Nach dem aus der Not geborenen NFL-Debüt von Shedeur Sanders hagelte es am vergangenen Wochenende Kritik von allen Seiten – und auf den ersten Blick ist das mehr als verständlich. Schließlich erlebte der Sohn von Legende Deion Sanders statistisch gesehen eines der schlechtesten Debüts überhaupt in der besten Football-Liga der Welt.
Der Rookie-Quarterback hatte die schon zuvor wackelige Offense der Cleveland Browns in der zweiten Halbzeit gegen die Baltimore Ravens übernommen, nachdem der etatmäßige Starter Dillon Gabriel wegen einer Gehirnerschütterung ausgefallen war.
HERE SHOULD BE OZ IMAGE – EMBED IT AGAIN WITH TRANSFORMATION ID: fab6d3ad-fca6-45f1-9895-1d8908a09ad3
CAPTION: Shedeur Sanders erlebte ein NFL-Debüt zum Vergessen
DESCRIPTION: Shedeur Sanders erlebte ein NFL-Debüt zum Vergessen
Unterirdische Zahlen für Sanders bei NFL-Debüt
Dabei brachte der 23 Jahre alte Fünftrundenpick lediglich vier seiner 16 Passversuche für 47 Yards Raumgewinn an den Mann und leistete sich zudem eine Interception.
Ein so unterirdisches Passer-Rating wie das von Sanders (13,5) hatte es bei einem NFL-Debüt mit über 15 Passversuchen zuletzt vor 13 Jahren gegeben. Zudem verloren die Browns trotz 16:10-Führung zur Halbzeit nach der Einwechslung von Sanders noch mit 16:23.
Auf den zweiten Blick entsteht ein anderes Bild
In den Schlagzeilen war in der Folge von einem „Horror-Debüt“ die Rede. Sanders sei schlichtweg nicht gut genug für die National Football League, so die Stoßrichtung.
Aber stimmt das wirklich? Berücksichtigt man die Umstände, unter denen der Spielmacher vergangenen Sonntag performen musste, entsteht ein anderes Bild.
Bei seinem Auftritt gegen Baltimore stand Sanders schließlich erst zum allerersten Mal überhaupt mit den Startern der Browns-Offense auf dem Rasen. Im Training durfte der Backup-Spielmacher – anders als eigentlich üblich – nicht mit der Starting Offense der Browns Erfahrung sammeln.
Ex-MVP Cam Newton empört: „Was mich am meisten ärgert“
Weil Gabriel ebenfalls neu in der Liga ist und in der Rangordnung über Sanders steht, gab Headcoach Kevin Stefanski ihm 100 Prozent der Wiederholungen von Spielzügen in dieser Saison. „Das war mein erster Ball zu Jerry (Jeudy, Wide Receiver Nummer eins, Anm. d. Red.) in diesem Jahr“, hatte Sanders dies nach der Partie bestätigt.
Bei Legende Cam Newton hatte das verständlicherweise für Entsetzen gesorgt. „Das ist das, was mich am meisten ärgert: Er bekommt keine Wiederholungen?“, hatte sich der MVP von 2015 bei ESPN über die Verteilung der Trainingszeiten geärgert und den Trainer kritisiert.
„Ich habe das schon einmal gesagt und ich werde es wieder sagen: Ich glaube nicht, dass Kevin Stefanski will, dass Shedeur Sanders in Cleveland Erfolg hat“, betonte der frühere Quarterback-Superstar.
Sanders wurde im Stich gelassen
Dazu kommt, dass die sowieso schon unterdurchschnittliche Offensive der Browns Sanders dann auch noch im Stich ließ. Seine Receiver ließen gleich mehrmals fangbare Pässe des Frischlings fallen.
So war ein vermeintlicher 30-Yard-Touchdown-Pass von Sanders bereits in den Fängen von WR Gage Larvadain, der sich das Ei jedoch noch von seinem Gegenspieler aus den Händen schlagen ließ.
Hätte Larvadain diesen Ball eine Minute vor dem Ende gefangen, hätten die Browns mit einem Extrapunkt ausgleichen können – und ohne dass Sanders irgendetwas anders gemacht hätte, wäre die Bewertung seiner Leistung deutlich positiver ausgefallen. Plötzlich hätte er sein Team beim NFL-Debüt direkt zum Sieg geführt. Doch es kam anders.
Sanders offenbart bekannte Makel
Von einer guten Leistung war der Rookie dennoch weit entfernt, was bei einem Rookie-Debüt allerdings die Regel ist. Gegen die Ravens offenbarte der Sohn von Hall of Famer Deion Sanders die Schwächen, die ihm viele Experten schon zu seiner College-Zeit bei den (von seinem Vater trainierten) Colorado Buffaloes attestierten.
Er traf seine Entscheidungen nicht schnell genug und hielt den Ball zu lange, was gegen die aggressive Ravens-Defense nicht nur in zwei Sacks mündete, sondern auch in einigen ungenauen Pässen, während er gerade getackelt wurde. Dass er es mit etwas Vorbereitung besser kann, hatte er bereits in der Preseason gezeigt.
Der Legendensohn selbst machte daraus keinen Hehl. „Ich denke nicht, dass ich gut gespielt habe“, sagte Sanders: „Abgesehen davon denke ich, dass wir nächste Woche einfach loslegen müssen. Wir haben eine Woche Zeit, um Dinge vorzubereiten, die ich gerne mache. Es gibt eine Menge Dinge, die wir uns unter der Woche ansehen müssen.“
Der Legendensohn bekommt seine die Chance seines Lebens
Was er damals offenbar schon ahnte, wird eintreten. Denn mittlerweile ist bestätigt, dass Sanders diesen Sonntag gegen die Las Vegas Raiders (22.05 Uhr) starten wird, weil Gabriel nach seiner Gehirnerschütterung noch nicht wieder mitwirken darf.
Dass Sanders in seiner Rookie-Saison überhaupt auf dem Platz stehen würde, noch dazu als Starter, war nicht abzusehen. In die Saison ging der einstige College-Superstar nach seinem tiefen Fall beim NFL-Draft als QB Nummer vier in der Rangordnung, profitierte aber von den Trades von Joe Flacco und Kenny Pickett – und nun steht er vor der Chance seines Lebens.
Liefert er am Sonntagabend ab, bekommt er womöglich auch in der folgenden Woche die Chance. Schafft er es auch mit etwas Vorbereitung nicht, die Browns-Offense in den Gang zu bringen, könnte das seine einzige Chance gewesen sein.
Gronkowski mit Sanders-Prophezeiung
„Das ist die Woche, in der wir seine Leistung beurteilen können“, sagte NFL-Legende Rob Gronkowski bei Up & Adams und erklärte: „Jetzt hatte er eine Woche, um sich vorzubereiten, um Erfahrung mit dem Playbook und den Spielzügen zu sammeln, die man auch für ihn designet hat. Er ist ein Quarterback, für den man Spielzüge entwerfen muss. Er hat diese Art von Talent und kann den Ball aufgrund seiner Athletik auch laufen.“
Trotz der großen Kritik nach seinem Debüt glaubt der viermalige Super-Bowl-Champion an Sanders. „Ich glaube, dass er einen Sieg holen wird“, zeigte sich Gronkowski optimistisch – und ging sogar noch weiter: „Ich glaube auch, dass er konstant bleibt und der Starting Quarterback bei den Cleveland Browns bleibt. Das wird passieren.“
Und auch Sanders selbst scheint das zu glauben. „Ich weiß, dass ich der Richtige bin, aber man muss es auch auf dem Platz sehen“, sagte er in einer Presserunde am Donnerstag und verkündete selbstbewusst: „Das Spiel muss für sich sprechen.“