Der SC Verl ist eine der stillen Überraschungen der aktuellen Drittliga-Saison. Nach 14 Spieltagen steht der ostwestfälische Klub auf Rang fünf und ist damit nur zwei Zähler hinter Platz zwei, der am Saisonende den direkten Aufstieg zur Folge hätte. Der Erfolg ist eng mit dem Namen von Trainer Tobias Strobl verbunden.

Der 38-Jährige aus Ingolstadt, der die Stelle erst vor Saisonbeginn annahm, hat dem Team innerhalb kurzer Zeit Struktur gegeben und es spielerisch weiterentwickelt – und das ganz ohne laute Auftritte.

Tobias Strobl überrascht mit dem SC Verl in der 3. Liga
Tobias Strobl überrascht mit dem SC Verl in der 3. LigaTobias Strobl überrascht mit dem SC Verl in der 3. Liga

Der Weg von Strobl, der nicht mit dem gleichnamigen Ex-Bundesligaprofi verwandt ist, zu seiner jetzigen Position begann 2012 beim FC Pipinsried, von wo er sich Schritt für Schritt durch den bayerischen Amateur- und Regionalligafußball nach oben arbeitete.

Von 2022 bis 2025 betreute Strobl die zweite Mannschaft des FC Augsburg. An seiner Seite: Ex-Profi Stefan Aigner. Über seine Zeit bei den Fuggerstädtern findet Strobl bei SPORT1 nur lobende Worte: „Den Verein macht vor allem seine Klarheit aus in dem was er will und braucht. Dass er klare Parameter hat, wonach der Verein die Spieler und Trainer auswählt. Er misst die Spiele nicht nur nach Ergebnis, sondern auch nach den Daten. Das Umfeld zeichnet einen sehr familiären Umgang aus, in dem jeder alles für den Verein gibt.“

„Das ist ein klasse Match“

Einer, der Strobls Entwicklung seit Jahren begleitet, ist Claus Schromm, heute Cheftrainer Nachwuchs beim FC Augsburg. „Er hat sich in den letzten drei Jahren beim FCA gut entwickelt. Jetzt ist er den nächsten Schritt gegangen – ein Grundgedanke beim FCA, nicht nur Spieler, sondern auch Trainer auszubilden“, sagt Schromm zu SPORT1 und verweist dabei auch auf Strobls ehemaligen Co-Trainer Felix Kling, der nun zum Trainerstab von Sandro Wagner bei den Augsburg-Profis zählt.

Dass Strobl nun in Verl erfolgreich ist, überrascht Schromm nicht: „Verl und Tobi passen von ihrer Art gut zusammen – das ist ein klasse Match. Wichtig ist, Schritt für Schritt zu machen. Jetzt ist die 3. Liga sein Zuhause, alles Weitere wird man sehen.“

Ganz ohne Verbesserungspotenzial sieht er seinen früheren Schützling aber nicht. „In der Sprachenkompetenz und in der emotionalen Regulation kann er sich noch weiterentwickeln“, sagt Schromm – und fügt an: „Aber er ist lernwillig, nimmt Feedback an und setzt es um. Das unterscheidet ihn von vielen.“

Struktur, Ballbesitz, Kommunikation

In Verl setzt Strobl auf Ballbesitz und Struktur im Spiel – und einen klaren Austausch neben dem Platz, wie er selbst betont: „Beim Umgang mit der Mannschaft war mir vor allem die offene Kommunikation wichtig und die Mannschaft in alle Prozesse miteinzubeziehen. Mir ist wichtig, dass jeder jederzeit Klarheit hat, woran er ist und was die Erwartungshaltung an denjenigen ist.“

Seine Spielidee fasst Strobl prägnant zusammen: „Meine Mannschaft soll das Spiel über den Ballbesitz dominieren und in jeder Phase aktiv und mutig sein.“ Mit durchschnittlich über 61 Prozent Ballbesitz gehört Verl tatsächlich zu den spielstärkeren Teams der Liga – was umso beindruckender ist, wenn man berücksichtigt, dass Verl mit 5,48 Millionen Euro den drittkleinsten Etat der Liga hat. Nur die Aufsteiger Schweinfurt und Havelse müssen mit geringeren finanziellen Mitteln auskommen.

Der Erfolg in der 3. Liga ist fragil

Harald Gärtner, früherer Geschäftsführer Sport beim FC Ingolstadt, kennt Strobl noch aus dessen Zeit als Spieler bei den Schanzern. „Schon damals war er sehr teamorientiert und hat Verantwortung übernommen“, erinnert sich Gärtner bei SPORT1. „Er ist vorneweg gegangen, hat Mitspieler besser gemacht. Heute kann er sich sehr gut in seine Spieler hineinversetzen.“

Gärtner sieht in Strobl einen Trainer mit klarer Linie: „Tobias ist seinen Weg konsequent gegangen. Er überzeugt durch seine taktischen Qualitäten – und durch seinen Umgang mit Menschen. Er hat eine natürliche Nähe zu seinen Spielern.“

In Verl hat Strobl ein Umfeld gefunden, das zu ihm passt – familiär, aber ehrgeizig. „Hier wird überlegt, hier wird gearbeitet“, sagt er. Gleichzeitig weiß er, dass Erfolg in der 3. Liga fragil ist. „Wir müssen realistisch bleiben. Die Liga ist eng, und Kleinigkeiten entscheiden.“

Strobl blickt dabei auf seine eigene Entwicklung zurück: „In den letzten 15 Jahren, seitdem ich als Trainer tätig sein darf, hatte jede Station seine eigenen besonderen Momente, die mich in meiner Entwicklung vorangebracht haben. In Rosenheim zum Beispiel der Abstiegskampf, in Ingolstadt und Augsburg die Ausbildung junger Spieler im NLZ und in Schweinfurt der Aufstiegskampf.“

Und was könnte nach Verl auf Strobl warten? „Ich möchte jeden Tag zusammen mit meinem Team das bestmögliche geben und dann wird die Zukunft zeigen, was sie für mich bereithält“, bleibt er vage.

Michael Koppold freut sich über den Erfolg von Strobl. „Ich kenne Tobias schon seit seiner Zeit als Jugendspieler beim FC Ingolstadt. Er hatte damals schon einen breiten Horizont und hat über den Tellerrand hinausgeblickt“, sagt der erfahrene Berater SPORT1. „Ich habe seinen Weg all die Jahre verfolgt und freue mich sehr, dass er als Trainer so gute Arbeit leistet. Einige Klubs aus den oberen Ligen haben ihn bereits auf dem Zettel. Er ist ein guter Junge, und ich bin überzeugt, dass er vor einer tollen Karriere steht.“

„Es ist eine schwere Situation für Sandro“

Trotz seines Erfolgs in Verl verfolgt der ehemalige Mittelfeldspieler, der es auf neun Einsätze in der Regionalliga bringt, genau, was beim FC Augsburg passiert. Dort weht Sandro Wagner nach nur sieben Punkten in zehn Bundesligaspielen bereits ein rauer Wind entgegen.

Für Strobl ist dies noch kein Grund zur Sorge. „Meine Erfahrung ist, dass es ein sehr familiärer Verein ist, der erstmal probiert, Probleme gemeinsam zu lösen und nicht zu schnell handelt“, sagt er. „Es ist eine schwere Situation für Sandro, aber es spricht für den Klub, dass man nicht gleich den Stab über ihn bricht. Man will das offenbar zusammen durchstehen.“

Priorität hat es für Strobl in Augsburg, „dass die Leute merken, dass man alles für den Verein gibt. Da ist es nicht das Wichtigste, einen guten Ballbesitz oder sonst was zu haben.“ Elementar sei es, „hart zu arbeiten und alles auf den Platz zu lassen“.