Höchstwahrscheinlich hätte Leroy Sané nicht einmal spielen und treffen müssen, um nach den letzten WM-Qualifikationsspielen die Schlagzeilen mitzubestimmen. Zu polarisierend waren und sind die Debatten um seine Person. Auf der einen Seite: diejenigen, die immer wieder seine nicht zu erklärende Inkonstanz bemängeln. Auf der anderen Seite: die, die seine reinen Fähigkeiten sehen, die nur wenige andere Fußballer dieser Welt haben.

Doch wie reagierte Sané? Auf eine Art und Weise, die besser für ihn kaum hätte sein können und fast nur einen Schluss zulässt: Dieser Mann gehört einfach in die deutsche Nationalmannschaft. Denn der 29 Jahre alte Offensivspieler, der schon beim ansonsten mageren 2:0 in Luxemburg als einer der wenigen positiv aufgefallen war, betrieb am Montagabend beim überzeugenden 6:0 gegen die Slowakei nochmals zusätzliche Eigenwerbung.

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CAPTION: Leroy Sané hat sich im DFB-Team wieder in den Vordergrund gespielt
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Leroy Sané hat sich im DFB-Team wieder in den Vordergrund gespielt
Leroy Sané hat sich im DFB-Team wieder in den Vordergrund gespieltLeroy Sané hat sich im DFB-Team wieder in den Vordergrund gespielt

Im ersten Durchgang traf der Offensivspieler von Galatasaray doppelt und besorgte das zwischenzeitliche 3:0 sowie 4:0. Nach dem Seitenwechsel legte er zudem den Treffer von Debütant Assan Ouedraogo auf. Von seinem oft kritisierten Hang zu allzu großer Lässigkeit fehlte jede Spur. Neben den Scorerpunkten stimmten auch seine Körpersprache und sein Einsatz. Innerhalb von vier Tagen scheint Sané sich so von einem Spieler, der seine letzte Chance erhält, zu einem sicheren WM-Kandidaten gewandelt zu haben.

Bemerkenswerte Kimmich-Worte zu Sané

Joshua Kimmich lobte Sané nach dem Slowakei-Kantersieg gar in höchsten Tönen und fand bemerkenswerte Worte. „Ich glaube, ich habe in meiner Karriere noch keinen Spieler kennengelernt, der physisch so stark ist wie Leroy“, sagte der DFB-Kapitän über seinen Kollegen. Dieser könne „alle drei Tage marschieren. Er kann so viel laufen, er kann so viel sprinten. Wir müssen ihn dazu bringen, auch mental dazu bereit zu sein, das zu machen. Wenn er dazu bereit ist, dann sieht man, was möglich ist“.

„Heute hat er ein überragendes Spiel gemacht“, fügte Kimmich hinzu. „Er hat sich mit zwei Toren belohnt, war auch sonst sehr sauber und sehr griffig im Gegenpressing – genau das wollen wir sehen. Wenn er und Florian Wirtz das machen, dann sind das Vorbilder für die Mannschaft.“

Wie nachhaltig die Entwicklung bei Sané ist, muss die Zeit bis zur WM noch zeigen. Ein größeres Bewerbungsschreiben hätte er allerdings kaum abgeben können.

Immerhin sah Sanés Welt noch vor wenigen Tagen ganz anders aus. Im Vorfeld des Lehrgangs drehte sich ein Großteil der Kader-Diskussionen um ihn. Nagelsmann hatte ihn für die vorherigen Länderspiele nicht berufen und gefordert, dass er bei seinem neuen Verein Galatasaray zunächst mehr zeigen müsse. Aus Sicht des Spielers hat das nur bedingt geklappt. Dennoch kehrte er ins DFB-Trikot zurück.

„Eine Nominierung ist kein Freifahrtschein“

Allerdings nicht ohne gewisse Begleitumstände. Nagelsmann richtete einige scharfe Aussagen in Richtung Sané. Vor der Partie gegen Luxemburg sagte der Bundestrainer, dass der Spieler unter seiner Leitung nicht mehr „unzählige Chancen“ erhalten werde. „Wir wollen auch signalisieren, dass eine Nominierung kein Freifahrtschein ist und das gewisse Dinge gefordert sind. Ich habe dieses Thema auch mit Leroy vorab besprochen.“ Diese Aussage hatte Kritiker wie Matthias Sammer und Lothar Matthäus auf den Plan gerufen.

Während Matthäus in seiner Sky-Kolumne schrieb, dass er Sané „nie außen vor gelassen“ hätte, betonte Sammer, dass Individualisten wie Sané „Liebe brauchen. So viel Liebe, dass es knallt.“ Ex-Nationalspieler Andreas Möller betonte im SPORT1-Doppelpass ebenfalls: „Aber eine gewisse Art von Zuneigung von einem Trainer, der genau weiß, wie man mit so einem Spieler umgeht.“ Am Freitag begründete Nagelsmann schließlich selbst, wieso er den Rückkehrer im Vorfeld mit mahnenden Worten in die Pflicht genommen hatte.

„Vielleicht kann ich noch mal einen Satz zu Leroy sagen, dass es auch ankommt“, sagte der frühere Bayern-Coach nach Sanés Startelfnominierung gegen Luxemburg bei RTL, nachdem Moderatorin Laura Wontorra den Bundestrainer eigentlich nach Abwehrspieler Jonathan Tah gefragt hatte. „Am Ende bewerte ich ja auch, wie er spielt. Natürlich erhöht es ein bisschen den Druck auf ihn, aber das ist ja auch normal“, sagte Nagelsmann: „Am Ende bewerte ich ja, ob er die Chance genutzt hat oder nicht.“

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CAPTION: Ist Ihnen Ihre Mannschaft manchmal ein Rätsel, Herr Nagelsmann?
DESCRIPTION: Die deutsche Nationalmannschaft qualifiziert sich nach einer sehr guten Leistung gegen die Slowakei für die WM 2026. Julian Nagelsmann erklärt die Leistungsexplosion im Vergleich zum vorherigen Spiel gegen Luxemburg.

Die deutsche Nationalmannschaft qualifiziert sich nach einer sehr guten Leistung gegen die Slowakei für die WM 2026. Julian Nagelsmann erklärt die Leistungsexplosion im Vergleich zum vorherigen Spiel gegen Luxemburg.

Die deutsche Nationalmannschaft qualifiziert sich nach einer sehr guten Leistung gegen die Slowakei für die WM 2026. Julian Nagelsmann erklärt die Leistungsexplosion im Vergleich zum vorherigen Spiel gegen Luxemburg.

Ein „Sanétag“

Nach den jüngsten beiden Spielen dürfte die Bewertung hervorragend ausfallen – die Ansage scheint jedenfalls gefruchtet zu haben. In mehr als eindrucksvoller Manier zeigte Sané, wozu er fußballerisch nach wie vor fähig ist. In seinem 72. Länderspiel war er erstmals an drei Toren direkt beteiligt. Einen Doppelpack hatte er zuvor nur beim 9:0 gegen Liechtenstein im November 2021 erzielt. Die Statistik-Plattform Opta beschrieb seinen Abend mit dem Wortspiel „Sanétag“.

Hat Sané sein persönliches WM-Ticket nun sogar schon in der Tasche? „Ich gehe mal davon aus, dass Leroy Sané sich festgespielt hat – zwei Tore, eine Vorlage“, versuchte ZDF-Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein den Bundestrainer indirekt aus der Reserve zu locken. Doch Nagelsmann verzog keine Miene. Womöglich als eine Art Zustimmung.

Den Kritikern dürften zumindest vorerst die Argumente ausgehen.