Als sein Dart in der Doppel-20 steckte, fasste sich Lukas Wenig ungläubig an den Kopf – und alles, was sich lange aufgestaut hatte, brach emotional heraus: Er hatte es soeben ins Viertelfinale eines Major-Turniers geschafft.
Der 31 Jahre alte Marburger bezwang Niko Springer in einem umkämpften Match mit 10:8 in Legs und steht nun unter den besten Acht des Grand Slam of Darts (Viertelfinale ab 19.30 Uhr live bei SPORT1). „Das ist unglaublich. Ich hatte wirklich große Probleme auf der Bühne. Es ins Viertelfinale geschafft zu haben, ist unglaublich“, freute sich der Sieger, der unmittelbar nach seinem Sieg den Tränen nahe schien.
„Er schafft sich einen Meilenstein in seiner Karriere“, lobte SPORT1-Kommentator Basti Schwele. Experte Robert Marijanovic schwärmte: „Hut ab vor beiden! Jungs, ihr habt uns richtig stolz gemacht und der Welt gezeigt, dass Deutschland dartstechnisch mithalten kann, auch bei Majors.“
DAZN-Kommentator Elmar Paulke befand im Anschluss an Wenigs Matchdart: „Ein ganz, ganz großer Moment in seiner Karriere, wahrscheinlich der größte. Man, hat er lange warten müssen auf so einen Erfolg.“
Darts-Aufsteiger Wenig scheiterte einst bei der Jugend-WM an Schindler
Erst auf den letzten Drücker hatte sich „Luu“ über den Tour Card Holder Qualifier für das Major-Turnier in Wolverhampton qualifiziert. Nur wenige Tage zuvor verpasste er denkbar knapp die Players Championship Finals.
Die Karriere von Wenig begann 2016 auf der PDC Development Tour. Zwei Jahre später spielte er die World Youth Championship und scheiterte dort unter anderem an Martin Schindler in der Gruppenphase.
Sein erstes Major-Turnier erreichte er 2021, als er sich für die UK-Open qualifizierte. Dort erzielte er auch sein bis dato bestes Major-Ergebnis (3. Runde 2022 & 2025).
Rückschläge und Niederlagen bei der Q-School
Trotz einiger Erfolge, u.a. Finals auf der Challenge Tour und einem Achtelfinale auf der European Tour, fehlte Wenig der eine enorm wichtiger Schritt für jeden Darts-Spieler: die Tour Card.
Die Tour Card ist die Berechtigung, zwei Jahre lang an allen Pro Tour Turnieren der PDC teilzunehmen. Nach vielen gescheiterten Versuchen und Rückschlägen – Wenig spielte seit 2019 jedes Jahr die Q-School – gelang ihm Anfang 2024 endlich der große Durchbruch.
Zum ersten Mal bei der Darts-WM dabei
Über die Rangliste erspielte sich Wenig die lang ersehnte Startberechtigung. „A dream comes true“, schrieb er damals unter einem Instagram-Beitrag zu seinem Erfolg. Seitdem mischt „Luu“ regelmäßig bei den besten Spielern der Welt mit und erreichte im Juli dieses Jahres sein erstes Finale auf der Pro Tour.
Zwar reichte es dort nicht für einen Sieg, die starken Ergebnisse über das Jahr verteilt bescherten ihm aber eine ganz besondere Belohnung: Als 18. der Pro Tour Order of Merit wird Wenig erstmals bei der Darts-Weltmeisterschaft (ab dem 11. Dezember LIVE bei SPORT1) im Londoner Alexandra Palace an den Start gehen.
Mit Kraftraining und Sportpsychologie zum Erfolg
Auf seinem Weg dorthin greift Wenig auch auf für Darts-Spieler eher ungewöhnliche Methoden zurück. Neben dem Training an der Scheibe arbeitet er auch seit gut sechs Monaten mit einem Sportpsychologen zusammen.
„Nicht, weil ich ‚Probleme‘ habe – sondern weil ich in den entscheidenden Momenten mental da sein möchte“, begründete Wenig die Zusammenarbeit in einem Post auf Instagram.
„Darts ist Kopfsache. Jeder Fehler, jeder Top-Moment – alles beginnt im Kopf“, führte der Marburger aus: „Denn auf diesem Niveau können schon 1-2% den Unterschied machen.“
Auf Instagram stellt Wenig auch seine zweite große Leidenschaft vor, das Krafttraining. Dies ist fest in seinem Alltag verankert und hat für ihn vieles verändert. Es gehöre für ihn „genauso zu meiner stetigen Vorbereitung wie das Training an der Scheibe“.
Insgesamt brauche es als Darts-Profi „viel Arbeit, Disziplin und den Willen, an sich zu arbeiten und stets weiterentwickeln zu wollen“, sagt Wenig selbst.
„Deshalb versuche ich jeden Tag, besser zu werden, trotze den Rückschlägen und arbeite kontinuierlich weiter, um die nächsten Erfolge und Meilensteine auf meinem steinigen Weg erreichen zu können“, schrieb er selbst wenige Tage vor seinem Coup beim Grand Slam bei Instagram: „Eine der wichtigsten Messages, die ich aus meinem Mentaltraining mitnehme: Veränderung braucht Zeit. Gib sie dir!“
Der Mix aus den verschiedenen Komponenten scheint dem 31-Jährigen die nötige Stärke zu geben, um mit den Besten der Welt mithalten zu können. Am Samstag kann er dies erneut beweisen: Ab 20:10 trifft er dann in seinem Viertelfinale auf Danny Noppert (LIVE im TV auf SPORT1 und im LIVESTREAM).