Aufgrund seiner Fußverletzung war von Nico Schlotterbeck zuletzt bei der Nationalmannschaft nicht viel zu sehen. „Er ist auf jeden Fall da“, versicherte Jonathan Tah am Mittwoch lächelnd. „Er ist immer sehr präsent mit seiner tiefen Stimme.“
Und als Gesprächspartner bot sich Tah dann auch gleich direkt an. Vor allem, falls Schlotterbeck Tipps für seine Zukunftsplanung benötigen sollte. „Wenn er Ratschläge braucht oder mit mir sprechen möchte, dann kann er das gerne tun“, sagte Tah.
Auf der PK wurde der selbsternannte Karriereberater in dem Zusammenhang gefragt, ob er sich denn Schlotterbeck auch als Teamkollege beim FC Bayern vorstellen könnte. „Haben wir jetzt so noch nicht darüber gesprochen. Aber es ist eine spannende Situation für Nico“, führte Tah weiter aus.
Aktuell ist sie vor allem: verzwickt. Es ist kein Geheimnis, dass der BVB den 2027 auslaufenden Vertrag mit Schlotterbeck nur allzu gern verlängern würde. Schließlich hat sich der 25-Jährige seit seinem Wechsel vom SC Freiburg 2022 in Dortmund zu einem absoluten Führungsspieler und einer wichtigen Identifikationsfigur entwickelt. Er gilt zudem als künftiger Anwärter auf die Kapitänsbinde.
Schlotterbeck macht sich Gedanken über seine Zukunft
Doch Schlotterbeck selbst verspürt offenbar keine Eile, reagierte zuletzt eher ausweichend auf die Fragen nach seiner Zukunft. Im Oktober wurde er auf einer DFB-PK mit den Bayern-Gerüchten konfrontiert. „Dazu kann ich eigentlich nichts sagen“, entgegnete er dann doch vielsagend. Schließlich hätte er auch einfach auf seinen laufenden Vertrag in Dortmund verweisen können.
Dass er sich viele Gedanken über seine Zukunft macht, räumte er am Rande des Topspiels beim FC Bayern kurz darauf ein. „Natürlich ist das eine sehr, sehr wichtige Entscheidung“, sagte er bei Sky. Er habe auch kein Problem, den Weg in Dortmund weiterzugehen, ergänzte Schlotterbeck und verwies auf die Entwicklung unter Trainer Niko Kovac.
Allerdings gab es nun zuletzt einige empfindliche Dämpfer. Erst die deutliche Pleite bei Manchester City (1:4) in der Champions League, am vergangenen Wochenende dann in der Bundesliga das ernüchternde 1:1 bei Aufsteiger Hamburger SV. Rückschläge, die auch zeigten: Von der absoluten Spitze ist der BVB eben dann doch ein gutes Stück entfernt.
Die Fragen lauten daher auch: Sieht Schlotterbeck genug Potenzial, um mit dem BVB diese Lücke in den nächsten Jahren wieder zu schließen? Oder sieht er woanders mehr Potenzial?
Tah: Schlotterbeck „stehen sehr viele Türen offen“
„Berater“ Tah formulierte es so: „Es ist gerade eine entscheidende Situation in seiner Karriere. Ich wünsche mir für ihn, dass er für sich das richtige Gefühl entwickeln kann und dann schaut, was er macht. Ich glaube, ihm stehen sehr viele Türen offen.“
Der 29-Jährige spricht aus eigener Erfahrung. In der vergangenen Saison entschied er sich nach zehn Jahren bei Bayer Leverkusen bewusst dazu, seinen Vertrag nicht zu verlängern und mit dem Wechsel zum FC Bayern nochmals eine neue Herausforderung anzunehmen.
Der Schritt hat sich für ihn persönlich ausgezahlt. In der Nationalmannschaft festigte Tah seinen Status als Führungsspieler, weil er auch bei den Bayern unumstrittener Abwehrboss ist und in der Innenverteidigung zusammen mit Dayot Upamecano die stabile Basis für den momentanen Erfolg bildet.
Upamecanos Zukunft beim FC Bayern offen
Doch Upamecanos Vertrag läuft nach derzeitigem Stand nach dieser Saison aus. Die Bayern haben mehrfach auch öffentlich ihre Wünsche nach einer Verlängerung kundgetan. Aber auch Upamecano weckt Begehrlichkeiten.
Am Mittwoch adelte Frankreichs Kapitän Kylian Mbappé Upamecano als aktuell einen der besten Verteidiger der Welt.
Kylian Mbappé singt auf Frankreichs Pressekonferenz vor dem Duell mit der Ukraine ein Loblied auf Dayot Upamecano. Doch der Real-Star stellt auch klar: Es gibt bessere Vereine als den FC Bayern.
„Er spielt bei einem großartigen Klub, Bayern, es gibt nicht viele besser – aber vielleicht“, fügte Mbappé lächelnd hinzu und platzierte damit eine ähnlich vielsagende Botschaft wie Tah bei Schlotterbeck. „Ich will nichts weiter sagen, aber wenn man von einem Spieler dieses Kalibers spricht, wird jeder Verein versuchen, ihn zu verpflichten.“ Seit geraumer Zeit wird Upamecano auch mit Mbappés Klub Real Madrid in Verbindung gebracht.
Upamecano selbst hielt sich hinsichtlich seiner Zukunft zuletzt bedeckt. „Ich habe einen guten Berater. Wir werden die richtige Entscheidung treffen. Ich konzentriere mich auf diese Saison und meine Ziele mit dem Verein und der Nationalmannschaft“, sagte er in einem L’Équipe-Interview.
Sollte Upamecano die Bayern tatsächlich verlassen, könnte vor allem Schlotterbeck in den Münchner Transfer-Fokus rücken. Es ist ein Domino, bei dem alles mit allem zusammenhängt – und auch der BVB dürfte das Wackeln des womöglich entscheidenden Dominosteins Upamecano aufmerksam verfolgen.
Gegenseitige Wertschätzung bei Tah und Schlotterbeck
Tah machte jedenfalls aus seiner Bewunderung für Schlotterbeck keinen Hehl. „Er ist ein überragender Spieler, der immer an sich arbeitet und immer besser werden will“, sagte Tah.
Die Wertschätzung beruht auf Gegenseitigkeit. „Defensiv ist er seit Jahren ein extrem starker Verteidiger, der sich extrem gut gemacht hat“, schwärmte Schlotterbeck schon im Oktober vom Zusammenspiel mit Tah. „Ich glaube, wir ergänzen uns gut. Für mich ist das Thema mit dem Ball vielleicht noch einen Tick interessanter. Dafür ist er vielleicht ein besserer Verteidiger. Deswegen passt es eigentlich ganz gut mit uns beiden.“
Und Schlotterbeck merkte an: „Auf dem Platz ist er sehr kommunikativ.“ Vielleicht sucht er abseits des Rasens in Karrierefragen demnächst auch noch mal das Gespräch mit Tah.