David Krämer kehrt am Dienstag mit Real Madrid nach Deutschland zurück – zum EuroLeague-Spiel gegen den FC Bayern.
Im exklusiven SPORT1-Interview spricht er über das Match, seinen neuen Klub Real Madrid, den neuen Bayern-Spieler Spencer Dinwiddie, die verpasste EM und das deutsche Nationalteam.
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CAPTION: David Krämer wurde mit Deutschland 2025 Europameister
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SPORT1: Hallo Herr Krämer, Sie treffen in der EuroLeague in München auf den FC Bayern. Was erwarten Sie für ein Spiel?
David Krämer: Es wird auf jeden Fall ein gutes Spiel werden. Für mich persönlich ist es immer schön, wieder in Deutschland zu spielen. Ich freue mich sehr und es wird bestimmt ein Spiel auf hohem Niveau von beiden Seiten.
„In München hat es leider nicht funktioniert“
SPORT1: Für Sie ist es ja auch eine Rückkehr nach München. Wie besonders wird das Spiel für Sie?
Krämer: Eigentlich nicht so wirklich. Ich freue mich einfach, mit Real Madrid nach Deutschland zurückzukehren. Ich mache mir deshalb jetzt aber keinen speziellen Druck, nur weil es gegen Bayern geht. Ich hatte ja schon viele Spiele in München mit Braunschweig. Ich mache mir da jetzt keinen Kopf. Es ist einfach ein normales Spiel.
SPORT1: Ist es für Sie denn so etwas wie eine kleine Genugtuung, jetzt wieder in der EuroLeague zu sein und im Trikot von Real Madrid nach München zurückzukehren, nachdem es hier ja nicht so richtig geklappt hatte?
Krämer: Natürlich vielleicht ein bisschen (lacht). Es ist einfach ein Teil meiner Reise, ein Teil meines Weges und meines Lebens. Manchmal klappt es, manchmal nicht. Und in München hat es leider nicht funktioniert. Jetzt bin ich froh, dass ich hier mit so einem Klub wie Real Madrid spielen kann. Das ist etwas Besonderes.
Spencer Dinwiddie? „Er ist ein Top-Vier-Spieler“
SPORT1: Die Bayern haben durchaus überraschend Spencer Dinwiddie verpflichtet. Wie war Ihre Reaktion, als Sie davon gehört haben?
Krämer: Natürlich war ich sehr überrascht. Ich kenne Spencer, ich habe mit ihm im Sommer während der Coronazeit viel trainiert und wir haben gegeneinander gespielt. Er ist ein Top-Vier-Spieler und ich bin gespannt, wie er einschlägt. Es ist sehr gut für den europäischen Basketball, dass wieder so ein Spieler herkommt. Dass er nach München und nach Deutschland kommt. Ich finde es sehr gut für den deutschen Basketball.
SPORT1: Sie sind jetzt ja schon einige Wochen in Madrid. Wie sind Sie bei Real und auch in der Stadt Madrid angekommen?
Krämer: Hier ist alles super easy. Die Stadt ist unglaublich. Unser Klub ist das nächste Level. Es ist sehr, sehr professionell. Die Jungs haben es mir auch alle sehr leicht gemacht, anzukommen. Spielerisch habe ich aktuell noch einige Ups und Downs, aber das ist normal. Das ist jetzt eine große Veränderung und ich mache mir jetzt noch keinen Kopf. Ich schaue, dass ich jeden Tag mein Bestes tue und trainiere. So habe ich es mein Leben lang gemacht. Dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch sportlich alles super funktioniert.
Krämer: „Ich genieße den Druck auch“
SPORT1: Es gibt wohl kaum ein Team in Europa, wo der Druck so groß ist wie bei Real Madrid. Wie gehen Sie allgemein mit Druck um?
Krämer: Ich glaube, das schaffe ich durch meine Arbeitseinstellung. Ich stecke so viel Arbeit in mein Spiel rein, tagtäglich, on the court, off the court, im physischen Bereich, aber auch im mentalen Bereich. Allein deshalb weiß ich, dass ich für die großen Momente immer bereit bin. Deswegen mache ich mir dann auch keinen großen Druck, weil ich weiß, dass ich für diese Momente durch die Arbeit gut vorbereitet bin. Ich genieße den Druck deshalb ehrlicherweise auch. Ich glaube, es ist etwas Wunderschönes, dass ich damit Geld verdienen kann, was ich von klein auf geliebt habe.
SPORT1: Wie war das Gefühl, als Sie erfahren haben, dass einer der größten Vereine der Welt Sie unter Vertrag nehmen will?
Krämer: Natürlich war es ein sehr, sehr gutes Gefühl. Ich war im ersten Moment auch echt ein wenig überwältigt und dachte mir: Wow! Aber dann war mir gleich klar, dass ich mir diesen Schritt mit harter Arbeit verdient habe und jetzt so weitermachen will. Es hat mir gezeigt, dass es sich lohnt weiterzumachen, egal was für Steine in deinen Weg gelegt werden. Man muss einfach weiter an sich glauben, weiter hart arbeiten und trainieren. Jetzt ist das Wichtigste, am Boden zu bleiben. Jetzt nehme ich es halt so an: Ich bin Madrid-Spieler und ich trage sozusagen dieses Selbstverständnis und diese Confidence mit mir. Ich bin jetzt einer dieser großen Spieler und das fühlt sich verdammt gut an.
„Auf einmal setzt sich Mbappé neben mich“
SPORT1: Real Madrid gilt als größter Sportverein der Welt. Was macht den Verein so besonders?
Krämer: Eigentlich alles. Speziell vom Organisatorischen her, aber auch alle Spieler, der ganze Staff, aber auch unsere Facility. Was das alles angeht, ist es wirklich etwas Unglaubliches. Du hast hier alles zur Verfügung, jederzeit. Falls du etwas brauchst, kommt jemand und hilft dir. Der Staff ist unglaublich und allein die Facility ist etwas Besonderes. Du kannst hier jeden Tag reingehen und hast sogar dein eigenes Zimmer im Trainingszentrum, wo du dann auch regenerieren kannst. Du hast zu jeder Zeit frisches Essen und bist hier auch gemeinsam mit den Fußballspielern integriert. Wir essen alle zusammen. Es ist absolut top hier, da kann ich mich echt nicht beschweren. Das ist eine der besten Facilitys, die ich je gesehen habe. Für mich ist das echt wie im Himmel, dass ich ein Trainingszentrum habe, wo ich alles zur Verfügung habe und das ich Tag und Nacht nutzen kann. Das ist unglaublich, weil ich weiß, dass ich hier jeden Tag besser werden kann.
SPORT1: Stehen Sie dann auch mal mit den Fußball-Kollegen im Austausch?
Krämer: Ich glaube, an meinem ersten Tag hier bin ich zum Frühstück gegangen und dann kommt auf einmal Mbappé und setzt sich neben mich. Er hat entspannt angefangen zu frühstücken und einfach mit mir geredet. Da dachte ich mir schon, wow. Das ist am Anfang schon ein bisschen wie ein verrückter Schock. Das war so der “Welcome to Real Madrid”-Moment. Natürlich waren wir auch bei einigen Fußballspielen dabei, die Fußballer kommen auch zu den Basketballspielen. Der Support ist da von beiden Seiten. Das macht der Klub sehr gut, dass sie die Fußballspieler und die Basketballspieler so zusammenhalten.
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CAPTION: David Krämer verpasste die EM im Sommer
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„Ich fühle mich auch als Europameister“
SPORT1: Kommen wir zu einem unschönen Thema. Hand aufs Herz, wie bitter war es, die EM im Spätsommer zu verpassen?
Krämer: Natürlich war es sehr, sehr bitter die EM zu verpassen. Im Moment war es natürlich sehr schwer für mich, aber nichtsdestotrotz habe ich mich sehr für die Jungs gefreut. Ich war mir auch sehr, sehr sicher, dass sie es packen werden. Also ich habe schon zu Leuten im Sommer gesagt: Wir werden Gold holen. Ich habe das auch zu meiner Familie gesagt. Leider konnte ich nicht dabei sein, aber ganz ehrlich: Ich fühle mich auch als Europameister, obwohl ich kein Gold bekommen habe. Die Jungs sind meine Familie. Ich habe schon früher immer gesagt, dass ich in Deutschland keine Familie habe, also auf familiärer Ebene. Aber dafür sind die Jungs aus dem Team eben meine Familie. Das ist etwas Besonderes. Wir haben eine Verbindung, die ein Leben lang halten wird. Wir sind Weltmeister geworden und jetzt sind wir Europameister. Leider konnte ich die letzten zwei Wochen nicht dabei sein und am Ende des Tages nicht die Trophäe hochheben, aber ich habe mir jedes Spiel angeschaut. Wie Franz schon gesagt hat: Wir haben noch einige gute Jungs daheim sitzen und wir haben noch einige gute Jahre vor uns. Darauf freue ich mich schon sehr.
SPORT1: Weltmeister sind Sie mit Deutschland geworden und waren auch in großen Teilen der Vorbereitung zur EM mit dabei. Was macht dieses Team so besonders?
Krämer: Ich glaube, ganz speziell ist dieses Familiengefühl, und dass keiner an sein eigenes Ego denkt. Wir gehen einfach da hin, weil wir Bock haben. Wir sind alle committed, wir genießen es einfach zusammenzuspielen. Unsere größte Stärke war es schon, als wir Weltmeister geworden sind, dass keiner sein Ego über die Mannschaft gestellt hat. Jeder kannte seine Rolle im Team, wusste, was sein Platz ist, und hat es einfach genossen dabei zu sein. Ich wusste damals zum Beispiel, dass ich bei der WM eben der 12. Mann sein musste, um Weltmeister zu werden. Für mich war das aber okay. Ich habe mir dann gesagt: Ich nehme diese Rolle und diese Aufgabe mit Stolz an. Ich werde alles tun, werde mein Team pushen und die Energie von der Bank bringen. Ich glaube, das hatten wir auch in diesem Sommer wieder. Das ist das Besondere, das Deutschland auszeichnet. Hinzu kommt die tolle Jugendarbeit. Das heißt, es gibt noch sehr viele Jungs, die nachkommen, die zum Beispiel jetzt ans College gegangen sind. Wir sind im deutschen Basketball aktuell in sehr, sehr guten Händen.
Da Silva? „Er hat unglaublich gut gespielt“
SPORT1: Hat sich nach der EM dann eigentlich auch bei Ihnen jemand gemeldet und Ihnen auch die Goldmedaille gewidmet?
Krämer: Nein, also ich habe schon mit Justus (Anm. d. Red.: Justus Hollatz) gesprochen, aber für mich war klar, dass ich das nicht brauche, dass jemand zu mir sagt, dass das Gold auch für mich war. Es gibt immer Situationen, in denen sich Spieler verletzen. Das Schöne daran ist, dass bei uns in der deutschen Nationalmannschaft gleich jemand anderes in die Bresche springt. Das war auch bei der EM sehr gut, weil Tristan (Anm. d. Red.: Tristan da Silva) meine Rolle und meine Minuten bekommen hat. Er hat unglaublich gut gespielt. Das freut mich so sehr, dass er da seinen Moment hatte. Ich bin mir sicher, dass auch meine Momente noch kommen werden. Das ist das Schöne am Basketball und speziell an diesem Team, dass jeder es dem anderen gönnt.
SPORT1: Neben Ihnen haben bei der EM ja noch zahlreiche weitere Top-Spieler gefehlt. Wo kann es hingehen für den deutschen Basketball? Kann Deutschland bei Olympia vielleicht sogar die USA in Bestbesetzung ärgern?
Krämer: Das ist natürlich möglich, aber die USA bleiben die USA. Die sind schon noch mal ein anderes Kaliber. Aber ganz ehrlich: Ich würde Deutschland in so einem Duell nie abschreiben. Immer, wenn wir ein Turnier spielen, haben wir Gold im Visier. Als wir die USA in der Olympia-Vorbereitung gespielt haben, war es ja auch nicht so, dass die uns komplett weggefegt haben. Wir sind da nicht chancenlos. Wir sind an der Spitze. Also wenn wir einen guten Tag erwischen, warum nicht?
SPORT1: Abschließend ein Ausblick in die Zukunft. Was möchten Sie kurzfristig, aber vielleicht auch langfristig noch erreichen?
Krämer: Ich habe immer verschiedene Ziele. Natürlich gibt es immer noch meine Childhood-Dreams, zum Beispiel die EuroLeague zu gewinnen oder es noch in die NBA zu schaffen. Das sind immer noch meine Ziele. Aber kurzfristig gilt es jetzt erstmal, sich tagtäglich in kleinen Schritten zu verbessern und kleine Ziele zu erreichen. Ich möchte mich hier in Madrid etablieren und als Spieler mein Spiel und meinen Rhythmus finden. Natürlich möchte ich hier auch Trophäen gewinnen.