Angelo Stiller schwieg lieber. „Darüber möchte ich nicht sprechen“, sagte der Mittelfeldspieler des VfB Stuttgart nach dem Europa-League-Spiel gegen Feyenoord Rotterdam (2:0) bei RTL. Weitere Nachfragen zu seiner Nichtnominierung blockte er ab: „Kein Kommentar!“

Statt Worten ließ Stiller Taten sprechen. Am Sonntag legte er Deniz Undav in der Schlussphase den 3:2-Siegtreffer gegen den FC Augsburg auf. Einen Tag später war Stiller dann auch beim DFB nochmals in aller Munde. Bundestrainer Julian Nagelsmann sah sich auf der PK mit der Frage konfrontiert, warum der 24-Jährige diesmal nicht dabei sei.

Angelo Stiller ist beim VfB Stuttgart als Sechser gesetzt
Angelo Stiller ist beim VfB Stuttgart als Sechser gesetztAngelo Stiller ist beim VfB Stuttgart als Sechser gesetzt

Stiller sei „ein sehr wichtiger Spieler für den VfB“, begann Nagelsmann seine Ausführungen und fügte etwas kryptisch hinzu: „Wenn ich die vier Wochen vor dem letzten Lehrgang dazu nehme, dann war es deutlich unverdienter, dass er dabei war, als es jetzt der Fall wäre, weil seine Entwicklung jetzt schon wieder deutlich in die richtige Richtung geht.“

Nagelsmann sieht Nmecha und Pavlovic aktuell „einen Tick“ vor Stiller

Wie SPORT1 berichtete, gab es ein längeres Telefonat mit Stiller am Donnerstag. Dabei habe Nagelsmann ihm noch die Botschaft mitgegeben, „dass er eine deutlich stabilere Saison spielt als in den vier Wochen vor der Oktober-Maßnahme“.

Dennoch sehe er auf Stillers Position im defensiven Mittelfeld den Dortmunder Felix Nmecha und Aleksandar Pavlovic vom FC Bayern „einfach einen Tick vornedran gerade“, argumentierte Nagelsmann.

Aber wo steht Stiller im Vergleich mit den anderen Mittelfeldspielern wirklich? SPORT1 präsentiert anhand der Opta-Daten von Stats Perform eine Analyse der deutschen Sechser und zeigt, wo Stiller seine Konkurrenten in den Schatten stellt und wo seine Schwächen liegen.

Zur Erklärung: Joshua Kimmich, der beim DFB-Team zuletzt wieder als Rechtsverteidiger eingesetzt wurde, wird in den Datenvergleich einbezogen, da er bei Bayern auch im defensiven Mittelfeld eingesetzt wird.

Auch Klub-Kollege Leon Goretzka ist Teil der Analyse, obwohl ihn Nagelsmann eher in offensiverer Rolle sieht – was im Übrigen auch seine Heatmap der bisherigen Bundesliga-Saison belegt. Während Stiller den Bereich zwischen den beiden Strafräumen abdeckt, ist Goretzka (siehe Grafik weiter unten) verstärkt im halblinken Achterraum zu finden.

Angelo Stillers Aktionsradius in der laufenden Bundesliga-Saison
Angelo Stillers Aktionsradius in der laufenden Bundesliga-SaisonAngelo Stillers Aktionsradius in der laufenden Bundesliga-Saison

Stiller hat die meisten Torbeteiligungen

Stiller ist beim VfB Stuttgart absoluter Stammspieler. Er kam in jedem Pflichtspiel der Schwaben zum Einsatz, sammelte in der Bundesliga fast exakt so viele Minuten wie Kimmich (776 vs. 777 Minuten). Goretzka, Nmecha und Pavlovic kommen da auf deutlich geringere Einsatzzeiten.

Stiller hat unter den genannten Mittelfeldspielern die meisten Torbeteiligungen in der Bundesliga vorzuweisen. Der Assist zum 3:2 gegen Augsburg am Sonntag war schon sein dritter. Dazu traf er einmal selbst. Alle 194 Minuten ist Stiller in der Bundesliga an einem Treffer beteiligt – damit hängt er die anderen deutlich ab.

Zum Vergleich: Goretzka steht in 596 Bundesliga-Minuten bei genau null direkten Torbeteiligungen. Auch in den anderen Wettbewerben blieb der Bayern-Star in dieser Spielzeit bislang ohne Scorerpunkt.

Leon Goretzkas Aktionsradius in der laufenden Bundesliga-Saison
Leon Goretzkas Aktionsradius in der laufenden Bundesliga-SaisonLeon Goretzkas Aktionsradius in der laufenden Bundesliga-Saison

Bezogen auf das Kalenderjahr 2025 rangiert Stiller sogar unter den Top-Vorbereitern der ganzen Bundesliga. Seine neun Torvorlagen in diesem Zeitraum werden nur von Andrej Kramaric (zehn) und Michael Olise (13) übertroffen.

Stuttgarts Schlüsselspieler in der Offensive

Stiller ist der Antreiber des Stuttgarter Offensivspiels. Pro Liga-Partie liefert er im Schnitt 2,0 Schussvorlagen – ein Bestwert zusammen mit Kimmich. Pavlovic kommt dabei etwa nur auf einen Wert von 0,5. Hinsichtlich der Pässe ins Angriffsdrittel und in den Strafraum pro 90 Minuten wird Stiller auch nur von Kimmich überboten.

Ein Fakt unterstreicht Stillers Bedeutung als Schlüsselspieler im VfB-Spiel eindrucksvoll: Er hatte in dieser Saison in der Bundesliga bei 54 Angriffen aus dem laufenden Spiel direkt seine Füße im Spiel. Dies umfasst das Herausspielen einer Abschlusssituation, aber auch das Kreieren einer Torchance und den eigenen Abschluss.

Im ligaweiten Vergleich wird Stiller dabei nur von fünf Bayern-Spielern übertroffen. Der gebürtige Münchner ist also in dieser Hinsicht der beste Nicht-Bayern-Spieler. Neben Konrad Laimer (65) und den Offensiv-Stars Harry Kane (57), Luis Díaz (77) und Michael Olise (83) ist in Kimmich (73) nur ein positionsgetreuer direkter Konkurrent dabei.

Stiller mit starker Zweikampfquote, aber Schwächen bei Sprints

Zugleich überzeugt Stiller im bisherigen Saisonverlauf in der Bundesliga mit einer Zweikampfquote von 56,7 Prozent. Hier ist nur Nmecha besser, der Dortmunder entschied 58,5 Prozent der direkten Duelle für sich.

Als Kilometerfresser ist Stiller hingegen weniger aufgefallen. Seine Laufdistanz von durchschnittlich 11,5 Kilometern pro Bundesligaspiel wird nur von Goretzka unterboten (11,2 Kilometer). Hier sticht Pavlovic mit 13,9 Kilometern pro 90 Minuten heraus.

Stillers Schwachpunkt sind die Sprints, hier fällt er im Vergleich zu den anderen deutlich ab. Wobei dieser Aspekt bei seiner Rolle als Ballverteiler und Stratege nicht so gefragt ist. Auffällig ist dennoch, dass er in der Bundesliga nur 5,0 Sprints pro 90 Minuten anzieht. Bei Topsprinter Nmecha sind es 14,3 Sprints pro Spiel.

Angelo Stiller blieb bei der vergangenen Länderspielperiode ohne Einsatzminuten
Angelo Stiller blieb bei der vergangenen Länderspielperiode ohne EinsatzminutenAngelo Stiller blieb bei der vergangenen Länderspielperiode ohne Einsatzminuten

Für Stiller sei die Tür zur Nationalmannschaft „auf jeden Fall nicht zu“, betonte Nagelsmann am Montag noch. „Und es ist auch kein Riesen-Drama.“

Der Bundestrainer gab Stiller aber noch ein paar klare Forderungen mit auf den Weg: „Er hat jetzt ein paar Tage nach den anstrengenden Wochen national und international, um durchzuschnaufen und dann weiter seine steigende Form wieder auf den Platz zu bringen. Dann gibt es im März eine neue Nominierung und dann schauen wir weiter.“

Genug Zeit für Stiller, um auf dem Platz weiter Taten sprechen zu lassen.