„Das Beste kommt noch.“ Unter diesem Motto startete Real Saragossa 2022 die erste Dauerkartenkampagne nach dem Einstieg einer Gruppe amerikanischer Investoren. Fast vier Jahre später steckt der Klub in einer der größten Krisen seiner Historie. „In Wahrheit steht das Schlimmste noch bevor – der Abstieg“, stellte die Marca fest.
In der zweiten spanischen Liga liegt der sechsmalige spanische Pokalsieger mit nur sechs Punkten abgeschlagen auf dem letzten Tabellenplatz und blickt auf einen der schlechtesten Saisonstarts in der Geschichte. Vor 21 Jahren war mit Córdoba (fünf Punkte) letztmals ein Team nach 13 Spielen in Liga zwei schlechter.
Als die „Glorreichen“ Real Saragossa berühmt machten
Die Glanzzeit der „Glorreichen“ in den 1960er-Jahren scheint inzwischen wie aus einer anderen Welt. Seinerzeit wurde die Mannschaft als „Los Magnificos“ gefeiert, angelehnt an den Film „Die glorreichen Sieben“. Viermal in Folge erreichte Saragossa das Finale des spanischen Pokals, 1964 und 1966 holte Real den Titel.
Das ist lange her. Auch der Triumph im Europapokal der Pokalsieger 1995 jährt sich heuer zum 30. Mal.
Auch die Fußabdrücke prominenter Ex-Profis wie Andi Brehme, David Villa oder Diego Milito scheinen immer mehr zu verwischen, während der Verein endgültig zu versinken droht.
Investoreneinstieg führt zu kontinuierlichem Abstieg
Seit dem Abstieg aus La Liga in der Saison 2012/13 kehrte der Klub aus Aragonien nicht mehr ins spanische Oberhaus zurück und verzeichnet seit dem Investoreneinstieg einen stetigen sportlichen Abstieg. Die Platzierungen der vergangenen vier Saisons: Platz 10, 13, 15, 18 und in diesem Jahr der bisherige Tiefpunkt auf Rang 22.
Der Rückstand auf Platz 21 beträgt bereits sechs Punkte. Bis zu den rettenden Ufern sind es sogar acht.
Saragossa ist ein Paradebeispiel dafür, dass das große Geld nicht immer gleich mit sportlichem Erfolg einhergeht. Während das Team am vergangenen Spieltag vom bis dato Tabellenvorletzten FC Granada mit 1:3 überrollt wurde und das sechste Ligaspiel in Serie verlor, suchte man die Verantwortlichen aus der Führungsetage vergeblich.
Präsident Jorge Mas, der auch Miteigentümer von Inter Miami ist, genoss in Zeiten der Krise lieber die MLS-Playoffs an der Seite von Ivanka Trump und anderen Prominenten in Miami und auch Geschäftsführer Fernando López fehlte beim richtungsweisenden Spiel gegen Granada.
Saragossa: Fans protestieren gegen Vereinsführung
Personelle Veränderungen waren bei Saragossa in den vergangenen Jahren keine Seltenheit, jedoch zumeist ohne Erfolg. „Die Fehler bei der Auswahl der sportlich Verantwortlichen wiederholen sich Jahr für Jahr. Und diejenigen, die diese Entscheidungen treffen, sind immer noch dieselben. Nichts ändert sich“, kritisierte die Marca.
Auch im Stadtbild zeigt sich die Unzufriedenheit mit den Entscheidungsträgern inzwischen deutlich. Zahlreiche Fans hängen ihre Vereinsfahnen verkehrt herum auf und setzen damit ein Zeichen gegen die Klub-Bosse.
Auf der Trainerbank blieb ein Wechsel bisher ohne Erfolg. Mit Rubén Sellés steht bereits der dritte Trainer der Saison an der Seitenlinie, wartet nach drei Spielen aber noch auf seinen ersten Punktgewinn.
„Selbst eine Führung ist ein Problem“
Die Lage scheint aussichtslos und ein Abstieg schon nach dem ersten Saisondrittel kaum abzuwenden. Zuletzt gab selbst ein Führungstreffer gegen Granada dem Team keine Sicherheit.
Marca kritisierte deutlich: „Nach unzähligen Spielen, in denen Real Saragossa vom Gegner nach Belieben geschlagen wurde und jedes Gegentor wie eine unüberwindbare Last wirkte, zeigt sich nun: Selbst eine frühe Führung ist für das Team von Sellés inzwischen ein Problem.“
Auch Sellés sagte öffentlich: „Das hat unser ganzes Spiel und die gesamte Partie beeinflusst. Fußball ist oft nicht nur etwas Taktisches oder Technisches – auch der psychologische Aspekt spielt eine Rolle, und als Gruppe haben wir das nicht gut gemeistert.“
Dennoch stellte der Chefcoach klar: „Ich bin nicht besorgt, weil ich den Alltag sehe.“ Zudem sei der Kader „nicht der schlechteste der Liga“.
Real Saragossa wurde „in ein kaputtes Spielzeug verwandelt“
Leichte Hoffnung für den spanischen Traditionsklub macht neben dem Erfolg im Pokal gegen den Viertligisten UD Mutilvera auch ein Blick auf die Tabellenzwischenstände der jüngeren Vergangenheit. Mit Las Palmas (2007/08) und Cartagena (2023/24) konnten zwei Teams, die zur gleichen Zeit mit derselben Punktzahl dastanden, den Abstieg noch verhindern.
Es sind jedoch Einzelbeispiele in einer Reihe düsterer Schicksale anderer Klubs, die den Gang in die dritte Liga antreten mussten. Folglich zog die Marca das ernste Zwischenfazit: „Real Saragossa ist ein Verein, der seine Identität völlig verloren hat. Die neue Eigentümergruppe hat ihn durch ihre Unfähigkeit in ein kaputtes Spielzeug verwandelt, das kurz davorsteht, das traurigste Kapitel seiner Geschichte zu schreiben.“
„Derby der Verzweiflung“ wird zum Schicksalsspiel
Ein erstes Schicksalsspiel steht demnach schon am Sonntag beim „Derby der Verzweiflung“ gegen SD Huesca an. Ein Sieg gegen den 18. der Tabelle könnte erstmals seit September wieder für etwas Aufschwung sorgen und würde zugleich einen neuen Negativrekord abwenden.
Die siebte Niederlage in Folge wäre ein neuer Vereinsrekord. Als dieser 1946/47 aufgestellt wurde, stieg die Mannschaft am Ende der Saison in Liga drei ab.
Trotz eines Heimspiels kann Saragossa in dieser Saison auch nicht auf das traditionsreiche La Romareda zurückgreifen. Das Stadion, das in der vergangenen Saison noch das größte der zweiten Liga war und 1982 Schauplatz von drei WM-Partien war, wurde in diesem Jahr abgerissen.
An selber Stelle soll bis zur WM 2030 das Nueva Romareda mit 42.500 Plätzen entstehen – fragt sich nur noch, in welcher Liga das einst so glorreiche Real Saragossa dann spielen wird.