Was die Heidenheimer vorhatten, war zumindest direkt nach dem Anpfiff noch zu erkennen. Mit aggressivem Anlaufen, energievoll und mit einer unübersehbaren kämpferischen Note setzten die Männer von Frank Schmidt die Leverkusener unter Druck. In der Theorie ein gut gemeinter Plan, in der Praxis aber sofort von einem Mann zunichte gemacht: von Ibrahim Maza. Der zog den Gästen nur 58 Sekunden, nachdem Schiedsrichter Bastian Dankert die Partie freigegeben hatte, direkt den Stecker.

Nach einer Reihe von wilden Zweikämpfen setzte Maza dem Chaos ein Ende und griff im Mittelfeld gegen Mathias Honsak beherzt ein. Nicht mit der von ihm ansonsten bekannten feinen Klinge, sondern mit einer robusten Grätsche – der Ursprung des Führungstores der Werkself. Denn der 19-Jährige öffnete so die Tür, schaltete nach dem Ballgewinn clever um und schickte Ernest Poku auf die Reise. Der flinke Niederländer bediente Patrik Schick, der vom linken Fünfereck vollstreckte.

Ibrahim Maza findet sich bei Bayer Leverkusen immer besser zurecht
Ibrahim Maza findet sich bei Bayer Leverkusen immer besser zurechtIbrahim Maza findet sich bei Bayer Leverkusen immer besser zurecht

Es war der Grundstein für Leverkusens 6:0 gegen dann total überforderte Heidenheimer – und der erste nachhaltige Akzent von Maza, der sich am Samstag nahe der Perfektion bewegte: Den ersten Treffer eingeleitet, vor der Pause das 5:0 selbst erzielt, nach dem Seitenwechsel den Doppelpack geschnürt. Dazu kamen 94 Prozent seiner Pässe an, er gestaltete alle seine vier Dribblings erfolgreich, gewann überragende 89 Prozent seiner Zweikämpfe und spulte das größte Laufpensum aller Spieler auf dem Platz ab. Nach nicht ungewöhnlichen Anlaufproblemen ist Maza endgültig ins Rampenlicht gerückt.

Maza wird wiederholt zum Matchwinner

Anfangs sei es für Maza bei Bayer „schwierig“ gewesen, „weil mir diese gewisse Chemie gefehlt hat, da man sich noch nicht so gut kennt“, sagte er. Doch mittlerweile habe sich alles eingependelt – und der 19-Jährige ist sportlich sehr gefragt. Weil Ezequiel Fernández und Exequiel Palacios verletzt sind, packte Trainer Kasper Hjulmand den eigentlichen Zehner notgedrungen auf die Doppelsechs. Eine Idee, die augenscheinlich nicht verkehrt war. Sowohl beim spektakulären Pokal-Krimi in Paderborn als auch in der Champions League bei Benfica Lissabon sicherte sich Maza den „Match-of-the-Match“-Award.

Gäbe es in der Bundesliga auch eine solche individuelle Trophäe, hätte der Youngster nach seiner Gala-Vorstellung gegen Heidenheim nun wohl sogar schon den dritten Preis innerhalb von elf Tagen abgeräumt. Oder etwa nicht? „Das würde ich nicht sagen“, übte sich Maza am Samstag in Bescheidenheit: „Es freut mich einfach, dass wir nach diesen harten Wochen mit einem Sieg und einem guten Gefühl in die Länderspielpause gehen konnten. Hoffentlich können wir nach danach weitermachen, wo wir aufgehört haben.“

Maza-Verpflichtung ein absoluter Volltreffer

Dennoch verfestigt sich immer mehr der Eindruck, dass die Verpflichtung von Maza, im Sommer für 12 Millionen Euro von Hertha BSC ins Rheinland gewechselt, ein absoluter Volltreffer ist. Die ursprüngliche Investition in die Zukunft entwickelt sich schneller als von vielen erwartet, der Sprung von der zweiten in die erste Liga scheint nicht zu groß – wobei vor allem verblüffend ist, wie gut er die Rolle des Sechsers ausfüllt. Das von Hjulmand geforderte Pressing und Gegenpressing führte der Kreativspieler perfekt aus. Und seine technischen Fähigkeiten sind ja ohnehin bekannt.

Ibrahim Maza überzeugt bei Bayer Leverkusen
Ibrahim Maza überzeugt bei Bayer LeverkusenIbrahim Maza überzeugt bei Bayer Leverkusen

Weshalb Maza leichte Wirtz-Vibes versprüht

Eine Kostprobe davon bekamen die nach rund einer Minute gebrochenen und fortan nicht mehr wirklich bundesligatauglichen Heidenheimer in der 53. Minute mit auf den Weg. Maza erhielt im Zentrum den Ball, suchte das Eins-gegen-Eins-Duell mit Adam Kölle, überrumpelte diesen, sprintete einfach los und schoss mit dem rechten Außenrist trocken ins kurze Eck. Sein Dribbling auf engstem Raum und seine Bewegungen mit der Kugel waren eine Augenweide. Nicht wenige dürften sich in jenen Momenten leise gefragt haben: Florian Wirtz, bist du es?

Der gebürtige Berliner gehört immerhin zu den Jungs, die den Verlust des deutschen Nationalspielers gemeinsam auffangen sollen. Gleichwohl galt Maza von Beginn an als besonders großes Versprechen für die Zukunft. Weshalb das so ist, hätte in den jüngsten Spielen nicht klarer werden können. Denn in manchen Aktionen ähnelt er Wirtz sehr. Auf die Frage, ob Maza ähnlich talentiert sei, trat Teamkollege Schick jedoch auf die Bremse. „Schwer zu sagen. Florian war noch auf einem anderen Niveau, aber Ibo ist auch ein großartiger Fußballer“, sagte der Torjäger bei Sky.

„Ibo ist ein Super-Lerner“

Natürlich ist ein Vergleich mit Wirtz zum jetzigen Zeitpunkt noch viel zu hoch gegriffen. Und doch verzauberte die Art und Weise, wie Maza Räume öffnete, aufdrehte und andribbelte, seine Mitspieler leuchten ließ und sogar selbst vollendete, Bayer in den letzten Tagen nachhaltig. „Herz und Käfigkicker-Mentalität“, bescheinigte Hertha-Sportdirektor Benjamin Weber ihm einst. Hjulmand lobte jetzt: „Ibo ist ein Super-Lerner. Er lernt sehr schnell und arbeitet sehr, sehr hart. Seine Persönlichkeit macht ihn aus.“

Als die Bundesliga Ende August den Spielbetrieb aufnahm, geisterten wie üblich Listen mit vielversprechenden Talenten, die in dieser Saison für Furore sorgen könnten, durch zahlreiche Medien. Einige von ihnen haben bereits vorgelegt: Etwa Can Uzun, Lennart Karl, Yan Diomande oder Said El Mala. Nun sieht es sehr danach aus, als könnte Maza der Nächste sein, der auf den Hype-Train aufspringt.