In der modernen Fußball-Welt, in der sich vieles nur um Tore und Vorlagen dreht, stellt Jérémy Doku von Manchester City womöglich das perfekte Gegenbeispiel dar.
Der Belgier, inzwischen in seiner dritten Saison bei den Cityzens, besticht eher weniger durch seine Torausbeute – und doch ist er einer dieser Spieler, für die Fans ins Stadion gehen. Was die Zuschauer im Etihad Stadium am Sonntagnachmittag von Doku zu sehen bekamen, passte nicht ins gewohnte Bild.
Der „Count“, wie Doku in Manchester in Anlehnung an den Bösewicht „Count Dooku” der Star-Wars-Reihe genannt wird, ließ sein pures Talent am Ball nicht nur aufblitzen: Er fegte Liverpool bei seinem 100. Einsatz für City beinahe im Alleingang aus dem Stadion.
„Ein Wirbelwind aus Tricks und Sprints“
Nach einer meisterlichen Darbietung inklusive herausgeholtem Elfmeter setzte der Belgier mit seinem Traumtor zum 3:0 schließlich den Schlusspunkt (62.). Nach einem schnellen Haken nach rechts zirkelte Doku den Ball aus knapp 20 Metern mit einem wunderschönen Schlenzer unhaltbar ins lange Eck.
Als „eine Augenweide“ beschrieb der englische Guardian Dokus Schlenzer, setzte den Fokus allerdings auch auf seine Leistung abseits des Treffers. „Er war wie ein Wirbelwind aus Tricks und Sprints und hat die Ovationen bei seiner Auswechslung verdient.“
Mit mehr als zehn Dribblings und zehn gewonnenen Zweikämpfen sowie mehr als drei kreierten Chancen und drei Schüssen aufs Tor begab sich Doku zudem in prominente Gesellschaft. Der letzte Spieler, dem dies gelungen war, war der damalige Premier-League-Superstar Eden Hazard im Jahr 2019.
„Doku wird nie ein Top-Scorer werden“
„Der vielleicht auffälligste Aspekt von Jérémy Dokus mitreißender Leistung war seine Verspieltheit, seine Freude am Spiel und die Art und Weise, wie er vom ersten Moment an voll dabei war und quasi auf dem Spielfeld tanzte“, heißt es weiter. „Er hatte Spaß daran, und jedes Mal, wenn er an den Ball kam, läuteten bei Liverpool die Alarmglocken. Er strahlte pure Bedrohung aus.“
In dieser Saison war dies überhaupt Dokus erster Treffer in der Premier League. Doch daran sollte man ihn nicht messen, wie auch sein Trainer Pep Guardiola nach dem Spiel betonte. „Ich glaube, Doku wird nie ein Top-Scorer werden. Aber er strebt danach, besser zu werden und hört zu. Und er hat besondere Fähigkeiten beim Dribbling“, sagte der Spanier nach der Partie – und er hat recht.
Auch der Mann des Spiels selbst schlug nach Abpfiff in dieselbe Kerbe. „Ich bin kein Spieler, der nach einem Spiel sagt: ‚Du hast kein Tor geschossen, du hast keine Vorlage gegeben, du hast schlecht gespielt.‘ So ein Spieler bin ich nicht“, schilderte Doku seine Herangehensweise. „Ein schlechtes Spiel ist für mich, wenn ich den Ball nicht berühre, wenn ich nicht effektiv bin oder wenn ich viele Bälle verliere: Das ist ein schlechtes Spiel.“
An Torbeteiligungen will sich der belgische Nationalspieler nicht messen lassen: „Wenn ich heute kein Tor geschossen hätte, hätte ich dann gesagt, dass es ein schlechtes Spiel war? Nein, ich hätte gesagt, dass es ein gutes Spiel war. So bin ich und so werde ich auch bleiben.“
Während Doku nicht für die Rolle als Torjäger gemacht zu sein scheint, darf seine Wichtigkeit für das System bei City nicht unterschätzt werden. Durch seine Qualität im Eins-gegen-eins reißt der Belgier Lücken und kreiert Platz für seine Mitspieler, der von Statistiken nur schwer erfasst werden kann.
Guardiola-Lob: „Wenn es um Einfluss geht …“
Guardiola hätte wohl auch ohne Torbeteiligung nur lobende Worte über den 23-Jährigen verloren. Für den Spanier habe Doku „eine der besten Leistungen“ im City-Trikot auf den Platz gebracht. Pep schob allerdings auch hinterher: „Wenn es um Einfluss geht.“
Denn während auch weiterhin zumeist Vorlagen und Tore im Blickfeld der Beobachter stehen werden, ist es der Einfluss von Spielertypen wie Doku, die überhaupt erst den Platz schaffen, damit andere glänzen können.