Das Spiel war spannend, die Stimmung mitreißend – und der Lärmpegel hoch. „Es war ziemlich laut“, sagte Shane Steichen, der Head Coach der Indianapolis Colts, nach dem NFL-Spiel in Berlin und fügte in Richtung der Deutschen hinzu: „Ich weiß, ihr singt gern. Und wenn die Stimmen erklingen, ist es wirklich laut. Es hat aber riesigen Spaß gemacht, die Atmosphäre war einfach phänomenal.“
Bereits Stunden vor Spielbeginn war zu spüren, dass an diesem Sonntag ein besonderes Event stattfindet. Überall liefen Leute mit NFL-Trikots herum. Nicht nur die Jerseys der Indianapolis Colts und der Atlanta Falcons, die im Berliner Olympiastadion aufeinandertrafen, waren zu sehen. Die Trikots anderer Teams wie der Kansas City Chiefs, Seattle Seahawks oder Pittsburgh Steelers waren genauso präsent.
Es kamen viele Fans zusammen, die einfach nur diesen Sport feiern wollten.
NFL: Hohe Ticketpreise, teure Fanartikel
Die Ticketpreise waren hoch – zwischen 83 und 375 Euro. Dies sorgte in Fankreisen für Kritik. Bis kurz vor dem Spiel waren noch einige (wenige) Restkarten erhältlich. Schlussendlich aber war das Stadion mit 72.203 Zuschauern voll besetzt.
Einer der beliebtesten Orte vor Spielbeginn: die Merchandise-Stände. Die Preise hatten es in sich. Ein Trikot der Indianapolis Colts gab es für 130 Euro, ein Kapuzenpullover der Atlanta Falcons für 70 Euro, ein Mini-Helm zum „NFL Berlin Game“ für 46 Euro – um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Gesalzene Preise auch an den Imbissständen: Einen Pulled Beef Burger mit Softgetränk gab es für 22,50 Euro, Popcorn für 7,50 Euro, eine Brezel für 6,50 Euro. Die Schlangen waren dennoch lang. Ganz nach dem Motto: Was soll’s, NFL ist nur einmal im Jahr!
Gänsehaut-Moment vor Spielbeginn in Berlin
Der größte Gänsehaut-Moment ereignete sich bereits vor dem Spiel. Zum 36-jährigen Jubiläum des Mauerfalls hatte sich die NFL eine Zeremonie überlegt.
Auf allen Plätzen wurden Fahnen platziert, die von den Zuschauern geschwenkt wurden, sodass sich die Nationalfarben Deutschlands und der USA ergaben – dazwischen das NFL-Logo. Der Song „Wind of Change“ von den Scorpions wurde dazu gespielt.
Björn Werner hatte mit den Tränen zu kämpfen. Für den heutigen TV-Experten war das Spiel emotional. Der frühere Erstrunden-Pick ist in Berlin aufgewachsen und spielte von 2013 bis 2015 für die Colts. Dann wurde es laut: Der 35-Jährige läutete mit einem Gongschlag auf den Colts-Amboss das Spiel ein. Die Fans schrien vor Begeisterung.
Die Vergangenheit von Werner bei den Colts könnte ein Grund dafür gewesen sein, dass ein Großteil der anwesenden Fans Indianapolis anfeuerte.
„Die Gastfreundschaft war super. Es hat sich wirklich wie ein Heimspiel angefühlt“, sagte Kenny Moore, der Cornerback der Colts, später.
Plötzlich steht Scooter in der Endzone
Ein NFL-Spiel ist nicht nur Sport, sondern vor allem eine riesengroße Party. Zwischen den einzelnen Spielzügen gab es musikalische Beiträge, teilweise sogar Live-Interpreten.
Plötzlich stand Scooter-Frontmann HP Baxxter in der Endzone und heizte die Zuschauer mit seinem Hit „I Like It Loud“ an: „Dub, dub dub, da da dub, dub dub.“ In der Halftime trat der australische Superstar The Kid LAROI auf.
Aber auch die Zuschauer gaben alles und zeigten jene Freude am Gesang, die Colts-Trainer Steichen so lobte. Im Schlussviertel sangen die Fans gemeinsam „Take Me Home, Country Roads“. Seit dem ersten NFL-Spiel in München im Jahre 2022 ist dies ein fester Bestandteil der Spiele auf deutschem Boden.
Überhaupt wurden die Fans immer wieder dazu animiert, sich an den Show-Elementen zu beteiligen. Es gab Lichtershows, die berühmte Kiss-Cam – und über die Videowand wurde immer wieder die Aufforderung „Make Noise – macht Lärm“ eingeblendet.
100-Millionen-Dollar-Mann „voller Emotionen“
Der Österreicher Bernhard Raimann stand mit den Colts bereits vor zwei Jahren in Frankfurt auf dem Platz.
„Es ist ein unglaubliches Gefühl. Die Atmosphäre war wieder der Wahnsinn“, sagte der Offensive Liner, der im Juli einen Vertrag über vier Jahre und 100 Millionen US-Dollar unterzeichnete.
„Frankfurt vor zwei Jahren war der Wahnsinn, und jetzt hier im Olympiastadion in Berlin – was für ein historisches Stadion, was für ein großartiger Ort zum Footballspielen! Ja, ich bin gerade voller Emotionen. Ich kann es gar nicht in Worte fassen.“
„Riesiger Spaß“ trotz Niederlage
Er hatte allen Grund zur Freude. Indianapolis gewann das Spiel in der Overtime mit 31:25.
Mit einer Bilanz von acht Siegen und zwei Niederlagen sind die Colts, die vor der Saison eher als Außenseiter galten, voll auf Playoff-Kurs. Bei den Falcons hingegen schwinden die Playoff-Chancen nach drei Siegen und sechs Niederlagen.
Dementsprechend geknickt war Michael Penix Jr., der Quarterback von Atlanta. Auf Nachfrage von SPORT1 lobte aber auch er das Event: „Es war einfach großartig. Die Atmosphäre war fantastisch. Es hat riesigen Spaß gemacht, hier spielen zu dürfen. Die Fans waren unglaublich. Es war definitiv ein tolles Erlebnis, das ich nie vergessen werde.“
Die Fans im Stadion vermutlich auch nicht.