Der FC Southampton könnte nach turbulenten Wochen auf eine unerwartete, aber spannende Lösung setzen: Tonda Eckert, 32 Jahre alt und bis vor kurzem Trainer der U23, kann sich berechtigte Hoffnungen machen, dauerhaft Chefcoach des Premier-League-Absteigers zu werden. Eine Entwicklung, die sich nach den vergangenen beiden Spielen bereits abgezeichnet hatte.
Southampton hatte für Eckert ein Arbeitsvisum für die kommenden Partien beantragt, um mit ihm weiterarbeiten zu können. Wie SPORT1 weiß, hat der Verein dieses für die nächsten Spiele bereits erhalten – Eckert darf also erst einmal weitermachen.
Brisant: Englands Arbeitsrecht ist extrem kompliziert, besonders im Fußball. Vereine müssen gegenüber den Behörden detailliert begründen, warum sie einen ausländischen Trainer einem englischen Bewerber vorziehen.
Erschwerend kommt hinzu, dass Eckert als U23-Trainer über ein anderes Visum verfügte – deshalb gestaltet sich das Verfahren nun so aufwendig.
Deutscher Trainer darf „sehr wahrscheinlich weitermachen“
Auch englische Medien berichten von einer positiven Tendenz. Die BBC schreibt, dass es „trotz anders lautender Berichte sehr wahrscheinlich sei, dass Eckert als Cheftrainer weitermachen darf“. Eigentlich sei geplant gewesen, während der Länderspielpause einen neuen Trainer zu verpflichten – doch Eckert habe „die Bosse in seinen zwei Spielen überzeugt“.
The Athletic zeichnete ein eindrucksvolles Bild seiner ersten Minuten als Interimstrainer: Als der ebenfalls deutsche Sportdirektor Johannes Spors ihn der Mannschaft vorstellte, habe Eckert zunächst geschwiegen und stattdessen „jedem Spieler in die Augen geschaut“. Dann sagte er nur: „Hungrige Augen. Ich will hungrige Augen sehen.“
Laut Quellen aus der Kabine habe diese Szene sofort die volle Aufmerksamkeit der Mannschaft auf sich gezogen. Seine klaren Botschaften und seine Ansprache zeigten Wirkung: Kurz darauf feierte Southampton Anfang November einen Auswärtssieg bei den Queens Park Rangers – den ersten Ligasieg seit dem 30. September.
Zwei Southampton-Siege in Folge
Nach dem Rauswurf von Will Still war Eckert zunächst als Interimslösung vorgesehen. Wie er die Mannschaft jedoch in kurzer Zeit stabilisierte, überraschte selbst die Klubführung.
Fest steht inzwischen: Zumindest in den kommenden drei Pflichtspielen wird Eckert das Team anleiten. Parallel laufen Gespräche über einen längerfristigen Vertrag.
Aktuell steht Southampton nach Jahren voller Unruhe auf Platz 17 in der Championship – mit zwei Siegen in Folge unter Eckert zeigt der Trend nach oben.
Im Sommer investierte Southampton rund 56 Millionen Euro in den Kaderumbau. Unter anderem kamen: Damion Downs (21, acht Millionen Euro, 1. FC Köln), Caspar Jander (22, zwölf Millionen Euro, 1. FC Nürnberg), Leo Scienza (27, neun Millionen Euro, 1. FC Heidenheim) und Joshua Quarshie (21, 3,5 Millionen Euro, TSG Hoffenheim). Gerade für diese jungen Spieler gilt Eckert als idealer Coach: taktisch modern, kommunikativ, analytisch, mit tiefem Verständnis für Talententwicklung.
Im Alter von 32 Jahren übernimmt Eckert erstmals eine Profi-Mannschaft. Stationen beim FC Bayern und bei RB Leipzig prägten seinen Stil, unter anderem als Co-Trainer von Miroslav Klose, Alexander Blessin und Marco Rose. Der Fokus: mutiger, variabler Fußball – und eine klare Entwicklungsphilosophie.
Deutsche Trainerhoffnung beeindruckt
Eigentlich wollte Sportdirektor Spors die Länderspielpause nutzen, um einen neuen Cheftrainer zu verpflichten. Der 43-Jährige, der zuvor für Hoffenheim, RB Leipzig und den HSV arbeitete, gilt als international angesehener Kaderarchitekt. Wie SPORT1 erfahren hat, soll Juventus Turin ihn intern sogar als möglichen Sportdirektor-Kandidaten diskutiert haben.
Doch jetzt hat Interimstrainer Eckert eine realistische Chance, auch dauerhaft Cheftrainer des englischen Traditionsvereins zu bleiben. Für Southampton wäre eine Beförderung Eckerts eine mutige Entscheidung: Der Klub würde sein ambitioniertes Aufstiegsprojekt bewusst in die Hände eines jungen Trainers aus dem Ausland legen statt auf einen etablierten und den Fans vertrauten Namen von der Insel zu setzen.
Doch der Deutsche hat kräftig Werbung in eigener Sache gemacht. Für Eckert könnte es der Schritt vom hochgelobten Nachwuchsentwickler zum nächsten deutschen Trainerexport in England werden – auf den Spuren von Danny Röhl, David Wagner, Daniel Farke oder Fabian Hürzeler.