Er wirkte nach dem Spiel etwas verwirrt. Im Prime-Interview antwortete er auf die erste Frage zunächst auf Französisch und wechselte dann auf Deutsch. Es schien, als hätte ihn das Spiel auch gedanklich mitgenommen. Nachzuvollziehen wäre es.

Serhou Guirassy war zweifellos der entscheidende Mann beim 4:0-Heimsieg der Dortmunder gegen Villarreal. Mit einem Doppelpack brachte der BVB-Stürmer seine Mannschaft auf die Siegerstraße. Sekunden vor dem Halbzeitpfiff stand der 29-Jährige genau da, wo ein Stürmer stehen muss, nutzte das Wirrwarr im Villarreal-Strafraum aus und nickte aus kürzester Entfernung zur BVB-Führung ein.

Serhou Guirassy traf doppelt für den BVB - und war dennoch enttäuscht
Serhou Guirassy traf doppelt für den BVB – und war dennoch enttäuschtSerhou Guirassy traf doppelt für den BVB – und war dennoch enttäuscht

Doch trotz der Auszeichnung zum „Man of the Match“ ist der 29-Jährige nach wie vor auf der Suche nach seiner Topform. Bis zu seinem ersten Treffer – gerade einmal sein zwölfter Ballkontakt – blieb er komplett blass. Gerade die Aktion kurz nach der Halbzeit hinterließ negative Gedanken.

BVB-Star Guirassy verschießt erneut einen Elfmeter

„Heute war klar – wenn Emre nicht auf dem Platz steht – dass er ihn schießt. Wir haben noch Sabi (Marcel Sabitzer; Anm. d. Red.) als Schützen. Sabi hat gesagt: ‚Wir geben den heute Serhou.‘“, schilderte Nico Schlotterbeck später die Elfmeter-Situation.

Die Mannschaft wollte unbedingt, dass Guirassy diesen Elfmeter schießt und natürlich mal wieder trifft – doch sein Versuch war zu schwach und zentral. Glücklicherweise sprang der Ball zurück zum Stürmer und er verwertete den Abpraller zum 2:0. Trotzdem: Der Elfmeter gilt als verschossen, und das dürfte Guirassy belasten.

Es ist bereits sein zweiter Fehlversuch in Folge (auch beim 3:3 gegen St. Pauli am 1. Bundesliga-Spieltag vergab er, Anm. d. Red.) und der vierte im gesamten Jahr. Dabei würde er doch so gerne immer die Elfmeter schießen – doch in der internen Rangliste war er bereits vor der Partie hinter Emre Can und Ramy Bensebaini auf Rang drei abgerutscht. Sein erneuter Fehlschuss könnte ihn noch weiter zurückfallen lassen.

Mitspieler müssen Guirassy trotz Doppelpack aufbauen

Nach seinem Abstauber musste Guirassy von seinen Teamkollegen aufgebaut werden. Nico Schlotterbeck drückte ihm sogar ein Küsschen auf: „Serhou hatte jetzt auch keine leichte Zeit. Der Trainer gibt ihm immer wieder Vertrauen. Er bekommt von uns auch immer wieder Vertrauen (…) Er hatte jetzt nicht so viele Erfolgserlebnisse bei den letzten Elfmetern. Er hat ihn zwar nicht so toll geschossen, aber im Endeffekt hat er ihn reingemacht“, sagte der Innenverteidiger.

Prime-Experte Mats Hummels litt mit Guirassy: „Ich glaube wirklich, dass es eine schwierige Phase ist oder war für ihn. Er war ja auch bekanntermaßen angeschlagen und nicht hundertprozentig fit, und ich glaube, wenn man es gewohnt ist, über Jahre abzuliefern, dann tut es irgendwie auch weh, ein paar Wochen nicht zu treffen und nicht gut zu spielen.“

Wechselgerüchte und Bruder-Aussagen belasten Guirassy

In der Champions League hatte Guirassy zuletzt am 1. Oktober gegen Athletic Bilbao (4:1) getroffen. In den vergangenen beiden Bundesliga-Partien blieb er ohne Torerfolg, in den vergangenen sieben Spielen erzielte er gerade einmal einen mickrigen Treffer.

Eine enttäuschende Bilanz für einen Spieler, der eigentlich regelmäßig für Tore sorgen soll und sich vor der Spielzeit Chancen auf die Torjägerkanone ausgemalt hatte.

Doch auch Störgeräusche abseits des Feldes scheinen ihn zu belasten – wie die Wechselgerüchte oder die forschen Aussagen seines Bruders anlässlich der Wahl zu Afrikas Fußballer des Jahres, bei der Guirassy nicht unter den ersten drei landete.

Borussia Dortmund: Guirassy trotz Doppelpack unzufrieden

Auffällig: Trotz seiner entscheidenden Tore gegen Villarreal war der Angreifer sichtlich unzufrieden. Das zeigen die Reaktionen nach dem Elfmeter und auch seine Mimik und Gestik bei seiner Auswechslung in der 68. Minute.

Mit einem ironischen Lächeln schlich er vom Platz. Zu gern wäre er wohl noch für die restliche Spielzeit auf dem Feld geblieben, um sein Tor-Konto weiter aufzubessern.

Luft nach oben sieht er aber nicht nur bei sich, sondern bei der gesamten BVB-Mannschaft: „Wenn du einer der besten Klubs der Welt werden möchtest, müssen wir anders spielen“, übte er Generalkritik.

Guirassy kämpft sich mühsam aus dem Formloch

War das Spiel gegen Villarreal bereits der erste Schritt aus seinem Formloch? „Damit tut er sich einen Gefallen – uns aber auch, denn wir brauchen einen selbstbewussten und guten Guirassy für die nächsten Aufgaben“, meinte Sportdirektor Sebastian Kehl.

Die Hoffnung, dass der Torjäger bald wieder in die Spur findet, lebt. Der Doppelpack gegen Villarreal dürfte trotz des Elfmeter-Rückschlags ein vorsichtiges Anzeichen dafür gewesen sein.