Licht aus, Spot an. Wenn es nach den Fans des 1. FC Köln geht, soll am Mittwochabend im heimischen Stadion kein erwartbares Spiel, sondern ein echtes Fußball-Epos über die Leinwand gehen.

Der „Effzeh“ träumt von der besonderen Geschichte, in der der Underdog den schier übermächtigen FC Bayern aus dem Pokal kegelt (ab 20.45 Uhr im LIVETICKER). Ein Sieg hätte für die Kölner das Zeug zu einem Blockbuster.

Wie passend also, dass SPORT1 Sportdirektor Thomas Kessler nicht auf dem Rasen, sondern im hauseigenen Kinosaal des Geißbockheims zum Interview trifft. Zwischen knallroten Sitzen mit dem FC-Wappen spricht der ehemalige Keeper über die Kölner Chancen, das Wiedersehen mit Jonas Urbig und natürlich über die Zukunft des Kölner Shootingstars Said El Mala.

SPORT1: Herr Kessler, wie haben Sie die Nachricht der schlimmen Knieverletzung von Timo Hübers aufgenommen? Was bedeutet sein Ausfall für euch?

Thomas Kessler: Das ist natürlich für uns als Klub und für die Mannschaft, aber in erster Linie für Timo selbst extrem bitter. Er ist ein Spieler, der sehr verdient ist bei uns, der sich nicht nur in diesem Zweikampf, sondern schon immer voll in den Dienst der Mannschaft stellt. Da sieht man, wie schnell es manchmal im Fußball gehen kann. Wir stehen Timo zu 100 Prozent zur Seite. Wir werden alles dafür geben, ihn bestmöglich zu betreuen, damit er auch schnellstmöglich wieder auf dem Platz stehen kann. Gerade in den ersten Stunden nach so einer Verletzung ist es wichtig, dass er das erstmal für sich selbst verarbeitet. Aber wir stehen ihm da zur Seite.

SPORT1: Besteht die Hoffnung, dass es in dieser Saison noch mit einem Comeback funktioniert oder ist das aktuell noch gar nicht abzusehen?

Kessler: Wir können nicht in die Glaskugel schauen. Wir werden jetzt schauen, wie die OP verlaufen ist und wie die Heilung in den kommenden Monaten voranschreitet.

SPORT1: Hübers‘ Vertrag läuft nach der Saison aus. Gibt es die Option, mit ihm vorzeitig zu verlängern – ähnlich wie bei Luca Kilian?

Kessler: Natürlich werden wir uns auch über die Zukunft von Timo unterhalten, aber ich glaube, aktuell ist nicht der richtige Zeitpunkt, um darüber zu sprechen.

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CAPTION: Köln-Boss Thomas Kessler reagiert auf Horror-Verletzung
DESCRIPTION: Im exklusiven SPORT1-Interview reagiert Kölns Sportdirektor Thomas Kessler auf die Horror-Verletzung von Timo Hübers.

Im exklusiven SPORT1-Interview reagiert Kölns Sportdirektor Thomas Kessler auf die Horror-Verletzung von Timo Hübers.

Im exklusiven SPORT1-Interview reagiert Kölns Sportdirektor Thomas Kessler auf die Horror-Verletzung von Timo Hübers.

SPORT1: Wie haben Sie die sechste Minute der Nachspielzeit in Dortmund erlebt?

Kessler: Diese Momente gehören zum Sport dazu. Die Jungs haben alles in die Waagschale geworfen, gerade in der ersten Halbzeit tollen Fußball gespielt. Wir hatten einige gute Ballgewinne und Umschaltmomente. Leider haben wir unsere wenigen Chancen nicht genutzt. Auch wenn das Ende denkbar bitter war, die Art und Weise darf uns Mut machen.

„Nagelsmann und Kronenberg werden sich ihre Gedanken machen“

SPORT1: Marvin Schwäbe hat gegen Dortmund einen weiteren Sahnetag erwischt. Sie waren selbst Torhüter. Hat er im Sommer nochmal einen Schritt nach vorne gemacht?

Kessler: Dass Marvin ein guter Torwart ist, wissen wir seit Jahren. Dass Lukas (Kwasniok; Anm. d. Red.) ihn zum Kapitän gemacht hat, hat ihn nochmal in seiner Rolle bestärkt. Es geht aber nicht nur um seine herausragenden Leistungen auf dem Platz, sondern auch darum, wie er sich neben dem Platz und als Führungspersönlichkeit verhält. Bestes Beispiel: Nach der Verletzung von Timo hat er alle Spieler zu sich gerufen und zur Mannschaft gesprochen. Und genau das zeichnet einen Kapitän aus: Dass du in schwierigen Momenten vorangehst und der Mannschaft Sicherheit gibst.

SPORT1: Wie sehen Sie ihn denn in der Rangordnung der deutschen Torhüter? Wäre er auch einer für die Nationalmannschaft?

Kessler: Das zu beurteilen fällt mir schwer. Er ist sicher ein überdurchschnittlich guter Bundesliga-Torhüter. Wir brauchen in dieser Saison auch einen sehr guten Torhüter. Wir haben sogar zwei, die in der Bundesliga problemlos bestehen können. Darüber sind wir sehr glücklich. Und zum Thema DFB-Elf: Julian Nagelsmann und Andreas Kronenberg (Torwarttrainer Nationalmannschaft; Anm. d. Red.) werden sich ihre Gedanken machen und genau hingucken.

„In Köln geht es immer sehr schnell“

SPORT1: Der FC steht mit elf Punkten auf dem achten Platz der Bundesliga. Wie zufrieden sind Sie als Aufsteiger mit diesem Start?

Kessler: Nach dem großen Umbruch im Sommer, inklusive neuem Trainerteam, haben wir einen guten Start hingelegt. Lukas hat sich hier top eingefügt, er passt perfekt zur Stadt und zum Umfeld. Unser Start verlief sehr vielversprechend.

SPORT1: Die Spiele gegen die Top-Teams Leipzig (1:3), Stuttgart (1:2) und den BVB (0:1) haben Sie jeweils knapp verloren. Zeigt das trotzdem, dass der Klub im Sommer vieles richtig gemacht hat?

Kessler: Ein Fazit ziehe ich gerne nach der Saison. In Köln geht das alles immer sehr schnell. Wenn wir zwei Spiele gewinnen, greifen wir nach Europa. Wenn wir zwei verlieren, sind wir schon wieder abgestiegen. Uns ist wichtig, dass wir das realistisch einschätzen. Wir sind auf einem guten Weg. Aber auch nicht mehr. Wir müssen täglich an unseren Themen arbeiten. Leistungen wie am Wochenende gegen den BVB sind nicht selbstverständlich. Es kommt auf Kleinigkeiten an und wir dürfen keinen Zentimeter nachgeben.

SPORT1: Sie sind 1999 zum Verein gekommen. Erst als Jugendspieler, dann Profi und nach der Spieler-Laufbahn als Trainee – hinter ihnen liegt der erste Transfersommer als Sportdirektor. Wie intensiv war das für Sie?

Kessler: Es war ein anstrengender Sommer, gerade nach der Transfersperre – und im Hinblick auf unsere Planungen für die Bundesliga. Fix damit loslegen konnten wir erst, als der Aufstieg nach dem Spiel gegen Kaiserslautern feststand. Dazu mussten wir ein neues Trainerteam zusammenstellen. Es war ein außergewöhnlich intensiver Sommer.

„Das ist keine One-Man-Show“

SPORT1: Wie hat sich Ihr Alltag verändert?

Kessler: Ich trage die Hauptverantwortung für den Sport und werde an den Ergebnissen gemessen. Eine Rolle spielt dabei auch, wie gut Trainer und Transfers funktionieren. Das ist aber keine One-Man-Show. Am Ende muss ich zwar die Entscheidungen treffen und diese verantworten, aber ich habe viele gute Mitarbeiter um mich herum, die mit einer Menge Herzblut für den FC arbeiten. Ich bin ein absoluter Teamplayer.

SPORT1: Seit rund einem Monat hat der FC einen neuen Vorstand. Gerade wird darüber spekuliert, ob der Verein einen dritten Geschäftsführer – einen für den sportlichen Bereich – installiert. Wäre das für Sie vorstellbar? Immerhin wurden Sie im Sommer gerade erst befördert.

Kessler: Grundsätzlich würde ich mir das zutrauen. Für diesen Weg habe ich meine Ausbildung ausgerichtet. Ich habe mich sehr früh dafür entschieden, im Management arbeiten zu wollen und mich kontinuierlich auf solch eine Position vorbereitet. Deshalb kann ich mir das vorstellen. Aber der Vorstand ist erst seit ein paar Wochen im Amt, wir müssen uns jetzt erstmal richtig kennenlernen. Neben dem Sport gibt es viele Themen. Fakt ist: Wir alle wollen den Klub gemeinsam nach vorne bringen.

„Wir wollen einen großen Pokalfight liefern“

SPORT1: Nun geht es gegen den schier übermächtigen FC Bayern. Wie wollen Sie weiterkommen?

Kessler: Die Bayern sind zurecht ganz oben in der Bundesliga, sie sind eine der besten Mannschaften in Europa. Aber genau das sind die Herausforderungen, die du als Fußballer erleben möchtest. Natürlich wird das alles andere als einfach. Aber wir spielen zuhause, unter Flutlicht. Die Spieler sind heiß darauf. Wir werden uns auf jeden Fall nicht auf den Rücken legen und es über uns ergehen lassen. Wir wollen einen großen Pokalfight liefern. Natürlich brauchst du auch ein bisschen Matchglück und vermutlich auch einen sehr guten Torhüter. Auch am Wochenende konnten wir zeigen, dass wir im Ballbesitz mit den Jungs in der Offensive gefährlich werden und dem Gegner wehtun können. Wehen Wiesbaden hat es den Bayern in der ersten Runde auch nicht leicht gemacht, daran wollen wir anknüpfen.

SPORT1: Es kommt zum Wiedersehen mit Jonas Urbig, der für die Bayern im Tor stehen wird. Haben Sie noch Kontakt?

Kessler: An seinem Geburtstag (8. August; Anm. d. Red.) hatten wir zuletzt Kontakt. Ich war überrascht, dass er direkt abgenommen hat. Er hat sich sehr gefreut. Ich habe Jonas über viele Jahre begleitet und es war relativ früh klar, dass er über außergewöhnliches Talent verfügt. Er hat über die Leihstationen in Regensburg und Fürth eine tolle Entwicklung genommen, sodass er dann auch bei uns die Nummer eins war. Auch wenn sich der Trainer im letzten Jahr in einer schwierigen Phase für Marvin Schwäbe entschieden hat. Allein, dass er jetzt bei Bayern spielt, zeigt: Jonas ist ein sehr, sehr talentierter Torhüter, der eine Menge Potenzial hat und sehr lernfähig ist. Für sein junges Alter ist er zudem wahnsinnig weit. Ich freue mich für ihn, dass er jetzt beim FC Bayern spielt und freue mich darauf, ihn zu sehen. Trotzdem hoffe ich natürlich, dass er den ein oder anderen Ball passieren lassen muss (lacht).

SPORT1: Kennen Sie Ihre persönliche Bilanz gegen die Bayern, als Sie zwischen den Pfosten standen?

Kessler: Ich kann mich erinnern, dass ich mit dem FC St. Pauli mal eine Rote Karte kassiert habe, weil sich Thomas Müller für meinen Geschmack zu sehr fallen gelassen hat (Dezember 2010, Anm. d. Red.). Und ich kann mich erinnern, dass wir mit dem FC mal an einem Karnevalswochenende in München gewonnen haben.

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CAPTION: Thomas Kessler sah Ende 2010 gegen Bayern die Rote Karte
DESCRIPTION: Thomas Kessler sah Ende 2010 gegen Bayern die Rote Karte

Thomas Kessler sah Ende 2010 gegen Bayern die Rote Karte
Thomas Kessler sah Ende 2010 gegen Bayern die Rote KarteThomas Kessler sah Ende 2010 gegen Bayern die Rote Karte

SPORT1: Dreimal standen Sie gegen die Bayern im Tor. Es gab drei Niederlagen: 0:3, 0:3 und 1:8.

Kessler: Oh ja. So etwas verdrängt man natürlich gerne (lacht).

„Er ist noch nicht am Ende“

SPORT1: Aber der Sieg am Karnevalswochenende ist richtig. 2:1 hat der 1. FC Köln im Jahr 2009 gewonnen. Damals spielte noch ein gewisser Lukas Podolski für die Bayern. Genau nach so einem Typ sehnen sich die FC-Fans. Haben Sie ihn in Said El Mala gefunden? Wie erlebt er selbst den Hype um seine Person?

Kessler: In allererster Linie ist er sehr fokussiert. Ich glaube, dass Said nach der Leihe zu Viktoria Köln darauf gebrannt hat, hier Bundesliga spielen zu dürfen. Die ersten Einsätze waren sehr vielversprechend. Man darf aber trotzdem nicht vergessen, dass er am Wochenende gegen den BVB erst das zweite Mal in der Bundesliga in der Startelf stand. Die Erwartungshaltung in Köln kann immens groß werden, auch durch das mediale Umfeld. Wir tun alle gut daran, vernünftig mit ihm zu arbeiten. Er kann das mit seinem Umfeld sehr ordentlich einschätzen. Und wir werden ihn dabei begleiten, dass er sich bei uns Schritt für Schritt weiterentwickelt. Er ist noch nicht am Ende.

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CAPTION: El Mala? "Erwartungshaltung kann sehr groß werden"
DESCRIPTION: Effzeh-Sportdirektor Thomas Kessler schwärmt von Said El Mala und nennt die Gründe für die vorzeitige Vertragsverlängerung.

Effzeh-Sportdirektor Thomas Kessler schwärmt von Said El Mala und nennt die Gründe für die vorzeitige Vertragsverlängerung.

Effzeh-Sportdirektor Thomas Kessler schwärmt von Said El Mala und nennt die Gründe für die vorzeitige Vertragsverlängerung.

SPORT1: Wieso ist Köln dabei die perfekte Adresse? Es gibt eine Vielzahl anderer Vereine, die ihn auf dem Zettel haben …

Kessler: Wir saßen im Sommer lange mit ihm und seinen Interessenvertretern zusammen und haben seinen bis 2029 laufenden Vertrag um ein weiteres bis 2030 verlängert. Damit haben wir ein klares Statement gesetzt, dass wir mit ihm die Zukunft sehen und sind sehr froh darüber, dass Said bei uns ist.

SPORT1: Bis zum 11.11. stehen noch drei Spiele auf dem Programm: Die Bayern im Pokal, das Aufsteiger-Duell gegen den HSV und das Rheinderby gegen Borussia Mönchengladbach. Wie viele Punkte sind eingeplant?

Kessler: Bei Florian König im Doppelpass müsste ich jetzt zahlen, aber wir tun gut daran, von Spiel zu Spiel zu gucken. Der Fokus gilt jetzt erstmal den Bayern und danach werden wir alles dafür tun, dass wir den Abstand nach unten weiterhin halten.

SPORT1: Sie sind mal als Tim Wiese an Karneval gegangen. Steht Ihr Kostüm für dieses Jahr denn schon?

Kessler: Die Stadt ist schon extrem heiß auf diesen Tag. Um ehrlich zu sein, ist der 11.11. aber gar nicht so mein Thema. Für mich findet der Karneval erst so richtig im Februar statt. Dann, wenn wir auch unsere FC-Sitzung haben. Da bin ich gerne dabei, um punktuell zu feiern und die Zeit zu genießen. Aber wir haben gerade viele andere Themen im Verein, die wir in der Länderspielpause, rund um den 11.11., vorantreiben wollen.