Wenn heute der FC Augsburg und Borussia Dortmund aufeinandertreffen (ab 20.30 Uhr im LIVETICKER), werden sich noch viele Anhänger beider Lager an das bis dato torreichste Duell erinnern. Acht Tore wie am 20. Januar 2020 fallen nicht alle Tage, und dass eine Mannschaft nach 3:1-Führung noch 3:5 verliert, ist auch eher selten. Die eigentliche Sensation aber war der Mann, der in diesem Spiel die Wende brachte: Erling Braut Haaland. Sein Debüt schrieb Bundesliga-Geschichte.

In der Winterpause der Saison 2019/20, in die überraschend RB Leipzig als Herbstmeister ging, füllten die Klubs wie gewöhnlich ihre Kader auf. Topstars sind in diesem Transferfenster eigentlich nicht zu bekommen. Doch Borussia Dortmund bewies das Gegenteil und holte sich einen 19 Jahre alten Norweger von RB Salzburg, den halb Europa gejagt hatte.

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CAPTION: Erling Haaland erzielte bei seinem Debüt drei Treffer
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Erling Haaland erzielte bei seinem Debüt drei Treffer
Erling Haaland erzielte bei seinem Debüt drei TrefferErling Haaland erzielte bei seinem Debüt drei Treffer

Haaland hatte in sechs Champions-League-Einsätzen für die Salzburger acht Tore erzielt und war auch wegen seiner Körpergröße von 1,94 Meter nicht zu übersehen. Dafür war er ungewöhnlich schnell und eiskalt vor dem Tor, zudem dank seiner Robustheit kaum vom Ball zu trennen.

Haaland kommt von Salzburg nach Dortmund

Der BVB, damals auf dem unbefriedigenden vierten Platz, ließ sich den Wunderstürmer 20 Millionen Euro kosten, genauso viel wie Leipzig in den da noch kaum bekannten Spanier Dani Olmo investierte. Der Teuerste im Winterschlussverkauf vor sechs Jahren war übrigens Lucas Tousart (25 Millionen), der zur Hertha ging.

Wer der Beste war, wurde schon am ersten Rückrundenspieltag überdeutlich. Augsburgs Trainer Martin Schmidt gab sich zwar gelassen, indem er sagte: „Es ist schön, wenn sich ein Spieler mit dieser Reputation für die Bundesliga entscheidet. Auf der Heimkehr weiß er dann, wie es in Augsburg zugeht und dass es hier keine einfachen Spiele gibt.“

Haalands eigener Trainer Lucien Favre setzte die neue Tormaschine zunächst auf die Bank, schließlich hatte Haaland nach einer Knieverletzung einen Monat nicht gespielt – und erst 45 Minuten in einem Test gegen Mainz mit seiner neuen Mannschaft. Die brauchte ihn aber nötiger als gedacht.

Allen guten Vorsätzen zum Trotz „zeigte die Mannschaft das Gesicht, das sie eben auch hat“, stellte der damalige Sportvorstand Michael Zorc fest und meinte den verpatzten Start ins Jahr 2020.

Dreierpack in Augsburg nach Einwechslung

Zur Pause führte Augsburg durch Florian Niederlechner verdient mit 1:0, direkt nach Wiederanpfiff erhöhte Marco Richter auf 2:0. Marco Reus verkürzte zwar, aber just als Favre Haaland aufforderte, seine Trainingsjacke auszuziehen, fiel das 3:1 durch Niederlechner. Es drohte ein Fehlstart, es drohte die nächste Mentalitätsdebatte.

Dann kam Haaland, nach 59 Minuten löste er Verteidiger Lukas Piszczek ab. Er brauchte nur drei Minuten und drei Ballkontakte für sein erstes Bundesligator – flach mit links ins lange Eck. Schon kippte das Spiel, zwei Minuten darauf glich Jadon Sancho aus. Es war das einzige Tor, mit dem Haaland nichts zu tun hatte, Vorbereiter war Mats Hummels.

Doch lange ließ der Norweger nicht auf weitere Taten warten: In der 70. Minute drückte er eine Vorlage von Thorgan Hazard über die Linie. Ein einfacher Treffer, den aber nur erzielen kann, wer zur rechten Zeit an der richtigen Stelle ist. Neun weitere Minuten später und 20 nach seiner Einwechslung zog er nach einem Reus-Pass davon und knallte den Ball wieder flach in den Kasten von Tomas Koubek – mit links, natürlich.

Norwegischer Goalgetter schreibt Geschichte

Damit avancierte er zum erst siebten Spieler der Bundesliga-Geschichte, der bei seinem Debüt dreifach traf. Als Joker war er indes der Erste, und keiner brauchte dafür so wenige Minuten. Kurios übrigens, dass der letzte Dreifachschütze beim Debüt auch das BVB-Trikot bei einem Spiel in Augsburg trug: Pierre-Emerick Aubameyang (10.8.2013). Da Haaland sich mit drei Treffern begnügte, blieb es beim 5:3 aus Dortmunder Sicht.

Nach Abpfiff brachte ihm Mitspieler Achraf Hakimi den Spielball, den er mit nach Hause nahm. Der BVB twitterte: „Gerade drei Wochen in Dortmund und dieser Junge hat schon eine neue Freundin gefunden.“ Eine Anspielung auf Haalands Bemerkung, dass er die Bälle, die er nach Dreierpacks für Salzburg bekam, immer mit ins Bett nahm, denn „sie sind meine Freundinnen“. Ob es stimmte? Nun ja. Er hatte nun aber vor allem viele Bewunderer.

Heiland Haaland feiert Traum-Debüt

Zorc erklärte: „Wir brauchen solche Jungs auf dem Platz. Seine Körpersprache ist 1A, besser geht’s nicht.“ Der sonst so bedächtige Favre sprach von „einem Wunder“ und davon, dass „er uns eine andere Möglichkeit zu spielen“ gebe.

Die Bild am Sonntag setzte seinen Kopf auf den Titel der Sportbeilage und fabulierte: „Heiland Haaland“. Der kicker wurde gleichsam pathetisch: „Erlöser und Erneuerer.“ Auch bei SPORT1 wurde der „traumhafte Einstand” entsprechend beleuchtet. Die FAZ erkannte: „Er ließ die Bundesliga seine Urgewalt, von der man sich erzählt, erstmals spüren.“

Und was sagte Haaland? „Dafür habt ihr mich gekauft, oder?“

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CAPTION: Borussia Dortmund: Lucien Favre schwärmt nach Debüt von Erling Haaland
DESCRIPTION: Erling Haaland erzielt bei seinem BVB-Debüt drei Treffer. Trainer Lucien Favre gerät ins Schwärmen, Martin Schmidt spricht vom "Haaland-Schock".

Erling Haaland erzielt bei seinem BVB-Debüt drei Treffer. Trainer Lucien Favre gerät ins Schwärmen, Martin Schmidt spricht vom "Haaland-Schock".

Erling Haaland erzielt bei seinem BVB-Debüt drei Treffer. Trainer Lucien Favre gerät ins Schwärmen, Martin Schmidt spricht vom "Haaland-Schock".

Nun begann sie, eine der furiosesten Torproduktionen der Bundesliga-Historie. Nach sieben Spielen stand er bei neun Treffern, nach 50 bei 50 – jeweils Rekord. Kaum zu glauben, dass er nie Meister oder Torschützenkönig wurde. Seine Bilanz in zweieinhalb Jahren BVB: 89 Pflichtspiele, 86 Tore.

Sein Pech war, dass die Bayern schon damals eine noch bessere Mannschaft und einen Robert Lewandowski hatten. Titel holte er erst ab 2022/23, als ihn Pep Guardiola zu Manchester City lockte. Seine Ablöse hatte sich übrigens verdreifacht. Es begann in Augsburg – mit drei Toren in 20 Minuten.