil: Wenn Italien am späten Abend (20.45 Uhr) zum Auswärtsspiel gegen die Republik Moldau in der WM-Qualifikation antritt, dürfte das Schicksal der Azzurri schon besiegelt sein. Sollten nämlich die Norweger ihr Heimspiel am frühen Abend (18 Uhr) gegen den Fußballzwerg Estland gewinnen, wäre der Gruppensieg aufgrund der Tordifferenz de facto entschieden. Die abschließende Partie Italiens im altehrwürdigen Giuseppe Meazza in Mailand am Sonntag (20.45 Uhr) gegen Norwegen hätte keine Bedeutung mehr.
Wird der „amerikanische Traum“ verschoben?
Eine Erkenntnis, die auch in der italienischen Presse angekommen ist. So schrieb die Gazzetta dello Sport: „Wir sind nicht Herren unseres Schicksals. Wir wissen das nun schon seit einiger Zeit und haben es akzeptiert.“
Der Corriere dello Sport vermutete im Falle einer Vorentscheidung durch Norwegen sogar: „Gattusos Italien wird eine Stunde vor seinem Betreten des Feldes in Chisinau in den Freundschaftsmodus wechseln und sich mit nicht allzu leichtem Geist auf die Playoffs vorbereiten. Der amerikanische Traum wurde auf März verschoben.“
Italiens Nationaltrainer nahm das Duell jedoch keinesfalls auf die leichte Schulter. „Das wird kein einfaches Spiel“, sagte Gattuso zur Aufgabe in Moldau: „Ich erwarte maximales Commitment, um das fortzusetzen, was wir im September begonnen haben.“ Seit der Trennung von Luciano Spalletti hat Italien unter Gattuso vier Siege in Folge mit insgesamt 16 Toren eingefahren.
Italien zwischen Akzeptanz und Furcht vor den Playoffs
Trotz aller Akzeptanz der Situation fürchten sie sich im Land des Calcio vor dem finalen Doppelspieltag schon wieder vor den WM-Playoffs. Jenen Entscheidungsspielen also, die in jüngerer Vergangenheit schon zweimal im Fiasko endeten.
2022 scheiterte man nach einer 0:1-Niederlage im Halbfinale an Nordmazedonien. 2018 unterlag man Schweden im Hinspiel der Playoffs ebenfalls mit 0:1 und kam beim Rückspiel drei Tage später nicht über ein 0:0 hinaus.
„Die einzige Hoffnung, die Playoffs zu vermeiden, besteht darin, dass Norwegen einen Doppelfehler begeht“, kommentierte La Repubblica am Mittwoch.
WM-Qualifikation: Italien vor „nie dagewesener Situation“
Alles Hoffen, Bangen und Beten kann den Blick auf die nackten Tatsachen aber nicht verschleiern. Vom Stolz vergangener Tage ist beim viermaligen Weltmeister anno 2025 nicht viel geblieben. „Wir befinden uns in einer nie dagewesenen Situation“, sagte der frühere italienische Nationalstürmer Aldo Serena der Sportschau: „Nach zwei verpassten Turnieren droht nun das dritte WM-Aus in Folge.“
Zumal die Nationalmannschaft bei den Spielern offenbar nicht mehr die höchste Priorität genießt. Federico Chiesa vom FC Liverpool lehnte eine Einladung Gattusos ab. „Ich muss respektieren, was der Spieler mir sagt. Mehr kann ich dazu nicht sagen“, sagte Gattuso angefressen.
Immerhin bliebe auch bei Platz zwei hinter den Norwegern, die das Hinspiel gegen Italien mit 3:0 gewonnen haben, der Umweg über die gefürchteten Playoffs. 16 Teams kämpfen im März 2026 bei vier Mini-Turnieren mit Halbfinale und Finale um die dann vier verbliebenen WM-Tickets. Die Auslosung findet am 20. November in Zürich statt.
—–
Mit Sport-Informations-Dienst (SID)