Ein Blick auf die Tabelle der englischen Championship zeigt den sportlichen Ernst der Lage für die Stadt Sheffield. Diese ist gleich doppelt in der unteren Tabellenregion vertreten. Sowohl Sheffield United als auch Sheffield Wednesday stecken mitten im Abstiegskampf der zweiten englischen Liga.

Damit drohen auf der Insel nicht nur zwei absolute Urgesteine von der Bildfläche zu verschwinden, sondern gleich eine ganze Fußball-Stadt. Gemeinsam gehören Klubs mit fünf Meistertiteln unweigerlich zur englischen Fußballhistorie – ein Erbe, das nun endgültig zu verblassen scheint.

Nach knappen Playoff-Aus: Sheffield United mit Katastrophenstart

Für Sheffield United zeigte die Entwicklung in den vergangenen Jahren klar nach unten: Nach dem direkten Aufstieg in die Premier League in der Saison 2022/23 stieg man im Folgejahr hoffnungslos als Schlusslicht wieder aus dem Oberhaus ab.

In der vergangenen Saison kämpften sich die „Blades“ zwar bis ins Playoff-Finale, gegen den AFC Sunderland musste der Klub seine Träume vom direkten Wiederaufstieg jedoch begraben. Daraufhin wurde Coach Chris Wilder entlassen.

Unter dessen Nachfolger Rubén Sellés nahm die sportliche Katastrophe beim ambitionierten Zweitligisten jedoch erst so richtig an Fahrt auf. Nach fünf Spielen, fünf Niederlagen und einer blamablen 0:5-Klatsche gegen Ipswich musste der Spanier wegen des katastrophalen Saisonstarts sein Amt räumen.

Trainer vier Monate nach Entlassung wieder eingestellt

Grund genug für ein Umdenken der Vereinsführung sowie eine kuriose, daraus resultierende Entscheidung: Lediglich vier Monate nach dessen Entlassung wegen des misslungenen Wiederaufstiegs holte man Ex-Coach Wilder zurück an die alte Wirkungsstätte.

Nachtragend wegen seiner Entlassung war der 58-Jährige nicht. Nach der Übernahme des Tabellenschlusslichts sagte Wilder auf Nachfrage von BBC Radio Sheffield: „Für mich ist dieser Klub etwas ganz Besonderes und Einzigartiges. Ich möchte hier nicht herkommen und mich selbstgefällig über die Situation auslassen. Es ist mein Fußballverein, und wir stehen am Tabellenende.“

Nach einer 0:1-Niederlage gegen Charlton Athletic konnte der Rückkehrer tatsächlich gegen Oxford United für die ersten Punkte der Saison sorgen (1:0). Mit drei Siegen aus den letzten sieben Spielen ist an der Bramall Lane zumindest ein Aufwärtstrend zu sehen. Auch wenn man den letzten Tabellenplatz verlassen hat, befindet sich der englische Meister von 1898 jedoch weiterhin im Abstiegskampf.

Insolvenzantrag und zweistelliger Punktabzug

Knapp 20 Minuten entfernt am Hillsborough Stadium, wo Sheffield Wednesday zu Hause ist, sieht die Perspektive noch viel düsterer aus. Der Verein, der 1867 gegründet wurde und somit zu den ältesten aktiven Fußballvereinen Englands zählt, stellte kürzlich einen Insolvenzantrag und erhielt infolgedessen einen Abzug von zwölf Punkten.

Nachdem der traditionsreiche Klub im bisherigen Saisonverlauf lediglich einen Sieg in der Liga einfahren konnte, war man vor dem Punkteabzug bereits Tabellenschlusslicht. Verantwortlich für die finanziellen Probleme des Zweitligisten ist der thailändische Ex-Besitzer Dejphon Chansiri, der den Verein 2015 übernahm. Seither machte Sheffield Wednesday immer wieder hohe Verluste – bereits 2020 wurde man zu einem Zwölf-Punkte-Abzug verdonnert.

Daraufhin eskalierte die Lage bei den „Owls“ immer mehr. Nach deutlicher Kritik der eigenen Fans entschied sich Chansiri, kein Geld mehr in den Verein zu investieren. In den vergangenen Monaten wurden deshalb Gehälter nicht pünktlich ausgezahlt, was zu Protesten und Klage-Drohungen der Spieler führte. Diese boykottierten als Reaktion ein Testspiel gegen den FC Burnley.

„Insolvenzverwalter nach erheblichen Bemühungen eingesetzt“

Zu allem Überfluss erhielt Sheffield Wednesday daraufhin auch noch eine Transfersperre, die es dem Verein bis zum Winter 2026/27 nicht ermöglicht, neue Spieler zu verpflichten. Auch das Gehalt des deutschen Ex-Coaches Danny Röhl, der mittlerweile für die Glasgow Rangers tätig ist, konnte der Zweitligist im Sommer nicht mehr bezahlen.

In einem offiziellen Statement des Klubs hieß es: „Die Insolvenzverwalter wurden nach erheblichen Bemühungen in den letzten Wochen eingesetzt, einen Verkauf an einen glaubwürdigen künftigen Verwalter zu vereinbaren, der leider nicht zustande kam, angesichts des zunehmenden Drucks seitens der Gläubiger.“

HERE SHOULD BE OZ IMAGE – EMBED IT AGAIN WITH TRANSFORMATION ID: 2ef81bde-2c39-4e6b-b6df-a218574e79f5
CAPTION: Sheffield Wednesdays Fans protestierten gegen den Klubbesitzer Dejphon Chansiri
DESCRIPTION: Sheffield Wednesdays Fans protestierten gegen den Klubbesitzer Dejphon Chansiri

Sheffield Wednesdays Fans protestierten gegen den Klubbesitzer Dejphon Chansiri
Sheffield Wednesdays Fans protestierten gegen den Klubbesitzer Dejphon ChansiriSheffield Wednesdays Fans protestierten gegen den Klubbesitzer Dejphon Chansiri

Laut englischen Medienberichten beugten die „Owls“ somit einem Antrag auf Auflösung des Vereins durch die englische Steuerbehörde His Majesty’s Revenue & Customs vor, von dem man im Vorhinein gewusst haben soll.

Fans glücklich über Chansiri-Aus

Die Fans von Sheffield Wednesday zeigten sich trotz der schwierigen sportlichen Lage glücklich darüber, dass der verhasste Klubbesitzer sein Amt räumen musste. „Der heutige Tag ist einer der bittersüßesten Tage in der stolzen 158-jährigen Geschichte unseres Vereins. Die Insolvenz war das unvermeidliche Ergebnis jahrelanger finanzieller Misswirtschaft, mangelnder Rechenschaftspflicht und wiederholter Versäumnisse, glaubwürdige Käufer zu finden“, hieß es in einem offiziellen Statement.

„Wir sind überglücklich, dass Dejphon Chansiri unseren Verein endgültig verlassen hat. Da der Verein nun vollständig aus Chansiris Händen genommen wurde, könnte dies der erste Schritt sein, um unser Wednesday zurückzubekommen“, so die Unterstützer der Owls weiter.

Trotz der Zufriedenheit über das Ende der Chansiri-Ära scheint ein Abstieg in die League One kaum vermeidbar zu sein. Durch den Punktabzug trennen Sheffield Wednesday aktuell 16 Punkte von einem Platz, der nicht den Abstieg bedeuten würde.